geläufig Das Perfide an der Exotisierung

„Das Perfide an der Exotisierung von Juden ist, dass dadurch ausgeblendet wird, wie jüdische Kultur und lokale Mehrheitskultur sich wechselseitig beeinflusst haben und welche Beiträge die jüdische Kultur zur Ausformung regionaler Kulturtraditionen – sei es in Musik, Küche, Sprache etc. – geleistet hat. So trägt dieser Mechanismus – zumindest im mitteleuropäischen Raum – zur Aufrechterhaltung des Stereotyps vom Juden als Fremdem bei. Mehrmals fragte ich in den letzten Monaten nichtjüdische Deutsche unterschiedlicher Altersgruppen, nachdem diese das Jüdische Museum in Berlin besucht hatten, was für sie neu gewesen sei. Über 90 Prozent antworteten spontan, sie hätten nicht gewusst, dass Juden schon so lange (seit dem 4. Jahrhundert) im deutschen Sprachraum leben. Die scheinbare Vitalität der virtuellen jüdischen Welten führt dazu, dass Außenstehende Fiktion und Realität nur schwer oder nicht mehr unterscheiden können.“ Das schrieb die Hagalil.com-Redakteurin Iris Weiss in einem Artikel über das Berliner „Jewish Disneyland“, in dem „das Jüdische“ bevorzugt ohne Juden betrachtet wird. Heute wird das Jüdische Museum ein Jahr alt, und in diesem einen Jahr hat es wohl mehr für das Verständnis der jüdischen Kultur getan als all die auf Klezmer-Folklore machenden nichtjüdischen Einrichtungen im so genannten Scheunenviertel in den zehn Jahren zuvor. Allein das ein Grund, heute bei den Feierlichkeiten des ersten Geburtstags das Jüdische Museum noch einmal (oder sogar zum ersten Mal) zu besuchen.SUN

Jüdisches Museum, 10–22 Uhr