: Kein Grund für Parteiausschluss
betr.: „Strieder dezimiert die SPD“, „Ein Zeichen der Hilflosigkeit“ (SPD-Ausschlüsse), Kommentar von Robin Alexander, taz vom 25. 9. 02
Dass die SPD rüde mit Abweichlern umgeht, ist spätestens seit der Abstimmung zum Krieg in Afghanistan bekannt. Die knappe Mehrheit im künftigen Bundestag legt die Befürchtung nahe, dass der Umgang mit abweichenden Meinungen noch rauer wird. Ein kleines Vorspiel zu dem, was uns dort erwarten wird, liefert bereits die Berliner SPD, die fünf Mitglieder wegen der Wahlunterstützung Christian Ströbeles aus der Partei ausschließen will. „Inakzeptabel“ findet Parteichef Strieder dieses Verhalten.
Akzeptabel scheint hingegen zu sein, in einer demokratischen Partei keine Meinung zuzulassen. Akzeptabel findet Strieder, das Prinzip der freien Meinungsäußerung und der freien Wahl zu unterlaufen. Hoffentlich wird damit nicht eine neue Linie sozial-demokratischer Politik proklamiert: Parteizugehörigkeit geht vor Meinung und Gewissensentscheidung.
STELLAN EIDT, Rotenburg
Herr Strieder, nun haben Sie sich nicht so! Anfang September vermeldeten die Wahlforscher via „Tagesschau“ für mich überraschend, dass die Chancen für Rot-Grün besser seien, wenn die PDS wieder in den Bundestag komme. Ob das stimme und ich meine Erststimme nun etwa Sandra Brunner geben solle, fragte ich die roten und die grünen WahlkämpferInnen auf dem Kollwitzplatz am 7. 9. Etwas befremdet von solch taktischem Ansinnen verneinten die Grünen: Ich soll mal den Wolfgang Thierse wählen, das wäre am besten, befand mein Gesprächspartner, und seine drei KollegInnen nickten zustimmend. Das Wahlergebnis zeugt von vielen PankowerInnen, die den Kandidaten Thierse und die grüne Partei wählten – genau andersherum als in Friedrichshain-Kreuzberg.
Also insgesamt eine ausgewogene Sache und daher kein Grund für Parteiausschlussverfahren. Außerdem sind WählerInnen manchmal schlauer als Politiker glauben (wollen?) und kommen auch ohne Wahlempfehlungen auf solche Sachen.
G. HOLTZ, Berlin-Weißensee
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