: Böhmer spart bei Kindern
Sachsen-Anhalt will Ausgaben für Kinderbetreuung auf allgemeines Ostniveau senken
MAGDEBURG/BERLIN taz ■ Alle reden von einer besseren Kleinkinderbetreuung – nur in Sachsen-Anhalt will man just hier sparen. Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) sagte gegenüber der taz: „Obwohl wir das am höchsten verschuldete Land sind, tätigen wir bisher in diesem Bereich Ausgaben, die weit über dem Niveau der anderen neuen Bundesländer liegen.“
Deshalb hat Böhmer auch Sozialminister Gerry Kley (FDP) zurückgepfiffen, der die Kinderbetreuung von Kürzungen ausnehmen wollte. Böhmer ist der Ansicht: „Was in Sachsen, Thüringen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern gut läuft, reicht für uns auch.“
Nach den Plänen der Regierung sollen Kinder bis zu drei Jahren künftig, wie in Brandenburg, nur noch einen eingeschränkten Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz haben. Eltern müssen entweder berufstätig sein oder Bedarf nachweisen können. Statt der bisherigen Pauschalzuschüsse zu Kita-Plätzen bezahlt das Land künftig nur noch Festbeträge, wodurch der Druck auf die Kommunen weiter steigen dürfte.
Petra Sitte, Vorsitzende der PDS-Landtagsfraktion, kündigte inzwischen den Aufbau eines „Bündnisses für ein kinderfreundliches Sachsen-Anhalt“ an. Es soll landesweite Bürgerproteste organisieren.
Einsparungen in verschiedenen Bereichen waren nötig geworden, nachdem die CDU/FDP-Landesregierung nach ihrem Wahlsieg im April die Nettoneuverschuldung auf 1,5 Milliarden Euro erhöht hatte. Dieser Betrag soll im Haushaltsentwurf 2003 unbedingt halbiert werden. Im Landwirtschaftsministerium werden deshalb Umweltprogramme in Höhe von 30 Millionen Euro gestrichen. Der drittgrößte Sparbereich liegt im Kultusministerium.
Drastische Reduzierungen vor allem beim Landespersonal sollen zu einem ausgeglichenen Haushalt 2006 führen. 4.500 Stellen will die Regierung zunächst abbauen, auch bei der Polizei. Gewerkschaftschef Karsten Schmid kündigte bereits Widerstand an: „Wir sind bereit, auch richtige Randale zu machen.“
Einnahmeverluste stehen auch den anhaltischen Kommunen durch eine Absenkung der Landes-Verbundquote bevor: Das Land will die Beteiligung der Kommunen an den Landeseinnahmen auf 23 Prozent absenken. SPD und PDS sprachen schon nach der verspäteten 100-Tage-Bilanz von einer „Rücknahmepolitik“. So wird unter anderem der gewaltpräventive Verein „Miteinander“, ein landesweites Vorzeigeprojekt der SPD-Vorgängerregierung, finanziell ausgehungert.
Entgegen vollmundiger Ankündigungen vor allem von FDP-Spitzenfrau Cornelia Pieper rangiert das Land bei der Arbeitslosigkeit mit zuletzt 19,4 Prozent bundesweit an erster Stelle.
MICHAEL BARTSCH
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