: Radweg wird Autobahn
Altona: Verkehrsberuhigte Thadenstraße soll probeweise wieder für Durchgangsverkehr geöffnet werden – obwohl sie Teil einer Veloroute ist und direkt an einer Grundschule vorbei führt
von GERNOT KNÖDLER
Der Verkehrsausschuss der Bezirksversammlung Altona hat beschlossen, die Thadenstraße für sechs Wochen wieder dem Durchgangsverkehr zu öffnen. Die enge Wohnstraße ist Teil der Veloroute eins von der Innenstadt nach Rissen und verläuft parallel zur Stresemannstraße, direkt an einer Grundschule vorbei. Geschäftsleute, darunter die Betreiber einer Tankstelle, hoffen, dass sich mit der Öffnung ihr Umsatz erhöht.
Die Öffnung auf Probe ist ein Kompromissvorschlag des FDP-Abgeordneten Manfred Scharlach. Ihm ging der ursprüngliche Antrag der Schill-Partei zu weit, die Diagonalsperre gleich zu entfernen, die eine Durchfahrt von der Holstenstraße zum Neuen Pferdemarkt verhindert. Der Vorschlag sei für dieses Quartier zu simpel. Dass die Straße zu einer wichtigen Veloroute gehört, spricht nach Ansicht des FDP-Mannes nicht gegen eine Öffnung: „Ich halte sehr viel davon, sich kooperativ im Verkehr zu verhalten.“
Robert Heinemann, Sprecher der CDU in der Bezirksversammlung, bemüht die Historie. Die Thadenstraße sei gesperrt worden, nachdem die Stresemannstraße auf zwei Autospuren verengt wurde und viele Fahrer auf die Thadenstraße auswichen. Jetzt sei die Stresemannstraße wieder vierspurig und Schleichverkehr nicht mehr zu befürchten.
Dafür sorge auch der Umbau der Kreuzung Thadenstraße/Budapester Straße und die Sperrung der Chemnitzstraße für den Durchgangsverkehr. Die Thadenstraße als Abkürzung zu wählen, sei nicht mehr attraktiv. „Es macht deutlich weniger Sinn, sich hier durchzuwühlen“, findet Heinemann.
Dass an der Thadenstraße eine Schule liegt, direkt an der Schranke, ficht weder Scharlach noch Heinemann an. Das Tor zur Thadenstraße sei bloß noch ein Nebeneingang, habe die Schule mitgeteilt. Ein äußerst attraktiver Nebeneingang allerdings, denn gegenüber bietet ein Laden Süßigkeiten an.
Die SPD hat dem Vorschlag zugestimmt, „um einen Fuß reinzukriegen“, wie ihr verkehrspolitischer Sprecher Arno Münster sagt. Eigentlich sei die Fraktion gegen die Öffnung. Münster glaubt aber: „Wir müssen gucken, was da passiert.“ Es sei jetzt an „anderen Leuten, sprich: der Schule, sich zu artikulieren“.
Noch ist der sechswöchige Versuch nicht angelaufen. Dem Bezirksamt zufolge kann er erst beginnen, wenn die Arbeiten auf einer benachbarten Baustelle abgeschlossen sind. Die Polizei will bei einer dauerhaften Öffnung der engen Straße eventuell Parkverbote erlassen. Nach Abschluss des Versuchs wollen die Bezirksfraktionen endgültig über die Öffnung entscheiden. Der SPD-Mann Münster räumt ihr keine großen Chancen ein. Er prophezeit:„Es wird nicht funktionieren.“
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