: Pastor Porsche
Ein Bremer Seelsorger wollte „Deutschlands klügster Geistlicher“ werden
Wie die Jungfrau zum Kinde ist der katholische Krankenhausseelsorger Ingo Pohl zur Quiz-Show „Deutschlands klügste Geistliche und Priester“ bei RTL gekommen. Zwei Krankenschwestern der Augenklinik des Bremer St.-Joseph-Stifts haben ihn kurzerhand angemeldet. „Die dachten wohl, ihr Pastor müsste da unbedingt mitspielen. Der ist so klug und gescheit,“ mutmaßt Pastor Pohl.
Dass er klug und gescheit ist, wurde ihm nun zwar nicht amtlich, aber immerhin von RTL bestätigt. Einige hundert Geistliche verschiedener Konfessionen hatten sich laut RTL beworben, um bei dem Wissens-Wettkampf um den Titel „Deutschlands klügster Geistlicher“ teilzunehmen. Doch vor die Kamera kamen nach zwei Castings nur 24 KandidatInnen. Pastor Pohl hat es ins große Finale geschafft. Mit 23 KollegInnen ist er Anfang September im Kölner Aufnahme-Studio zur Sendung angetreten – natürlich in voller Pastoren-Montur. „Gerade von uns Katholiken hatte man die Erwartung, dass man irgendwie äußerlich erkennbar auftritt“, erläutert er schmunzelnd: „Ich hatte so ein Priesterhemd mit weißem Krägelchen an – in Anthrazit-Grau, darüber ein Mao-Jackett.“
Ob er den Titel des klügsten Geistlichen gewinnen konnte, will Ingo Pohl nicht verraten. Die RTL-Sendung sei zwar im Kasten, aber noch nicht ausgestrahlt. Sendetermin ist erst der 12. Oktober. Es wird also weiter spannend bleiben. Ein vergnügtes Bibelquiz, bei dem aus lauter Nächstenliebe Trostpunkte verteilt werden, sei die Quiz-Sendung aber nicht gewesen – das ist Ingo Pohl wichtig. Wie in anderen Fernseh-Quiz-Shows wurde das Allgemeinwissen der KandidatInnen getestet. Wer patzte, konnte von Moderatorin Sonja Zietlow kaum Gnade erhoffen und wurde, wenn auch nicht ins ewige Fegefeuer, so doch hinter die Kulissen verdammt.
„Ich denke, der Sinn einer solchen Sendung ist einfach, dass Kirchenmänner und -frauen die Chance haben, zu zeigen, dass sie sich nicht nur mit frommen Sprüchen auskennen, sondern mit dem Leben“, sagt Pastor Pohl.
Dass er selbst kein steifer und weltfremder Würdenträger ist, zeigt schon der entwaffnende Humor, mit dem er das Prozedere der Sendung beschreibt.
Zum Beispiel das Preisgeld, das der Sieger bei der Sendung gewinnen konnte. Wo man bei Günter Jauch doch eine ganze Million scheffeln könnte! Pohl: „Das war allerdings ein dicker Hund. Bei uns war der Gewinn für den Sieger 5.000 Euro. Und den hat man dann auch noch für einen frommen Zweck zu spenden. So nach dem Motto: Pastoren, die brauchen ja nix, die können das ruhig weggeben. Ich spende ja gern. Aber ich muss auch mein Auto abbezahlen und meine Wohnungseinrichtung bei der Bank auslösen.“ Tröstlich immerhin, dass auch der klügste Bürgermeister, den RTL einen Monat zuvor ermittelte, sein Geld für „Kinderspielplätze oder Ähnliches“ spenden musste.
Dennoch konnte Pastor Pohl es sich nicht verkneifen, die Preisgeld-Frage vor der Sendung bei einem Telefongespräch mit der Kölner RTL-Redaktion noch einmal aufzuwerfen: „Ich habe scherzhafterweise erwähnt, dass das ja wohl nicht ginge mit den 5.000 Euro. ‚Ich habe mir doch schon einen Porsche bestellt‘, sagte ich.“
Als Ingo Pohl dann zur Sendung kam, hatte dieser Ausspruch bei RTL schon die Runde gemacht. Gleich am Eingang begrüßte ihn die Garderobiere: „Ach, Herr Pohl! Sie sind also der Pastor, der sich schon einen Porsche bestellt hatte!“
Klügster Lehrer, klügster Bürgermeister und nun der klügste Geistliche Deutschlands. RTL surft auf der Quiz-Show-Welle der Superlative. Sollte Bremen künftig nicht mit dem klügsten Geistlichen aufwarten können, bleibt dennoch Hoffnung. Denn wer weiß, wohin die Quiz-Manie im deutschen Fernsehen noch führt? Vielleicht wird demnächst der klügste Zahnarzt, der klügste Steuerfachgehilfe oder der klügste Fleischfachverkäufer Deutschlands ermittelt. Bremen kann weiter auf einen Deutschland-Titel hoffen.
Anne Ruprecht
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