: vorlauf bühne Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Die Zeit, als Europa noch schön übersichtlich war, ist längst vergangen. Gerade von Berlin aus lässt sich gut in alle alten und neuen Richtungen sehen. Auch auf der viel beschworenen Achse Paris-Moskau ist wieder Verkehr. Ein besonders geeigneter Aussichtsposten ist in den nächsten vierzehn Tagen das Podewil, wo am Donnerstag eine weitere Station der „Kroatischen Kulturwochen“ eröffnet wird. Von Tanztheater über Techno und Theorie werden Künstler und Intellektuelle Kroatien präsentieren. Am Eröffnungsabend gibt es zum Beispiel Borut Separović’ und Damir Klenenić’ Choreografie „Wo ist? Woyzeck“, die in Büchners berühmter Figur einen Helden sieht, auf den die Gesellschaft nicht hören will. Am Freitag gibt es Theorie und Debatten satt, die das Thema „Neues Europa“ umkreisen. Nachts sorgen dann kroatische Musiker und DJs für zeitgemäße Entspannung. Aus Moskau kommt das Studio Tabakerka, das einen Geburtstagsbesuch beim Maxim Gorki Theater macht, das in diesem Monat fünfzig wird. Am Geschenk, das sie im Gepäck haben, können sich auch die Berliner freuen: es wird Maxim Gorkis Stück „Die Letzten“ in russischer Sprache (mit Simultanübersetzung) gespielt (Mittwoch und Donnerstag). Dostojewskis „Idiot“ erreicht Bert Neumanns Neustadt am Rosa-Luxemburg-Platz erst am heutigen Dienstag, da Regisseur Frank Castorf die Premiere verschieben musste. „Der Idiot“ ist Castorfs dritte Dostojewski-Adaption und wie geschaffen, die postkommunistische Apokalypse mit der gegenwärtigen Kapitalismuskrise kurzzuschließen. Von Krisen weiß auch der streitbare israelische Schriftsteller Amos Oz ein Lied zu singen, der am Donnerstag auf der Probebühne des BE aus seinem Roman „Allein das Meer“ lesen wird.
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