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tonspurGlück gehabt

„Der Fuchs und der Igel“ (Teil I, Fr., 19.05 Uhr, DeutschlandRadio)

Kommunikation zwischen Staatsoberhäuptern kann eine sehr heikle Angelegenheit sein. Erst recht, wenn es noch nicht einmal eine direkte Telefonleitung gibt. John F. Kennedy stand 1962 genau vor diesem Problem – und das angesichts von mehreren hundert frisch auf Kuba stationierten Atomraketen. Wie er es letztlich doch geschafft hat und was auf der anderen, der russischen Seite abgelaufen ist, das versucht die DeutschlandRadio-Produktion „Der Fuchs und der Igel“ zu dokumentieren, unter anderem mit Hilfe der lange geheimen Aufzeichnungen aus dem Weißen Haus, den so gennanten Kennedy Tapes. So ist das Hörspiel auch sehr nüchtern gehalten und besteht fast nur aus gesprochenem Text.

Hörspielautor Daniel Cil Brecher benutzt für seinen Dreiteiler die Kommunikationsmuster der Krise – man muss sozusagen zunächst einmal durch das Chaos durchsteigen. Fragmentarisch tauchen Gesprächsprotokolle, nachgestellte Szenen und historische Reden aus dem Äther auf und verlangen dem Hörer die volle Aufmerksamkeit beim Zusammensetzen des Puzzles ab. Die zu Tage geförderten historischen Schnipsel sind aber nie zu kompliziert, und bei jedem Szenenwechsel bleibt Zeit zum Durchatmen. Selbst die Einführung verschiedener, teilweise völlig unbekannter Charaktere gelingt und lässt vor dem inneren Auge ein immer spannender werdendes Bild entstehen. Leider reißt die Erzählung jeweils nach einer guten dreiviertel Stunde ab. In den zweiten und dritten Teil (am 25. 10. und 1. 11. um 19.05 Uhr) nach Tagen wieder einzusteigen, dürfte nicht leicht fallen.

Inhaltlich enthüllt Brecher nichts Neues, hervorzuheben ist allerdings das Gewicht, das er der russischen Seite beimisst. Bisherige Dokumentationen oder auch Verfilmungen wie die Hollywood-Produktion „Thirteen Days“ bleiben zu sehr auf der amerikanischen Seite, lassen Kennedy als den bedächtigen Helden aus der Krise hervorgehen. „Der Fuchs und der Igel“ zeigt außerdem sehr schön, wie sehr undurchsichtige und dunkle Kanäle genutzt wurden und wie viel der Ausgang der Krise wohl auch mit Glück zu tun hatte. MARKUS MÜNCH

Die tonspur wird sich zukünftig in loser Folge dem Hörfunk widmen.

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