: Über die Kita-Reform wird geredet
... aber es bewegt sich nichts mehr, seitdem das Modell „Kernzeit Plus“ vor einem Jahr gescheitert ist. Die SozialpolitikerInnen vertreiben sich mit den großen Debatten die Zeit und warten auf bessere Zeiten nach den Wahlen– das heißt: mehr Geld
Die Sozialsenatorin Hilde Adolf wollte in einem großen Wurf die Angebotsstruktur der Kindergärten verbessern – „Kernzeit plus“ hieß das Modell. Das war im Herbst 2001, und seitdem dieses Konzept aufgrund des zu knappen Finanzrahmens am Widerstand der Pädagoginnen scheiterte, scheint sich in Bremen nichts mehr zu bewegen. Dabei sind sich alle einig, dass sich viel bewegen muss.
„Kernzeit Plus“ sollte den Betreuungsschlüssel in den Kitas verbessern und gleichzeitig eine Antwort auf die Betreuungsbedürfnisse insbesondere berufstätiger Eltern sein: In der „Kernzeit“ des Kita-Angebotes, so das Modell, sollten zwei Pädagoginnen in einer Gruppe sein, Eltern sollten zusätzliche Betreuungsstunden flexibel „buchen“ und bezahlen müssen. Aber da der Senat für die zusätzliche Kraft keine zusätzlichen Mittel bereitstellen wollte, war eine Kürzung bei den Hilfen für besonders förderbedürftige Kinder geplant – daran scheiterte die Reform.
Seit der Diskussion des vergangenen Herbstes ist vor allem das Pisa-Desaster hinzugekommen und damit die Erkenntnis, dass die Lern-Begierde der Vorschulkinder viel zu wenig genutzt wird. Unter Fachleuten ist klar, dass ein guter Kindergarten Angebote von „Early Englisch“, Spracherziehung und Bewegungs-Training anbieten müsste, zum Beispiel. In unserer frühkindlichen Bildung mangelt es bei der Sprachentwicklung, beim Zahlenverständnis und beim Problemlösungs-Verhalten.
Ernsthaft wird das Problem aber nicht angegangen. Für Fünfjährige soll ein Test der Deutsch-kenntnisse eingeführt werden. Damit wird wenigstens versucht, den größten Skandal der fehlenden Deutsch-Kenntnisse beim Schulbeginn abzustellen. Bisher beginnt ein Teil der Kinder die Schulkarriere direkt mit der Erfahrung des Scheiterns.
Bisher konzentriert sich die Diskussion ansonsten auf die „Zeitmodelle“ für die Kitas. In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern, die sich mit dem Thema „Zeiten in der Stadt“ beschäftigen, wurden im Frühjahr die Betreuungszeiten der Kitas noch einmal beraten. Das Ergebnis, niedergelegt in einer Hochglanzbroschüre und sonst ohne Folgen: Zu dem „Normalangebot“ sollte das gemeinsame Mittagessen gehören. Die bisher geltenden starren Zeiten ermöglichen es oft nicht, dass die Eltern die Kita-Betreuung für Berufstätigkeit nutzen können. Und schließlich sollte das Kita-Normalangebot nicht nur „erweitert“ werden, sondern auch „kostenfrei“ sein. Alle Kinder brauchen früh eine Förderung außerhalb der Familie, und die, die es am nötigsten haben, werden oft aus finanziellen Gründen nicht in die Kita geschickt.
Als ob es einer wissenschaftlichen Untermauerung noch bedürfte, werden demnächst 1.000 Eltern nach ihren Betreuungsbedürfnissen befragt. Forsa kriegt dafür 26.562 Euro. „Damit wollen wir neue flexible Angebote auf eine solide und gesicherte Grundlage stellen“, begründet Sozialsenatorin Karin Röpke die Geldausgabe.
In einer zweiten wissenschaftlichen Untersuchung soll geklärt werden, wie speziell Kinder aus sozial benachteiligten Familien in Kindergärten betreut und gefördert werden. Acht Kindergärten wurden für die Untersuchung ausgewählt.Kosten: 45.368 Euro.
Mit diesen Untersuchungen kommt man über die nächste Wahl im Mai 2003. Im besten Falle gibt es dann dicke Papiere, die begründen: Wer mehr Förderung der Vorschulkinder will, muss dafür mehr Personal bezahlen – und besser ausbilden. K.W.
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