: unser ausland: wladimir kaminer
Die Filmemacherin und Autorin Dorothee Wenner hat für ihre Videoinstallation „Unser Ausland“ zehn Berliner aus zehn Ländern befragt und lässt sie dabei Leidenschaften, Bräuche und Eigenarten der Deutschen betrachten. Wir stellen sie vor.
Wladimir Kaminer kommt aus Russland, ist Schriftsteller und lebt seit 1990 mit seiner Frau Olga und seinen beiden Kindern in Berlin. Zweimal im Monat lädt er im Kaffee Burger zur „Russendisko“.
Er fragt sich: Was ist eigentlich das Klischee einer „russischen Frau“? Ich glaube, es ist das Bild von leidender Schönheit, die unbedingt gerettet werden muss. Mir sind viele Fälle bekannt, in denen deutsche Männer mit dem heimlichen Traum nach Russland fahren, dort eine bildhübsche Frau kennen zu lernen, die unbedingt von ihnen gerettet werden muss. Merkwürdigerweise wird dieser Traum oft wahr, kaum sind die Männer in Russland eingetroffen. Sie besuchen irgendwelche Cafés oder Clubs und lernen dort innerhalb von 24 Stunden die Frau ihres Lebens kennen. Schon am nächsten Morgen trifft man die Deutschen völlig überdreht am Konsulat wieder, wo sie für ihre Olgas, Nataschas oder Lenas Dokumente fordern. Natürlich ist das eine fiktive Idee, denn im Leben funktionieren diese Rettungen niemals so reibungslos. Zurück in Deutschland wissen die Männer oft nicht, was sie mit einer geretteten Frau machen sollen. Nun gut: Sie ist gerettet, sitzt in der Küche, guckt Fernsehen, was dann? Weil russische Frauen selbstbewusst und gar nicht unterwürfig sind, glaube ich, dass die deutschen Männer ahnen, was auf sie zukommt, wenn sie eine Russin heiraten. Tatsächlich kann man sich in einer Konsumgesellschaft kaum etwas Teureres vorstellen als eine russische Braut: Alle deutsch-russischen Beziehungen, die ich kenne, sind mit dem enormen finanziellen Aufwand des Mannes verbunden. In meinen literarischen Werken warne ich immer vor solchen Beziehungen.
Und Kaminer zitiert: „Das Problem in der deutschen Gesellschaft: Viele Männer tun mit 50 noch als wären sie 20. Sie springen aus der Jugend direkt ins Rentenalter.“ (Katja Potapejko)
„Die russische Frau gibt dem deutschen Mann das Gefühl, wichtig zu sein.“ (Irina Kotykova)
„Die russischen Frauen mögen die deutschen Männer, weil sie zahm sind, halbwegs gute Manieren haben und nicht so geizig sind wie die Finnen.“ (Wladimir Kaminer) FOTO: ANKE ILLING
„Unser Ausland“: diese Woche im IHK in der Glaspassage des Ludwig-Erhard-Hauses, Charlottenburg
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