nebensachen aus johannesburg
: Königliche Machtgelüste in Swaziland

Eine Mutter stellt sich gegen die Tradition

„Was ist mit unserem König los?“, fragen sich besorgte Bürger –und Frauengruppen gehen auf die Barrikaden. Eine mutige Mutter wagte es sogar, den letzten absoluten Monarchen Afrikas vor Gericht zu verklagen. Der Grund: Mswati III. hat ihre Tochter gestohlen. Beim jährlichen Tanz der barbusigen Jungfrauen vor dem königlichen Kraal fiel die Wahl des 34-jährigen Herrschers auf die 18-jährige Zena Mahlangu. Und wenn der König wählt, kündigt er damit die Heirat an. Zu allem Überfluss die zehnte, denn Ehefrau Nummer acht und neun weilen gerade erst seit zwei Monaten mit ihren Gefährtinnen in seinem Gemach.

Der Familie der jungen Braut bleibt der Zutritt zum Königshaus verwehrt. Die Mutter ist außer sich, denn die Ausbildung ihrer Tochter ist in Gefahr. Zena sitzt nun in einem der Paläste und büffelt – neben Erfüllung königlicher Pflichten – für das Abitur. Auch hat sie gar kein Interesse an den augenscheinlichen Gelüsten des Königs, glaubt ihr Großvater, der das Ganze von seinem Wohnort in Südafrika aus höchst verärgert betrachtet. „Junge Frauen sollen lernen, nein zu sagen“, ist seine moderne Haltung zum altertümlichen Brauch.

Die Debatte erregt zwar die Gemüter, aber das lässt den König kalt. So mancher Swazi stimmt mit ihm überein: Wenn einem das Glück der königlichen Wahl widerfährt, bleibt nur der Weg der Dankbarkeit. Schließlich geht es hier um tief verwurzelte Swazi-Kultur. Und die gibt dem König das Recht, jedes Jahr eine Frau aus den tausenden auszuwählen, die während der Zeremonie zu seinem Palast ziehen. Die Geschichtsbücher behaupten, sein Vater, König Sobhuza, hatte es in 61 Jahren Regierungszeit auf 125 Frauen gebracht.

Im vergangenen Jahr hat der junge König seine Untertanen zum großen Erstaunen einen Sex-Bann auferlegt, um der Ausbreitung des HIV-Virus vorzubeugen, der bereits 50.000 Menschen der eine Million zählenden Bevölkerung getötet hat. Fünf Jahre sollten minderjährige Frauen abstinent bleiben, ordnete er an. Allerdings machte der Monarch für sich eine Ausnahme und heiratete kurz darauf eine 17-Jährige. Es kam zum Sturm auf den Palast, als 300 wütende junge Frauen zum König zogen und symbolisch ihren Keuschheitsgürtel ablegten. Notgedrungen zahlte Mswati III. die Strafe, die bei Bruch eines kulturellen Banns droht: Er opferte eine Kuh für die betroffenen Dorfbewohner, die durch das Grillfest besänftigt waren.

Das würde Zenas Mutter wohl eher auf die Palme bringen. Sie will um jeden Preis ihre Tochter zurückhaben und schaut dem Urteil entgegen, das für heute erwartet wird. Viele Mütter der auserwählten Bräute sind nicht einverstanden mit der Wahl des Königs, aber Zenas Mutter ist die erste, die sich gegen seinen Machtspruch erhebt. „Absoluter König hin oder her“, sagt der Großpapa, „nur einer besitzt Absolutheitsanspruch – und das ist Gott!“ MARTINA SCHWIKOWSKI