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Viele persönliche Angriffe

betr.: „Politkommissare auf Ecstasy“ von Jens König (Bundesparteitag der PDS in Gera), taz vom 14. 10. 02

Lieber Jens König, wir wissen nicht, auf welchem Parteitag du warst und aus welcher politischen Ecke da abgeschrieben wurde, aber mit der Realität hat das alles leider sehr wenig zu tun.

Auf dem Geraer Parteitag hat sich das Lager durchgesetzt, das sich gegen eine Regional-SPD wendet. Sieger wurde die gesamtdeutsche Linkspartei, die übrigens nicht beabsichtigt, Arbeiter- und Soldatenräte auszurufen und das Monopolkapital zu verstaatlichen. Auch Regierungsbeteiligungen wurden nur dann ausgeschlossen, wenn diese zum Selbstzweck verkommen.

Vielleicht hat in Deutschland nach diesem Parteitag wieder eine Politik mehr Chancen, die Arbeitslose nicht pauschal verurteilt, Kriege nicht als außenpolitische Alternative ansieht und generell keine unbeschränkten Solidariäten ausspricht. […]

LORENZ HÄUSLER, Schauenburg

Das Urteil über Dieter Dehm ist an vernichtender Selbstsicherheit und Arroganz nicht zu überbieten. Dehm könne „vor Kraft nicht laufen“, er trage „eine schwarze Lederjacke, seine Augen seien weit aufgerissen. […] Auch inhaltlich hat Dehm offenbar nicht viel zu bieten, „Hobbysozialismus“, klar, was soll man vom einem Liedermacher und Manager anderes erwarten?

Dass Dehm der Bundesvorsitzende der 43.000 SPD-Unternehmer gewesen ist, Reden für Willy Brandt geschrieben hat, für den Scheibenwischer getextet hat, das ist König voll egal – wahrscheinlich sind das auch alles Idioten gewesen. In Königs Wahrnehmung ist die Theorie des Stamokap nicht nur suspekt (der Begriff klingt auch wirklich nach Staatssozialismus, Selbstschussanlagen, Stasi, oder etwa nicht ?), sondern auch von vorgestern. Stamokap wird dann auch besser nicht erklärt, denn sonst würde Dehm eventuell auch von linken kapitalismuskritischen taz-Lesern Applaus bekommen, denn die „Theorie des staatsmonopolistischen Kapitalismus“ ist in der Kritik auf die marktbestimmenden Großkonzerne und Großbanken gerichtet, die im harten Konkurrenzkampf mittlere und kleine Unternehmen kaputtmachen, beispielsweise Naturkostläden, Dritte-Welt-Läden, Kleinanbieter regenerativer Energiequellen etc., um das Thema mal für die grüne Hauspostille runterzubrechen. […]

Bei so vielen persönlichen Angriffen fragt man sich schon: Was ist Herrn König widerfahren? Hat man ihn nicht zum Pressegespräch mit Sekt und Lachsbrötchen geladen? Haben Dehm, Zimmer und Wagenknecht ihm ein Interview verwehrt? Oder was? Jedenfalls lehne ich als taz-Leser und als PDS-Kreisvorstandssprecher einen solchen Journalismus der persönlichen Angriffe ab.

VOLKER TESSAREK, Römstedt

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