: Unwürdige Spielchen
betr.: „Joschka sitzt nicht im Schrank“, Kommentar von Bettina Gaus, taz vom 28. 10. 02
Bettina Gaus untertreibt noch mit der richtigen Feststellung, dass die grüne Führung versucht, die grüne Basis für dumm zu verkaufen, und dass vieles derzeit unwürdig ist: das Gejammere nach der BDK-Abstimmung, der Trick mit der Urabstimmung wie auch das Schauspiel um den Koalitionsvertrag. Einst ein Vertrag, dann in Bremen „gute Arbeitsgrundlage“ und schon jetzt nur noch ein Fetzen Papier.
Es hieß einmal: „In einem Krieg stirbt die Wahrheit als Erstes.“ Im Umkehrschluss kann man ja mal formulieren: „Wo gelogen wird, ist Krieg nicht weit.“ Und es wird gelogen, nicht von Joschka, sondern von so genannten Linken wie Bärbel Höhn, Jürgen Trittin, Frithjof Schmidt etc., die in ihren Antrag geschrieben haben: „die beiden Vorsitzenden, die für das erfolgreichste Abschneiden der Grünen bei einer Bundestagswahl überhaupt verantwortlich sind“. Dabei ist klar, dass zuerst das Hochwasser und die von Schröder (!) thematisierte Irakkriegsgefahr wahlentscheidend waren, gefolgt von FDP/Möllemanns Eigentor und den Eigentoren der PDS.Und erst dann kommen Gründe wie Basis vor Ort oder Joschkas Wahlkampf und danach verschiedene Personen wie Ströbele, Bütikofer, Kuhn, Roth etc. Erfolg hat viele Väter (und Mütter). Anders gefragt, wer war denn eigentlich verantwortlich für die Serie der Wahlniederlagen in den letzten Jahren, die Basis?
Kurzum: Bitte nicht (nur) die unwürdigen Spielchen attackieren, sondern die Wahrheit auf den Tisch bringen. Denn Einsicht ist der erste Weg zur Besserung! ULRICH HEMKE,
Kreistagsfraktion und KV-Vorstandssprecher, Stade
Mein Kreisverband Havelland (Brandenburg) schickte mich mit eindeutigem Votum nach Bremen: Zustimmung zum Kompromissantrag des Bundesvorstandes bezüglich Aufhebung der Trennung von Amt und Mandat. Nun geistert durch den Kommentar als roter Faden das Argument der Erpressung, des Dummverkaufens der Basis durch die Führung.
Die Basis Hamburgs hatte mit dem besten Bundestagswahlergebnis im Rücken den Antrag eingebracht, die Trennung von Amt und Mandat völlig aufzuheben. Die linke Basis, um Hans-Christian Ströbele gruppiert und von „Basisgrün“ unterstützt, wollte keinerlei Veränderungen und nahm die fehlenden 20 Stimmen zur Satzungsänderung zum Anlass, Freudentänze auf der BDK aufzuführen, wohl wissend, dass sie damit die mühsam durch die informellen Basisgremien in Stuttgart „installierte“ linke Claudia Roth demontieren würden. Eine personelle Alternative nannten sie nicht. […]
Mein hypothetisches Statement: Mindestens einmal pro Bundesdelegiertenkonferenz möchte die basisgrüne Linke per Austestung in einer Abstimmung ihr Gewicht bestimmen, „wie stark sind wir nach der Bundestagswahl?“ Wenn es denn diesmal über die Abstimmung über die Trennung von Amt und Mandat lief, haben sie sich nach meiner Auffassung das falsche Thema ausgesucht. Ein Ergebnis haben die „FreudentänzlerInnen“ auch aus meiner Heimat Brandenburg in jedem Fall erreicht: Die Urabstimmung wird teuer für unsere Partei. Der kritische Landesverband Brandenburg hat am 26. 10. 02 auf seiner LDK in Eberswalde mit großer Mehrheit für die Urabstimmung gestimmt.
HERFRIED TIETGE, Falkensee
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