der dieb, der butler und die englische prinzessin von RALF SOTSCHECK
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Der Groschen ist bei der Queen spät gefallen. Auf dem Weg zur Gedenkfeier für die Bombenopfer von Bali erinnerte sich Elisabeth II. plötzlich, dass Lady Dianas Butler Paul Burrell ihr vor gut fünf Jahren erklärt habe, er werde einige persönliche Gegenstände der toten Prinzessin behalten. Am Freitag wurde Burrell vom Diebstahlsvorwurf freigesprochen – gerade rechtzeitig, bevor er im Gerichtssaal weitere peinliche Geschichten aus dem Leben der maroden Windsor-Familie auspacken konnte.

Es begann vor 18 Monaten. Die Polizei machte bei Burrell eine Hausdurchsuchung, hatte jedoch ihre Taschenlampen vergessen, um den Dachboden zu durchsuchen. Die Einsatzleiterin Maxine de Brunner traute sich ohnehin nicht auf die Leiter, weil sie unter Höhenangst leidet. Dennoch fanden die Beamten 310 Gegenstände, die früher einmal Diana gehörten. Burrell wurde mit Zustimmung der königlichen Familie des Diebstahls angeklagt.

Die Polizei hatte Prinz Charles, den geschiedenen Gatten der Verblichenen, belogen: Burrell habe einige Kleidungsstücke Dianas im Ausland verkauft, behaupteten die Beamten. Anders sei der beeindruckende Stand seines Kontos nicht zu erklären. Der Polizei war entgangen, dass Burrell ein Benimmbuch geschrieben hatte, von dem mehr als 100.000 Exemplare verkauft wurden. Darin verriet er unter anderem, wie man eine Banane mit Messer und Gabel isst.

Burrells Wissen über das muntere Treiben in den königlichen Palästen musste dagegen mit höchster Diskretion behandelt werden. Als Vertreter der Anklage wurde William Boyce ausgesucht, weil er ledig ist. Ein verheirateter Jurist hätte womöglich mit der Gattin über den Fall geplaudert, und im Buckingham Palace weiß man, dass Frauen Plaudertaschen sind. Burrells Aussagen wurden nicht, wie üblich, im Gerichtssaal verlesen, sondern den Geschworenen schriftlich vorgelegt, so dass die Presse nicht mithören konnte. Die Galerie über den Geschworenenbänken ließ die Richterin vorsichtshalber räumen, damit kein adleräugiger Journalist mitlesen konnte.

Was Burrell in der Voruntersuchung angedeutet hatte, war ohnehin schon zu viel. Er habe „Aufgaben höchst privater Natur ausgeführt, manche davon spät in der Nacht“. Was meinte er damit? Die Queen wollte es lieber nicht wissen. Doch der Butler drohte, seine Aussage werde „lang, detailliert und außergewöhnlich interessant“ sein – ein Albtraum für die marode Windsor- Familie.

Seit Wilhelm I. werden Anklagen im Namen des Monarchen erhoben. Im Fall „Elisabeth II. gegen Paul Burrell“ wäre die Queen als Zeugin der Verteidigung vorgeladen worden. Zum Glück fiel ihr das Gespräch mit Burrell vor fünf Jahren ein. Da sie als höchste Instanz des Landes seitdem über den Diana-Schrein im Butler-Haus Bescheid wusste, lag kein Diebstahl im herkömmlichen Sinn vor. Warum hatte Ihre Majestät so lange gewartet, bis sie mit der entlastenden Aussage herausrückte? Sie wusste bis dahin nichts über den Prozess, sagte der Staatsanwalt: Ihr sei ja nichts geklaut worden.