Ideale Landschaften

Dank für Flut-Spenden: Bucerius Kunst Forum zeigt 41 Werke der Dresdner Gemäldegalerie Alter Meister

Des einen Leid ist des anderen Freud: Wie eine Kriegsbeute in Friedenszeiten präsentiert Hamburg derzeit neben dem Rathaus 41 Werke aus der Dresdner Gemäldegalerie Alter Meister. Auf Grund des Elbhochwassers mussten dort 23.000 Objekte in Sicherheit gebracht werden; Schaden nahmen vor allem Gebäude, Technik und Rahmen, nicht aber die Kunstwerke.

Da die Sammlungen in Dresden aber erst am 9. November wiedereröffnet werden, kam die Idee auf, als Dank für Spenden aus Hamburg hier einige Bilder unter anderem von Tizian, Rubens, Van Dyck, Velàzquez und Lorrain zu zeigen. Das Bucerius Kunst Forum hat deshalb seine Eröffnung vorgezogen und binnen vier Wochen eine Ausstellung gemacht.

An einige der 41 Werke sind über ihre kunsthistorische Bedeutung hinaus übrigens besondere Geschichten gebunden: Das Bild Augustus schließt den Tempel des Janus ist eine Friedensallegorie auf die sächsischen Herrscher, die Louis de Silvestre 1758 gemalt hatte, die aber wegen des Ausbruchs des Siebenjährigen Krieges nie nach Sachsen kam und erst im Jahr 2000 ersteigert wurde. Für die unmittelbare Wirkung einer großen Sammlung auf die sächsischen Künstler ist zudem interessant, dass Johann Alexander Thieles Blick von den Lößnitzhöhen auf Dresden 1751 in Lichtführung und Vordergrund im Malduktus Lorrains Landschaft mit Flucht nach Ägypten gleicht, die im selben Jahr nach Dresden kam. Exquisit ist etwa die frisch restaurierte Heilige Familie von Andrea Mantegna, die im aktuellen Zustand noch nicht in Dresden gezeigt wurde. Die Restaurierung hat dem in antikischer Ernsthaftigkeit gehaltenen Sujet ein verhaltenes Leuchten zurückgegeben, das dem Frührenaissance-Gemälde eine ungewohnte Frische gibt.

Diese Ausstellung ist ein Glücksfall für die neue Institution, die neues Publikum mit teuren und auf nur 700 Quadratmetern nicht zu anstrengenden Ausstellungen anziehen will. Immer wieder betont der künstlerische Leiter Heinz Spielmann, wie wichtig es sei, Qualität über Masse und Beliebigkeit zu stellen –womit er allerdings ungenannte andere Institutionen etwas kulturkämpferisch abwertet. Aber welche sonstige Institution kann es sich schon leisten, solche Bilder mit einer 200.000-Euro-Spende der ZEIT-Stiftung für die flutgeschädigten Dresdner Kunstsammlungen quasi einzukaufen? HAJO SCHIFF

täglich 11–19 Uhr; Bucerius Kunst Forum, Rathausmarkt 2; noch bis 19. November; Katalog 14 Euro