: berliner szenen Berlin ist nicht Wuppertal
Zu viel des Guten
Ausgehen ist im Allgemeinen etwas Soziales. Man verabredet sich – und dann los, irgendwohin, wo es möglichst aufregend zu sein verspricht. In den letzten Monaten war da aber in Berlin nicht allzu viel zu holen. Zumindest für jemanden, der sich als passionierter Konzertgänger versteht. Denn es gab einfach nichts, es war nichts los.
Doch nun ist alles anders. Diesen Monat findet so gut wie täglich ein vielversprechendes Konzert statt, für jeden Geschmack ist etwas dabei. Allein vorgestern bekam man eine derartige Masse an Popprominenz serviert, wie sie eine mittelgroße Stadt in Deutschland das ganze Jahr über nicht zu sehen bekommt. Es traten auf: John Parish, Los Banditos, The Queens Of The Stone Age, Death in Vegas, The Streets, Paula und Dominique. Jeder einzelne dieser Acts versprach: Das könnte was werden.
Es gab also ein wahres Kulturüberangebot. Das soll natürlich auch so sein, deswegen lebt man ja in Berlin und nicht in Wuppertal. Doch dieser plötzliche Einbruch Londoner oder gar New Yorker Verhältnisse, der zumindest einen Monat lang anhalten wird, bringt auch Unangenehmes mit sich. Denn so wie die Londoner oder New Yorker zwar stolz darauf sind, in einer tollen Kulturstadt zu wohnen, bleiben sie im Endeffekt doch meist zu Hause, weil alles viel zu teuer ist und man sich vor lauter Angebot nie in einer Gruppe einigen kann, wohin es denn heute Abend schon wieder gehen soll.
Das Soziale fällt also weg, ein entscheidender Impuls, auszugehen, verschwindet. Meist geht man dann tatsächlich gemeinsam nirgendwohin. Oder man schlägt sich doch auf getrennten Wegen durch die Nacht. So kann ein plötzliches Zuviel an Gutem Freundschaften auseinander bringen. ANDREAS HARTMANN
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