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Legendär dicht

So was kann schon mal das Bewusstsein verschleiern! Queens of the Stone Age boten eine super Dröhnung

Wenn es etwas gibt, was man am besten zu Musik von Queens of the Stone Age tun sollte, dann ist das bestimmt verboten. Oder in manchen Staaten illegal. Denn die Band um Josh Homme, den coolsten Rothaarigen, der einem je eine 120-dB-Hardrock-Gitarre um die Ohren haute, betont gerne ihren Hang zum Giftkonsum. Nicht nur im feel good hit of the summer, dem Song mit nur einer Zeile („Nicotine, Valium, Vicadin, Marijuana, Ecstacy and Alcohol … Cocaine!“), aus der, so erzählt man sich, übrigens die Cateringliste der Band besteht.

Aber what the fuck. In der Columbiahalle stapeln die vier bis fünf (zwei von ihnen Ex-Kyuss) Männer eine Soundwand auf die Bühne, aus soliden, schweren, dunklen Psychedelic-Steinen. Und an die knallt das Publikum kollektiv und begeistert seinen Kopf. Das kann schon mal das Bewusstsein verschleiern. Oder taub machen: „Songs for the deaf“ heißt die neueste CD der Kalifornier, wieder eine Spitzenplatte ohne eine Sekunde Langeweile oder Zerstreutheit.

Am Donnerstag wurden trotzdem Songs von allen Alben gebrettert, „Avon“, „If Only“ und „Walking on the Sidewalks“ vom ersten, „Leg of Lamb“, „Auto Pilot“, den Radiohit „The Lost Art of Keeping a Secret“ und ebenjene „Feel good“-Drogenhymne vom zweiten, und eine Menge vom „Deaf“-Album. Sie spielen so kontrolliert laut und dicht, dass man an ihrer legendären Dichtheit zweifelt: Das könnten höchstens Arbeitsdrogen sein, die konzentriert und begeistert machen. Bei jedem Stück scheint sich die Band in eine neue Dimension zu peitschen, scheint in der besten, schlauesten Version ihres Lebens spielen zu wollen.

Und zwar alle: Der Schlagzeuger, für die Tour hat man sich den Hausdrummer des Angeberknirpses Danzig ausgeliehen, trommelt eine Figur nach der anderen, erzählt mit seinen Sticks Geschichten. Die Bass-Glatze Nick Olivieri dröhnt schön in-your-face-durchgeknallt mit nacktem Oberkörper und Kinnzipfelbart seine Lines. Zur Hälfte der Stücke wird der heisere Screamin-Trees-Freund und Kollege Mark Lanegan ans Mikro gebeten und macht von dort aus die Abwechslung aus dem melodiösen Gesang Hommes und dem Gekreische Oliveris komplett. Dazu drückt der zweite Gitarrist pointiert aufs Keyboard.

Die Queens sind all das, was man an Hardrock, Desert- oder Stonerock (früher wurde in langen Sessions die kalifornische Wüste beschallt) lieben kann, und lassen all das weg, was stören würde: Gegniedel in zu sauberem Sound, Hightone-Metal-Gesang, Eier zeigen durch überflüssige Double Bassdrum. Stattdessen sitzt jedes Solo, das Homme mit seinen durch ein Schweißband verunstalteten, sommersprossigen Armen auf der durch Airbrush-flammenartige Bilder verunstalteten Gitarre spielt (und sogar das muss man ihm verzeihen.) Ansonsten hält er, wie der Rest, die Klappe und konzentriert sich aufs Wesentliche: das Gitarrenbrett.

In der überfüllten Halle nicken vom ersten Ton an haarlose und eklig bezopfte Männer- und Jungsköpfe und weniger Frauen. Dazu leuchten als Reminiszenz an echte Psychedelic-Multimedia-Shows Piktogrammdias auf: ein Strick; ein Hubschrauber; das Frauenzeichen. Wem das zu stark ist, der ist zu schwach. Und zu nüchtern. JENNI ZYLKA

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