piwik no script img

fun 4 you von FANNY MÜLLER

Ich habe eine Menge E-Mail-Freundschaften, was sich wirklich lohnt, denn erstens ist es billiger zu mailen als einen Brief zu schicken, der in der Vorweihnachtszeit, aber auch zu allen anderen Jahreszeiten, von den Hamburger Stadtteilen Lokstedt nach Altona ganze fünf Tage braucht, während Briefe von Frankfurt nach Hamburg manchmal nur einen Tag unterwegs sind, und zweitens kann man die Mails der E-Mail-Freunde radikal ausschlachten, wenn einem selbst gerade nichts einfällt für eine Kolumne.

Herr Marius, den ich hier nicht weiter vorstellen will, beispielsweise berichtete mir soeben von einem Humorfestival in der Schweiz, was ungefähr so passend sei wie ein doppelter Wadenbruch auf einer Skipiste. Sagt er. Aber als Schweizer kann er die Schweiz natürlich nicht leiden.

Das Ganze fand in Arosa statt, das ist ein ähnlich schnieker Ski-Ort wie Davos – „da wo’s schneit“. In Arosa stiefeln, wie Herr Marius mir mitteilt, langhaarige braun gebrannte Spätdreißiger hinter langhaarigen braun gebrannten Frühzwanzigerinnen her. Alle haben sie Skier dabei, die sie aber nicht bloß zum Herzeigen haben, sondern ab und zu sogar zum Sichdranlehnen.

Ski gelaufen wird auch gar nicht mehr. Man betreibt Scarving oder Snowboarding, was beides aussieht wie Skifahren, schmeckt wie Skifahren und auch so kalte Füße macht wie Skifahren, aber kein Skifahren ist, sondern viel, viel amerikanischer.

Das erinnerte mich gleich an amerikanisches Essen, das sie hier, in Hamburg, neuerdings in Restaurants anbieten. Mit dem Unterschied, dass es zwar aussieht wie Essen, aber keines ist. So etwas gibt es in der Schweiz auch, und das heißt Kafi. Es soll so schmecken wie die Leute aussehen, die es trinken. Man erhält es in einem Glas ohne Griff, damit man sich die Pfoten verbrennt, und es besteht aus möglichst oft aufgewärmtem alten Kaffee. Man tut fünf Stücke Zucker hinein und den Schweizer Nationalschnaps, der „Schnaps“ heißt. Ich finde aber, das hört sich gar nicht so schlecht an. Probiert habe ich es allerdings noch nicht.

Der Humorort Arosa hatte sich, wie ich weiter erfuhr, dem Motto „Fun 4 you“ unterworfen, was so viel bedeutet wie „Spaß vier dich“. Herr Marius vermutete sogleich einen ungarischen Zigeuner als Werbetexter. Wenn mein Mailfreund nicht privat geschrieben hätte, hätte er vielleicht Sinti beziehungsweise Roma geschrieben. Aber nur vielleicht: „Habä gemacht aine ganz scheene Slogan vier Sie!“.

Solche Späßchen kennen wir in Deutschland ja auch; denken wir nur mal an die U2. Ich hatte die U2 immer für eine Hamburger U-Bahn-Linie gehalten, die von Niendorf Markt über Schlump und Barmbek nach Wandsbek-Gartenstadt fährt. Das ist natürlich ganz verkehrt. Wie ja alle außer mir schon lange wissen, handelt es sich um eine Musikgruppe, die eigentlich „Du zwei“ heißt. Oder „Sie zwei“, das weiß man im Englischen ja nie so genau. Es wäre aber logischer: „Sie zwei da, würden Sie ma bidde vonner Bahnsteigkante zurücktreten?“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen