: Bush mag’s jetzt französisch
Damit der US-Präsident nicht neben dem ukrainischen Schmuddelpräsidenten Leonid Kutschma sitzen muss, werden 53 Jahre alte Regeln der Nato geändert
PRAG taz ■ Als zum Abschluss des Prager Gipfels der „Euro-Atlantische Partnerschaftsrat“ tagte, der die 19 Nato-Mitglieder sowie 27 osteuropäische und exsowjetische Staaten umfasst, gab es ein Novum in der 53-jährigen Geschichte der Allianz. Für die Bestimmung der Sitzordnung wurde erstmals nicht das englische, sondern das französische Alphabet verwendet. Da im Französischen aus den USA die Etats-Unis werden, die Ukrainie aber in beiden Sprachen mit U beginnt, musste Präsident George W. Bush nicht neben seinem ungeliebten Amtskollegen Lenonid Kutschma sitzen.
Kutschma war nach Prag gekommen, obwohl die Nato ihn im Vorfeld des Gipfels wegen Wahlmanipulationen und Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine ausdrücklich zur unerwünschten Person erklärt hatte. Die USA werfen Kutschma zudem die illegale Lieferung von militärischen Radaranalgen an den Irak vor. Der ukrainische Außenminister wies diesen Vorwurf auf einer Pressekonferenz zurück. Zugleich kündigte er an, seine Regierung werde amerikanischen und britischen Experten erneut Einsicht in militärische Exportlisten der Ukraine gewähren. Bilaterale Verträge der Ukraine mit dem Irak, von deren Existenz die USA offenbar Kenntnis haben, sollen allerdings unter Verschluss bleiben.
Die meisten Spekulationen drehten sich gestern um die Auslegung des Beschlusses, den die Nato-Chefs am Donnerstag zum Irak gefasst hatte. Haben sie – und damit auch Bundeskanzler Schröder – nun Unterstützung signalisiert für ein eventuelles militärisches Vorgehen gegen Irak und damit die Haltung der Bush-Admininistration gestärkt? So sieht es nicht nur die US-Delegation in Prag. Auch die US-Medien verbreiten unisono diese Interpretation. Als Beleg gilt ihnen der vorletzte Satz des Irak-Beschlusses. Danach „stehen die Nato-Alliierten vereint in ihrer Verpflichtung, effektive Maßnahmen zu ergreifen, um die Bemühungen der UNO zu unterstützen, die vollständige und sofortige Umsetzung der Sicherheitsrats-Resolution 1441 durch Irak ohne Einschränkungen und Bedingungen sicherzustellen“.
Gehören zu den „effektiven Maßnahmen“ auch militärische? Nach Überzeugung der Bundesregierung nicht, wie ein hoher Beamter des Bundesaußenministeriums gegenüber der taz versicherte. Er räumte allerdings ein, die Erklärung enthalte eine gewisse „konstruktive Ambiguität“.
Mit Blick auf die von Washington angemahnten erhöhten Militärausgaben für den „Krieg gegen denTerrorismus“ kündigte Gerhard Schröder in Prag Umschichtungen im Bundeswehretat an. Da Deutschland „begrenzte Ressourcen“ habe, müssten die Beschaffungen, die auf eine alte Bedrohungslage zurückgehen, beendet werden.
ANDREAS ZUMACH
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