montagskolumne: meinhard rohr zur lage der nation im spiegel seines wissens
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Der Handschlag erlebt eine Renaissance. Verantwortlich für diesen Retro-Trend sind nicht die Designer, HipHopper und Flaneure der Neuen Mitte, wie sie nur in Berlin zu finden sind, schuld an diesem Remake des Handschlags ist die politische Nomenklatura: Gerhard Schröder und George Bush. Der Kanzler und der Präsident. Der Deutsche und der Amerikaner. Beide im Handschlagfieber. Sie gehen auf einander zu, treffen sich und reichen sich die Hände. Wie wir alle es tun. Jeden Tag. Jetzt wieder häufiger. Vorbei ist 1968, als ich leider noch zu den Linken gehörte und die Sitten verwilderten, ausuferten, verdorrten. Es berührt zutiefst, dass die lange Zeit der Gefühllosigkeit, die parallel zur Spaßgesellschaft voranschritt, nun beendet ist. Manus manum lavat – von Mann zu Mann brodelt es, wie der römische Regisseur Fellini in „La strada“ sagt. In Zeiten der Krise ist der Handschlag auch und gerade für uns alle ein gefühltes Zeichen der taktilen Berührungskultur. Ein Symbol, das wir nicht missen wollen.

Diese Kolumne erscheint in loser, aber leider häufiger Folge.