berliner szenen Provision für Probeabos

Werben bis Unterschrift

Der Wind treibt kalt über den dunklen Platz vor der Amerika- Gedenkbibliothek. „Machen Sie ihr Leben schöner, gönnen Sie sich etwas“, ruft eine beschwörende Stimme. Niemand bleibt stehen. Der Mann, zu dem die Stimme gehört, tritt von einem Bein auf das andere und hält sich an dem würfelförmigen Tisch vor ihm fest. „Testen sie 14 Tage die Süddeutsche“. Ihm gegenüber steht verweist ein anderer Tisch, in Rot, mit der Aufschrift Berliner Zeitung.

Sein Besitzer, eine blonder Junge, läuft auf und ab. Immer neben den Passanten. „Ein Exemplar der Berliner Zeitung unverbindlich oder lieber 14 Tage testen, den Tip dazu“, seine Stimme überschlägt sich beim Versuch, alle Informationen in wenigen Sekunden unterzubringen. Sein Gesicht lächelt, die freundliche Dienstleistung fest eingegraben. Er weiß, wenn überhaupt, bleiben die Leute wegen ihm stehen.

Wütend wirft der Junge die Zeitung auf den Stand. Er sucht in seiner Tasche nach einer Zigarette. Der Mann von der Süddeutschen hilft aus. Sie arbeiten auf eigenes Risiko. Ihr Lohn ist eine Provision für jedes abgeschlossenem Probeabo. Ihre Freunde haben bereits unterschrieben. Eine halbe Stunde noch, dann schließt die Bibliothek. „Machen Sie was aus Ihrem Leben“, rufen sie wieder. Ob sie letzte Woche die Meldungen auf den Medienseiten gelesen haben? HENNING KOBER