: Wunschtüpfelalarm
Schirmkonstrukteur und Kissenplauze suchen Frau für Dachbeschäftigung: Das Junge Theater punktet mit „Neue Punkte für das Sams“
Wie eine Wurst in grüner Samtpelle hopst Andrea Liebezeit auf dem Bett herum. Ihr gegenüber rutschen nicht weniger als drei Schulklassen mit dem Hintern auf lehnenlosen Bänken hin und her. „Voll cool“, finden die Kinder das Sams, aber auch: „Voll dick, ey!“ Es ist wahr: Strubbelig sind Liebezeits Haare sonst auch, doch bei der Premiere von „Neue Punkte für das Sams“ hat die Requisite nicht gezögert, ihr eine mächtige Kissenplautze zu verpassen.
Liebezeit ist das geborene Sams: rotzfrech, hyperaktiv und mit den schrägsten Ideen im Kopf. So wünscht es sich zum Beispiel ein Würstchenfrühstück mit Erdbeermarmelade, Karamelsoße, Joghurt und Ketchup - und die Kinder kringeln sich vor Lachen. „Mit seinen Sachen darf man machen, was man mag - den ganzen Tag“, lautet eine der zahlreichen Sams- Philosophien. Kurz danach knabbert es an Taschenbiers Spielkarten.
Anke Thiessen inszenierte „Neue Punkte für das Sams“ sozu sagen als Fortsetzung zum Klassiker „Eine Woche voller Samstage“, den das Ensemble des Jungen Theaters im vergangenen Jahr aufführte. Sams-Papa Bruno Taschenbier (Uwe Pekau) hat sich gewünscht, das Sams möge immer bei ihm bleiben. Doch leider sind irgendwann alle blauen Sommersprossen weggewünscht, und Taschenbier hat das gefräßige Wesen nicht mehr so ganz unter Kontrolle. Außerdem hat sich der schüchterne Schirmkonstrukteur diesmal auch noch verliebt und traut sich nicht, seine Angebetete anzusprechen.
Um die Sams-Wunschpunkte zu erneuern, müssen Sams und Papa bei Vollmond auf das Hausdach steigen. Dabei geht allerdings so einiges schief. Sie werden von einem Polizisten erwischt, der Taschenbier der „mutwilligen Sachbeschädigung“ bezichtigt. „Mutwillige Dachbeschäftigung?“ fragt da das Sams, „oder dachwillige Mutbestätigung?“ Es krächzt und schnattert noch ein bisschen, und der Wachtmeister bleibt baff und hilflos stehen. So ist das Sams, so soll es sein. Später erlangt durch ein Missgeschick nicht das freche Wesen wieder blaue Wunschtüpfel, sondern Herrn Taschenbier selbst. Wie soll er denn bloß in diesem Aufzug zur Arbeit gehen?
Ein bisschen erinnert Taschenbier mit seinen linkisch schlenkernden Armbewegungen, der Bürofrisur und einer unerlässlichen kackbraunen Aktentasche an Piet Klocke. Gerade diese Merkmale sind es aber, die ihn in seine Rolle hinein schmelzen lassen. Zwar verblasst Pekaus schauspielerische Leistung deutlich neben der vortrefflich schnodderigen Fuchtel Andrea Liebezeits, aber das ist schließlich das Los des farblosen Schirmmachers. Mimmi Nielsdotter dagegen könnte als tobender Hausdrachen Frau Rotkohl ruhig ein bisschen inbrünstiger schimpfen.
Ein „Schweinebärenglück“ hat Herr Taschenbier, dass er trotz mangelnden Interesses des Capri-Sonne schlürfenden Publikums an Liebeszenen, trotz Unruhe und Käsebrotkrümeln, doch noch das Herz seiner Liebsten gewinnen kann. „Habt mehr Mut!“, appelliert Autor Paul Maar mit seiner Sams-Reihe auf liebenswerte Art und Weise. Mit einem Sams wie Liebezeit im Rücken kann das schon mal kein Problem sein. Susanne Polig
Sams satt im Jungen Theater am Güterbahnhof: „Neue Punkte für das Sams“ am 29.11., 9 und 11 Uhr, und am 30.11., 15 Uhr. Vom 2. bis 6. sowie 16. bis 20.12. jeweils um 9 und 11 Uhr; am 14. und 22.12. um 15 Uhr. „Eine Woche voller Samstage“ am 3.12. um 11 Uhr, vom 9. bis 13.12, jeweils um 9 und 11 Uhr sowie am 21.12. um 15 Uhr
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