unterm strich:
Karel Reisz, einer der bedeutendsten britischen Filmregisseure, ist im Alter von 76 Jahren gestorben. Am Montag erlag er in London einer Blutkrankheit. Das bekannteste Werk von Reisz, „Saturday Night and Sunday Morning“ (1959), wurde erst kürzlich von der britischen Filmakademie zu einem der „20 besten britischen Filme aller Zeiten“ gewählt. Er zeigt englische Arbeiter nicht, wie damals üblich, als Kriminelle oder komische Figuren, sondern zeichnet ein realistisches Bild ihrer Lebenswelt. „Der Einfluss dieses Films kann nicht überschätzt werden“, schreibt der Independent im Rückblick. Der gebürtige Tscheche, der als einer der großen Erneuerer des britischen Films in den 50er- und 60er-Jahren gilt, gründete zusammen mit den Regisseuren Tony Richardson und Lindsay Anderson das „Free Cinema“. Ein großer Erfolg war die Literaturverfilmung „The French Lieutenant’s Woman“ (1981) mit Meryl Streep, wozu Harold Pinter das Drehbuch schrieb. Reisz gilt auch als Mitentdecker und Förderer bedeutender Schauspieler wie Peter O’Toole, Albert Finney, Richard Harris und Jeremy Irons. Seine 1953 veröffentlichte „Technique of Film Editing“ ist bis heute eines der Standardwerke jeder Filmhochschule.
Reisz galt als öffentlichkeitsscheu und „ungewöhnlich bescheiden“, wie der Guardian schrieb. Der Sohn eines jüdischen Rechtsanwalts wurde 1926 in Ostrava in der Tschechoslowakei geboren und kam 1938 als Zwölfjähriger kurz vor dem Einmarsch der Nazis mit einem Rotkreuz-Transport nach England. Im Krieg war er Kampfpilot in der tschechischen Einheit der Royal Air Force. Seine Eltern und seine weitere Familie bis auf einen Cousin wurden in den Konzentrationslagern der Nazis ermordet.
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