piwik no script img

„Es muss Spaß machen“

Sie kultiviert bewusst einen verhaltenen, latent introvertierten Stil: Thalia-Schauspielerin Maren Eggert, die am Sonntag den diesjährigen Boy-Gobert-Preis der Körber-Stiftung bekommt

von ANNETTE STIEKELE

Sie ist die Entrückte und zugleich Beteiligte. Gläserne, weiche Gesichtszüge, große Augen. Wenn sie wie jüngst in Michael Thalheimers Liebelei-Inszenierung am Thalia Theater einfach die Arme um ihren Geliebten Fritz, gespielt von Hans Löw legt, ist es die Kraft der einfachen Geste, die berührt.

Der polternde Auftritt, das laute Getöse dagegen sind ihre Sache nicht. Die Schauspielerin Maren Eggert kultiviert einen eher innerlichen Stil, der doch große Bühnenwirkung entfaltet. Das haben auch die Juroren der Körber-Stiftung erkannt. Am 8. Dezember erhält die 28-Jährige, die seit 2000 fest im Thalia-Ensemble arbeitet, den diesjährigen Boy-Gobert-Preis als beste Nachwuchsschauspielerin für die Spielzeit 2001/2002. Sie ist da in bester Gesellschaft. Im vorigen Jahr hat ihre Ensemble-Kollegin Fritzi Haberlandt den Preis erhalten, wie vor ihr Judith Engel oder Susanne Wolff.

Wer Maren Eggert begegnet, braucht einiges an Imagination, um zu glauben, dass diese schüchterne junge Frau gerne auf der Bühne steht. „Von mir aus würde ich immer eher wenig machen, vor allem körperlich“, erzählt Maren Eggert. Sie habe da eine „Hemmschwelle“. Die legt sie immer öfter beiseite, in wohldosierten Emotionsausbrüchen in Liebelei und als gefühlsselige Miss Sara Sampson in Andreas Kriegenburgs Lessing-Inszenierung. Eine Arbeit, die sie als anstrengend in Erinnerung hat. „Ich bin da aus so einer Steifheit nicht rausgekommen. Für mich ist es schwierig, fremde Vorstellungen von Körperlichkeit zu übernehmen“, erzählt sie. Davon konnte sie sich jetzt beim eher nüchternen Theatersezierer Thalheimer erholen. „Das sind Vorgänge, die ich absolut mit mir verbinden kann. Er hat eine besondere Art, auf der Bühne Konzentration zu schaffen.“

Ihr Handwerk hat Maren Eggert an der Münchner Otto-Falckenberg-Schule gelernt. Von 1998 bis 2000 war sie festes Ensemblemitglied am Schauspielhaus Bochum unter Leander Haussmann, bevor Ulrich Khuon sie für seine erste Spielzeit ans Hamburger Thalia Theater holte. Die Rückkehr in die Hansestadt sah die in Bergedorf aufgewachsene Schauspielerin zunächst mit gemischten Gefühlen. Eigentlich wollte sie sich erst noch stärker freispielen. Doch das tut sie ohnehin. In ihren ersten Rollen, wie die der Klara in Dea Lohers Klaras Verhältnisse überzeugte sie durch eine schnörkellose Darstellung. Ob die Agnes in Das Kind, die Prinzessin Natalie in Prinz Friedrich von Homburg oder die Regine in Die Schwärmer, ob Klassiker oder Uraufführung – Maren Eggert spielt mit Vorliebe vermeintlich kühle, schwache Frauen, die unverhofft radikalen Mut beweisen. Daneben bewies sie im „Thalia Vista Social Club“ ihr Talent für die leichtere Muse und in Das Experiment von Oliver Hirschbiegel ihre Lust auf Film.

So richtig ins Plaudern gerät Maren Eggert selten. Einen Wunschregisseur oder eine Lieblingsrolle hat sie nicht. Sie nimmt es eher, wie es kommt. Nur über Krystian Lupa gerät sie ins Schwärmen. Er habe „jede Zelle als Schauspielerin in ihr belebt“. In Bochum war das noch um einiges schwieriger. „Das hat mich einmal richtig umgewirbelt. Es gab dort ein lebendiges Ensemble, aber auch sehr kantige Persönlichkeiten, mit denen man erst mal umgehen musste.“

Über ihr Privatleben hält sie sich bedeckt. Seit vier Jahren ist sie mit dem Ensemblekollegen Peter Jordan liiert. Bleibt vor allem Raum für die Arbeit. „Mir ist wichtig, dass ich weiß, was ich tue und es aus einer Ruhe heraus tue und es mir einfach Spaß macht.“, sagt Maren Eggert und zeigt ein leises Lächeln. Damit wird sie am 8. Dezember wohl auch ihren Preis entgegennehmen.

Boy Gobert-Preisverleihung an Maren Eggert: 8. Dezember, 11 Uhr, Thalia Theater

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen