Woche der Pleiten bei Alba

Den Basketballern von Alba Berlin fehlt die „mentale Aggressivität“, so Trainer Mutapcic. Gegen RheinEnergie Cologne setzte es folgerichtig zu Hause eine 79:85-Schlappe

Es muss etwas in der dezemberlichen Berliner Luft liegen, das den Sportlern dieser Stadt übel mitspielt, den Fußballern von Hertha die Beine schwer werden lässt und den Basketballern von Alba die Wurfarme müde und den Kopf leer. Leer zumindest von jener „mentalen Aggressivität“, die Alba-Trainer Emir Mutapcic für unverzichtbar hält. Anders ist kaum zu erklären, wieso die Mannschaft plötzlich Niederlagen anhäuft, und zwar nicht nur in der Euroleague, sondern auch in der Bundesliga, wo man bis vor einer Woche noch ungeschlagen dominierte. Zuerst am vergangenen Sonntag in Bonn, gestern mit 79:85 vor 8.071 Zuschauern in der Max-Schmeling-Halle gegen RheinEnergie Cologne, die armen Verwandten aus dem Westen, bei denen sechs ehemalige Alba-Akteure am Werk sind.

Es war die dritte Pleite binnen einer Woche, rechnet man jene einkalkulierte vom Donnerstag beim FC Barcelona mit. Vordergründig keine Katastrophe, schließlich bleibt man in der nationalen Liga Zweiter hinter Bonn und hat in der Europaliga noch alle Chancen auf den Einzug in die Zwischenrunde. Dennoch besteht die Gefahr, dass ausgerechnet zu einer Zeit, in der wichtige Weichenstellungen anstehen, das Selbstvertrauen verloren geht und eine Mentalität der Niederlage Einzug hält. „Man muss mehr Substanz ins Spiel bringen“, kritisierte Mutapcic sein Team, das zu wenig attackiert und zu wenig Geduld bewiesen habe, was in der Basketball-Lehre des Alba-Coaches keineswegs einen Widerspruch darstellt.

Furios die ersten drei Minuten. Wie die Wiesel jagten die Gastgeber da an den Kölnern vorbei, spielten sich binnen 50 Sekunden drei Korbleger heraus und führten schnell mit 10:0. Stephan Baeck, bei Cologne Nachfolger von Svetislav Pesic als Trainer, hatte so etwas geahnt und seinen Leuten für diesen Fall geraten: „Immer weiter spielen, das Match wird am Ende entschieden und nicht am Anfang.“

Genau so war es, auch wenn die Partie im Prinzip im dritten Viertel entschieden wurde, als sich Alba unkonzentriert Ballverluste leistete, die den Gegner seinerseits mit zehn Punkten in Führung brachten. Besonders in dieser Phase erwies sich, wie sehr der Ausfall des verletzten Spielmachers DeJuan Collins die Mannschaft aus dem Gleichgewicht gebracht hat. Während Ex-Alba-Akteur Sasa Obradovic bei Cologne in bewährter Manier den Rhythmus bestimmte, selbst punktete oder die Mitspieler einsetzte, häuften sich bei Alba die Ballverluste. 21 waren es am Ende, „das ist unser Rekord in dieser Saison“, klagte Mutapcic. „Sie wollen immer mit dem ersten Pass punkten oder gleich zum Korb“, rügte der Coach, was wohl vor allem gegen Mithat Demirel ging, der eher Scorer als Organisator ist und bei jedem Ballbesitz in Wildsautempo des Gegners Hälfte durchrast. Im Gegensatz zu Obradovic und vor allem zu C.C. Harrison, Kölns Topscorer mit 21 Punkten.

Zeit zum Durchatmen und zur Neubesinnung bleibt Alba aber kaum. Am Donnerstag geht es zu Efes Istanbul, eine Woche später kommt Skipper Bologna. Um sehr gute Chancen auf ein Weiterkommen in der Europaliga zu haben, müssten beide Spiele gewonnen werden. Im neuen Jahr sollte dann der kurzfristig für Collins engagierte und gestern schon punktuell wertvolle John Celestand so weit integriert sein, dass er eine echte Verstärkung in der entscheidenden Phase der Euroleague-Vorrunde ist. Und vielleicht kehrt ja nach Ende des vermaledeiten Dezembers gar die mentale Aggressivität zurück. MATTI LIESKE