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Feine Erinnerungsspuren

Die Schau „Haferflockenmaschine“ im Museum der Arbeit mixt Kinder- und Künstlerinstallationen

Die Installation Karl und Anette von Petra Schoenewald war die erste Ausstellung im „Kunstraum“ des Museums der Arbeit, der seinen Platz in der Abteilung „Frauen und Männer – Arbeitswelten und Bilderwelten“ hat. Hier hat das Durcheinander seit einiger Zeit System: Immer wieder werden KünstlerInnen eingeladen zu „intervenieren“, die Dauerausstellung zu verändern, künstlerisch zu spiegeln.

Tatsächlich haben Petra Schoenewald und Michael Baltzer fast alles aus ihrem Werk getilgt, was irgendwie nach dem Anspruch der Kunst riecht, autonom zu sein, sich parallel, aber doch entfernt vom Alltag zu situieren. Eigentlich sieht es hier aus wie in einem großen, bunten Kindergarten: Da gibt es ein Holzhaus, Plastikspinnen, Knochen und Kinderzeichnungen von Monstern und eine Räuberhöhle. Da gibt es Wäscheschränke mit Löchern, in die man die schmutzigen Gummistiefel hineinwerfen kann, außerdem kleine Öffnungen, in denen ein Bleistift oder eine kleine Salami stecken. Was die Ausstellung interessant macht, ist vor allem die Frage, inwiefern Michael Baltzer und Petra Schoenewald – Absolventen der Hamburger Kunsthochschule – sich in ihrem Werk den Zuarbeiten ihrer Kinder sicher sein können.

Ach ja, nicht zu vergessen die „Haferflockenmaschine“ – ein Ambos und ein Hammer, auf der jeder Ausstellungsbesucher Hafer zu Flocken hämmern kann. Das sorgt immerhin für eine gewisse Unruhe in einer ansonsten wenig mitteilsamen Ausstellung. Auf einem Holztisch haben die Künstler (oder ihre Kinder?) einige Nachrichten mit Kreide hinterlassen: „Wir sind im Restaurant einen Stock tiefer.“

P. S.: Ganz versteckt in einer Ecke der Ausstellung zeigen die Künstler dann selbstverständlich doch, was sie können: eine kleine Papier-Wohnung mit allen Details, mit Klavier, Nähmaschine, Garderobe und Badewanne, fein in Bleistift gezeichnet, ausgeschnitten, koloriert und mit Stecknadeln und Tacker wieder zusammengebaut. Sogar die Bibliothek fehlt nicht, Buchrücken an Buchrücken, winzig klein und kaum zu lesen. Das ist Arbeitswelt und Bilderwelt auf zeichnerisch höchstem Niveau, eine feine Erinnerungsspur an vergessene Kinderspiele, ein präzises Beispiel für die so beengenden Rollenspiele in Alltag und Künstlerberuf – und letztlich doch ein beeindruckender Auftritt mitten im Alltagsdurcheinander.

Marc Peschke

Mo 13–21 Uhr, Di bis Sa 10–17 Uhr, So 10–18 Uhr, Museum der Arbeit, Wiesendamm 3; bis 30. März 2003

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