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Fortsetzung fraglich

Trotz des großen Erfolges von „Schwarzwaldhaus 1902“ zögert die ARD, weitere Zeitreisen zu veranstalten. Channel 4 zeigt, wie gut das geht

von STEFFEN GRIMBERG

„Optimal verdichtet“ fand SWR-Redakteur Rolf Schlenker die vier Folgen „Schwarzwaldhaus 1902“ schon vor dem unerwarteten Quotensegen: 19,1 Prozent Marktanteil selbst für die zweite Folge, während anderswo die Bayern gegen Schalke spielten. Beim winterlichen Hühnerschlachten in der letzten Folge am Dienstag waren dann sogar 21,5 Prozent der messbaren TV-Zuschauer am Bildschirm: „Das hatte keiner auf der Rechnung“, sagt Schlenker.

Bemerkenswert auch, dass der ARD-Vierteiler von einem Team auf die Beine gestellt wurde, das im eigenen Programm kaum zu finden ist: Die kleine Redaktion Bildung und Wissenschaft hat im Südwestfernsehen gar keinen festen Sendeplatz.

Was da nun mit dem Budget eines mittelschweren „Tatorts“ gedreht wurde, hat für Schlenker eine klare Botschaft: „Mit Dokumentationen kann man Quote machen“, sagt der „Schwarzwaldhaus“-Produzent und Koautor. Endlich hat’s also auch die ARD begriffen – und dem schon länger überzeugten ZDF gezeigt, dass es auch anders geht als nach der Methode Knopp.

Das „Zeitreisen“-TV erfunden hat dagegen auch die ARD nicht: Die Inspiration kam aus Großbritannien. Vor drei Jahren ließ hier der werbefinanzierte Channel 4 eine Familie zurück ins Jahr 1900 reisen. Drei Monate lang lebten die Bowlers in ihrem „The 1900 House“ das Leben einer Mittelschichtsfamilie im viktorianischen London. Das Format wurde ein Quotenerfolg für den innovationsverwöhnten Sender.

Kriegsalltag 1940

Grund genug für Channel 4, sich im Anschluss auf deutlich schwierigerem Terrain zu versuchen: „The 1940 House“ enstand mit Unterstützung des Imperial War Museum (IWM) – der Kriegsalltag an der Home Front kehrte mit ungeahnter Authentizität nach Nordengland zurück. Die Kriegsjahre 1939–1945 durchlebten gleich drei Generationen der Familie Hymes in drei Monaten. Lebensmittelrationierungen, Luftangriffe, Strafgelder bei mangelhafter Verdunkelung – die Schrecken des Krieges wurden im einfachen Reihenhaus ganz anders erfahrbar als in den Schwarzweißaufnahmen der Wochenschauen. Ein „War Cabinett“ aus WissenschaftlerInnen und anderen Experten beurteilte zeitgleich von Winston Chirchills unterirdischen Kabinettsräumen in London aus das Verhalten der Familie, beim IMW schloss sich ein umfangreiches Forschungsprojekt an.

Seitdem hat der Sender in Koproduktion mit dem US-amerikanischen PBS Siedler in den Wilden Westen geschickt: „The Frontier House“, in diesem Frühjahr ausgestrahlt, „spielt“ im Jahr 1883 und begleitet mehrere Familien auf ihrem mitunter lebensgefährlichen Treck durch Montana. In England zog man vergleichsweichse behütet aufs Land: „The Edwardian Country House“ rekonstruiert den Alltag auf einem Landsitz des englischen Geldadels anno 1905 – den der Herrschaft wie den des Dienstpersonals.

Bei der ARD setzt man dagagen zunächst mal auf Wiederholungen: An Heiligabend und den beiden Weihnachtstagen laufen nachmittags nochmal alle vier Folgen „Schwarzwaldhaus 1902“. Ab Mitte Februar 2003 wird der SWR – auch aus bisher noch nicht gezeigtem Material – eine 13-teilige Kurzversion fürs regionale ARD-Vorabendprogramm stricken. („Schwarzwaldleben 1902“ läuft allerdings nur im SWR-Sendegebiet.) Und der Kinderkanal denkt über eine eigene Variante nach, in deren Mittelpunkt dann der 12-jährige Akay Boro stehen soll.

Ob es mit neuen Projekten weitergeht, ob die ARD ihre Chance wirklich begreift, steht dagegen in den Sternen. SWR-Intendant Peter Voß jedenfalls trat im hauseigenen Hörfunk schon mal auf die Bremse: Er wolle zunächst Ruhe einkehren lassen, sagte Voß auf SWR 3 – und warnte vor allzu viel Euphorie.

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