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Enorm vielseitige Arbeiter des Ritus

An den Rändern des Buddhismus: Der Film „Friends in High Places“ stellt den burmesischen Nats-Kult vor

Nats-Rituale bewegen sich zwischen Schutz, Lebenshilfe und Feiertagsunterhaltung

An den Rändern des Buddhismus führt dieser burmesische Kult ein ziemlich flamboyantes Leben, in dem es drastischer, praxisbezogener und wesentlich unseriöser als in der Hauptreligion zugeht. Keiner gibt es gerne zu, aber alle gehen hin. Denn schaden kann es ja nicht.

Der Legende nach waren die Nats Mitglieder von Königshäusern, die von den Herrschern aus Neid, Gier oder Rache gemeuchelt wurden. Im Laufe der Jahrhunderte stiegen sie in den Rang von Schutzgeistern auf. Dabei ist die reine Zahl der Nats – 37 – überschaubarer als ihr Klassifikationsmuster, das sich an Namen wie „Herr der neun Städte“ oder „Die kleine Flötendame“ erkennen lässt. Der Nats-Kosmos liefert aber eine Palette, die groß genug ist, um eine Vielzahl von Zwecken abzudecken. In der burmesischen Kultur, in der das Abladen eigener Probleme auf andere als unangebracht gilt, ist der Nats-Kult eine allseits akzeptierte Instanz der Leidabfuhr. Im Alltag ist er vor allem in Form vieler kleiner Figurinen präsent.

Eine direktere Wirkung gegen Armut, Erfolglosigkeit und Krankheit verschaffen kleine Truppen, die sich überall im Land auf Nats-Darstellungen spezialisiert haben. Sie werden in die Häuser der Auftraggeber geladen, wo sie mehrstündige Zeremonien abhalten, auf denen sie – angetrunken oder auch nicht – Sets von Nats-Charakteren aufführen, tanzen, Ratschläge in offener oder Orakelform erteilen und Anweisungen für rituelle Opfer geben. Nats-Rituale bewegen sich zwischen Lebenshilfe, Gefahrenabwehr und Feiertagsunterhaltung, Überschneidungen zur Prostitution scheinen ebenfalls vorzukommen.

Der Film „Friends in High Places“ versucht, sich diesen Arbeitern des Ritus zu nähern. Obwohl sie ein gewisses spirituelles Geschick benötigen, kommen sie häufig aus gesellschaftlichen Unterschichten, oder sie haben sich spätestens durch ihre Berufswahl marginalisiert. Dennoch kann man es zu Ansehen und Vermögen bringen – größere Feiern kosten schnell mal fünfstellige Eurobeträge.

Dem Stolz der dann doch noch Aufgestiegenen schreibt man daher auch das verblüffend herrische und sogar unverschämte Verhalten während der Sitzungen und Showeinlagen zu. Dann aber ahnt man mehr, als dass es bestätigt würde, dass dieses Verhalten nicht als Kompensation für andernorts zugefügtes Unglück zu verstehen ist, sondern vielmehr zu einem Repertoire gehört, das auf allen Ebenen stark kodifiziert ist: Männer stellen die männlichen, Frauen die weiblichen Nats dar. Nur die femininen Männer dürfen das komplette Programm bedienen.

Leider gelingt es Merrison nur selten, anschaulich zu werden. Bereits nach wenigen Minuten macht sich das Gefühl von Redundanz und Richtungslosigkeit breit. Doch Merrison weiß schon auch, richtige Knöpfe zu drücken und ihre Ethnografie mit politischen, postkolonialen und Gender-Aspekten zu betupfen. Das repressive Klima seit dem Beginn der Militärregierung in 1989, so scheint sie anzudeuten, hat dem – im Prinzip herrschaftskritischen – Nats-Kult eine neue Bedeutung gegeben. Anders als viele Dokus der letzten Jahre wurde „Friends“ auf Film gedreht: Für Bildschärfe ist also gesorgt. MANFRED HERMES

„Friends In High Places“. Regie: Lindsay Merrison. Mit Daw Khin Miyint Kyi, Daw Ah Mar Sein, BRD/CH, 86 min, Omu. Bis 23. 12. und am 25. 12. Filmbühne am Steinplatz, jeweils 18 Uhr

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