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Freilandeier falsch etikettiertBilliges Stallei teuer verkauft

Aktivisten finden falsch etikettierte Eier und sprechen von „Betrug am Verbraucher“. Das Verbraucheramt bestätigt einen Fund bei einer Kontrolle.

Falsche Farbe: Aktivisten fanden angebliche Freilandeier, die keine braune Schale hatten. Bild: dpa

BERLIN taz | Wer Freilandeier kauft, verspricht sich davon oft eine artgerechte Haltung der Legehennen: Die Hühner müssen nicht wie bei der Bodenhaltung ihr ganzes Leben im Stall fristen, sondern dürfen ähnlich wie Biohühner in einen Auslauf. Dafür zahlen Verbraucher oft das Doppelte. Doch nun sind angebliche Freilandeier aufgetaucht, die in Wirklichkeit aus Bodenhaltung stammen. Die Tierrechtsorganisation Peta spricht von Betrug am Verbraucher.

Rund 14 Prozent der Legehennen in Deutschland sind in Freilandhaltung untergebracht. Auch die etwa 10.000 Tiere in einem Stall des Agrarmultis Richard Hennenberg im nordrhein-westfälischen Velbert. Im selben Gebäude hat er ungefähr ebenso viele Hennen in Bodenhaltung.

Unterscheiden lassen sich in diesem Betrieb beide Sorten durch die Schalenfarbe: braun für Freiland-, weiß für Bodenhaltung. Das bestätigte der taz der Sprecher des Landesamtes für Verbraucherschutz, Eberhard Jacobs. „Man kann von der Farbe der Eier rückschließen auf Bodenhaltung oder Freilandhaltung“, sagte er.

Jetzt allerdings haben Aktivisten nach eigenen Angaben mehrmals bei zwei verschiedenen Händlern auf einem Markt in Wuppertal Eier gekauft, die zwar weiß sind, aber Hennenbergs Erzeugercode für Freilandware aus dem Stall tragen: die Nummer 1-DE-0521902. Eigentlich müsste der Code mit einer 2 beginnen, was für Bodenhaltung steht. „Der Betrug ist perfekt“, sagt Peta-Berater Edmund Haferbeck.

Hühnerhalter bestreitet die Vorwürfe

Hennenbergs Betriebsleiter André Sauter wies den Vorwurf zurück, sein Unternehmen habe die Eier falsch gekennzeichnet. „Es gibt auch schwarze Schafe in der Branche. Die kleineren Betriebe, die selbst keine Freilandeier haben, die gehen sich zehn Eier im Supermarkt kaufen und stempeln sich die Nummer von anderen drauf.“

„Das kann alles sein. Aber es ist ein bisschen weit hergeholt“, sagt Caspar von der Crone, Geschäftsführer des Vereins für kontrollierte alternative Tierhaltungsformen (KAT). Diese wichtigste Selbstkontrollorganisation der Eierbranche überprüft Betriebe; viele Handelsketten kaufen nur KAT-zertifizierte Ware. „Wenn die Vorwürfe stimmen, dann fliegt Hennenberg raus aus dem KAT-System.“

Hennenbergs Glaubwürdigkeit ist schon seit Längerem beschädigt. Jahrelang verkaufte er Eier als Bioware, obwohl der nötige Auslauf fehlte. Schließlich wurde der betroffenen Farm das Ökosiegel entzogen. Einer der Markthändler versicherte laut Peta, dass die Eier von „Bauer Hennenberg“ seien. Wie die taz aus sicherer Quelle erfuhr, hat das Landesverbraucheramt bei einer Kontrolle am vergangenen Montag in der Eierpackstelle des Betriebs „etwas gefunden“. Die Behörde wollte sich dazu am Freitag nicht genauer äußern.

Von einem weiteren Vorwurf Petas entlastete das Amt Hennenberg jedoch: Der Auslauf für die Freilandhühner sei groß genug, erklärte Sprecher Jacobs. Das Luftbild der Anlage, mit dem Peta das Gegenteil beweisen wollte, erfasse die Fläche nicht vollständig.

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11 Kommentare

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  • PV
    Peter v. F.

    An *Mauler* und Konsorten:

    Wenn ihr meint es wurde von PETA mit Dreck geworfen..ganz einfach, die Betroffenen können doch sofort einen "Tag des offenen Stalles" o.ä. einführen.

    Dann hat die Öffentlichkeit einen Einblick in die sauberen Machenschaften.

    Ich befürchte allerdings, die würden eher bewaffnete Security vor den Ställen aufmarschieren lassen.

    Ein Tag der offenen Buchhaltung wäre auch hilfreich, um Korruptionsgelder offenzulegen.

  • JM
    Jost Maurin

    @"Holger":

    Im Text heißt es: "Unterscheiden lassen sich *in diesem Betrieb* beide Sorten durch die Schalenfarbe", nicht generell. Bedeutet: Die Rassen werden entsprechend ausgewählt.

    Also: Wer lesen kann, ist klar im Vorteil!!!

  • H
    Holger

    Zitat: Das bestätigte der taz der Sprecher des Landesamtes für Verbraucherschutz, Eberhard Jacobs. „Man kann von der Farbe der Eier rückschließen auf Bodenhaltung oder Freilandhaltung“

     

    Tja, das muss ich dann unseren Hennen hier wohl mal erklären - ihr lauft frei, also müsst ihr braune Eier legen!

     

    Einfach mal jemanden fragen, der sich damit auskennt. Oder Google.

     

    Die Farbe der Eier ist bestimmt durch die Hühnerrasse und in kleinerem Teil durch das Futter.

     

    Ob draußen oder drinnen hat damit nichts zu tun.

     

    Ist übrigens der erste Treffer bei Google, liebe TAZ-Redaktion:

    http://www.wissenschaft-im-dialog.de/aus-der-forschung/wieso/detail/browse/5/article/warum-ist-die-schale-von-huehnereiern-weiss-oder-braun.html

     

    Trotzdem bleibt das falsche Etikettieren eine Sauerei - lässt sich aber definitiv nicht an der Farbe der Eier festmachen.

    Etwas journalistische Sorgfalt, bitte!

  • K
    Kai

    Ich hoffe, PETAs Angaben werden vor der Übernahme genauestens überprüft. Man sollte nicht vergessen, dass PETA eine fundamentalistische Tier*rechts*organisation ist, für die "Tierschutz" eigentlich bestenfalls ein Mittel zum Zweck ist. Sonst könnten wir ja auch Holger Apfel zum Thema "Missbrauch im Ausländerrecht" referieren lassen.

  • M
    mr.spock

    interessant, dass der "endverbraucher" nicht mal mehr in der lage ist, den betrug an geschmack oder konsistenz oder sonstwie selber zu erkennen. die leute können einen weinbrand nicht mehr von einem rembrandt unterscheiden, wollen aber in der lage sein, sauerstoffreie lautsprecherkabel am "freieren klang" zu erkennen. wie weit ist es mit uns gekommen.

     

     

    ...ist das da hinten mein kind?

  • R
    Reifer

    @Dr. Haferbeck

    Plötzlich wird eine unwahre Behauptung, die damals Schaden angerichtet hat, unwichtig? Eine seltsame Auffassung. Bei unwahren Tatsachenbehauptungen geht PETA gerichtlich gegen Zeitungen, Foren und Kommentatoren vor. Ich hoffe diesmal wird auch gegen PETA vorgegangen.

     

    Sollte sich die falsche Deklarierung als richtig erweisen, dann gehört der Verursacher natürlich bestraft.

  • K
    Kuckucksei

    Beschiß ist Beschiß und muss natürlich sofort im Interesse der sauberen Eieresser geahndet werden.

     

    Das gefangene und an den Flügeln beschnittene Huhn, das als Waldtier noch nie auf einem Baume saß und noch nie darauf herumflatterte, bleibt ratlos zurück.

     

    Ich finde, der grundsätzliche Aspekt der Tiergefangenschaft muss wieder mehr in den Vordergrund treten.

     

    Lebenslänglich gefangen und dann der Elektrotod sind nicht fair, egal ob bio oder Hennenberg.

     

    Gewissensberuhigungsbioeier sind Mumpitz und können kein Ersatz für Freiheit sein. Artgerecht ist nur die ganze Freiheit.

  • NM
    noch mal von vorne

    Es bedarf eines echten und von breiter Mehrheit getragenen Willens zum Umbau der Landwirtschaft nach ethischen Prinzipien und Werten der Achtsamkeit.

    So lange das nicht passiert, ist das Ökosiegel ein ethischer Luxus für die, die es sich leisten können und die zu betrügen sich dann für Dritte lohnt.

    Ethische Kaufentscheidungen dürfen aber kein Luxus sein. Arme dürfen nicht gezwungen sein, landwirtschaftliche Produkte aus Tierquälerei zu kaufen. Und im übrigen auch nicht Kleidung aus Sklavenarbeit.

    Die Wirtschaft muß sich den ethischen Notwendigkeiten unterordnen.

    Nicht die Verwirklichung ethischer Notwendigkeiten der Wirtschaft!

  • M
    Mauler

    Natürlich ist die Auslauffläche für PETA jetzt unwichtig. Diese falsche Behauptung ist ja schon lange durch die Presse gegangen. Jetzt kann man ruhig einen Rückzieher machen. Die Redakteure von PETA haben ihre Sensation gehabt. Der Dreck wurde geworfen und es ist etwas hängengeblieben. Auch an PETA, denn hier wurde wieder bewiesen, dass PETA unlauter arbeitet

  • M
    Michael

    „Unterscheiden lassen sich in diesem Betrieb beide Sorten durch die Schalenfarbe: braun für Freiland-, weiß für Bodenhaltung.“

     

    Es wird sicherlich genug Kandidaten geben, die den Teil "in diesem Betrieb" überlesen und von nun an braue Eier als Zeichen von Freilandhaltung interpretieren. Also die Fraktion, die Gemüse nur kaufen wenn "keine Gene drin sind".

  • DH
    Dr. Haferbeck

    Jahrelang konventionelle Eier als Bioeier verkauft, obwohl sie keine waren, bislang nicht geahndet, weil NRW-Behörden gegenüber dem Hennenberg-Clan auffällig zurückhaltend agieren - und nun, 3 Jahre später, eine ähnliche Konstellation: Bodenhaltungseier als Freilandhaltungseier vertickert - denn der Händler auf dem Wochenmarkt hat ausdrücklich Hennenberg als Lieferant der Eier genannt und die Nummer auf dem Ei ist eindeutig die umstrittene Farm in der Nordrather Straße in Velbert-Neviges.

    Ob die Auslauffläche nun doch groß genug sein soll oder nicht, ist für PETA unwichtig: Die Hühner befanden sich über Monate in schlimmstem Zustand, wie das Beweisvideo von PETA eindrücklich beweist, allein dies ist schon Verbraucherbetrug genug.

    Die Staatsanwaltschaft Wuppertal ermittelt.