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Wissenschaft und WissenschaftskritikDas Ding mit dem Tod

Vom Glauben an die Unsterblichkeit: Warum die Wissenschaft in unserer Epoche das Erbe der Religion angetreten hat.

Nicht das Ende, sondern ein Übergang. Das jedenfalls glaubten bislang alle Gesellschaften. Bild: Rina H. / photocase.com

Das Paradies verändert sich, wie die Menschen. Selbst da, wo sich die Mitglieder einfacher Gesellschaften nur über ihre Sippe begriffen haben, wo das Konzept der Individualität noch einem Todesurteil gleichkam, weil der Einzelne die Gruppe zum Überleben benötigte, selbst hier existieren Vorstellungen von einem Leben nach dem Tod. Manchmal sind diese Vorstellungen nur im übertragenen Sinne ein Paradies. Aber ihre Beschaffenheit bleibt ähnlich.

Heute verheißt die Forschung das ewige Leben. Den Nobelpreis für Medizin erhielt zuletzt der Japaner Shinya Yamanaka, weil es ihm gelang, „die Uhr zurückzudrehen“, wie ein Wissenschaftsblog Yamanakas Erfolge beschrieb, reife Zellen in pluripotente Stammzellen zu verwandeln. Aus diesen ließen sich alle Zellen gewinnen. „Das Backrezept für Unsterblichkeit“, mutmaßte die Zeit.

Für Genetiker ist der Mensch reine Information. Replizierbare Information bedeutet dann Unsterblichkeit. Wie religiös ist der Glaube daran, die Wissenschaft werde den Tod zu einer manipulierbaren Variable machen?

Die 10.000ste taz

Diesen und viele weitere spannende Texte fanden Sie in der 10.000sten Ausgabe der taz, erschienen am Dienstag, den 8. Januar 2012, am Kiosk. Immer noch erhältlich im eKiosk. In der Ausgabe schrieben ehemalige und jetzige taz-RedakteurInnen, was sie schon immer einmal schreiben wollten.

„Waren einst für die Ausrottung aller Leiden Schamanen und Wunderheiler zuständig, so sind es heute Molekularbiologen und Genetiker; und von der Unsterblichkeit sprechen nicht mehr die Priester, sondern Forscher“, schrieb Hans Magnus Enzensberger zur Entschlüsselung des Genoms 2001.

Womöglich versteckt sich die zeitgemäße Vorstellung von einem Weiterleben nach dem Tod im herrschenden Glauben an den Fortschritt. Ist der Fortschrittsglaube also die säkulare Variante religiöser Unsterblichkeitsvorstellungen?

Wieso, fragte sich der Soziologe Emile Durkheim 1912, glaubten Menschen bislang in allen Gesellschaftsformen daran, dass mit dem Ende des Lebens nur ein Übergang markiert sei? Wieso gingen sie von einem Weiterleben nach dem Tod aus? Durkheim interessierte sich nicht für die unterschiedlichen Formen, in denen Religion ihren rituellen und institutionellen Ausdruck findet. Es ging ihm nicht um Kirchen, sondern um den Ursprung des Phänomens.

Bild: taz
KAI SCHLIETER

39, ist seit fünf Jahren bei der taz und leitet das Rechercheressort. Weil er den Religionsunterricht schwänzte, wäre er beinahe nicht konfirmiert worden.

Wieso also kamen schon die Ureinwohner Australiens auf den Gedanken einer heiligen Welt, die in kategorialer Gegensätzlichkeit zur ihrer tatsächlichen Welt gedacht war? Aus irgendetwas musste sich diese Vorstellung ja speisen.

Intellektuelle Weiterentwicklung von Fell und Axt

Durkheim vermutete, dass es die Gesellschaft selbst war, die bei den einzelnen Mitgliedern diese Ehrfurcht einflößte. Die Transzendenz des Gefühl des Zusammenhalts. Das Urreligiöse, ob Gott, Götter oder Paradies, wäre dann die Abstraktion der Gesellschaft als ganzer.

Die beiden Religionssoziologen Peter L. Berger und Thomas Luckmann entwickelten Durkheims Gedanken weiter. Sie suchten nach der Funktion von Religion für den Menschen. Der Mensch sei mangels Instinkte genötigt, seine eigene Welt zu konstruieren. Der Mensch sei ein Kulturwesen und müsse sich eine soziale Wirklichkeit erschaffen, um zu überleben. Der Mensch benötige ein Koordinatensystem aus Normen, Werten und Institutionen, über das er sich seine Umwelt erschließen könne. Ein System sozialen Sinns. Die intellektuelle Weiterentwicklung von Fell und Axt.

Das Koordinatensystem der sozialen Wirklichkeit, in das neue Generationen geboren würden, erscheine dabei als gegeben, gleichsam eine Folge von Naturgesetzen, so meinten Berger und Luckmann. Nur durch diese Fiktion könne diese Konstruktionsleistung ihre Funktion erfüllen: Stabilität und Ordnung für ein Lebewesen zu schaffen, das kein angeborenes Verhalten für die Reize seiner äußeren Umwelt mit auf den Weg bekam. Im Verlauf der Sozialisation eigneten sich die Individuen diese von außen kommende „Weltsicht“ als ihre Sicht an, die ihnen dann helfe, die Umwelt zu erfassen. Diese Schnittmenge von Individuum und Gesellschaft sei verantwortlich für den Ursprungsimpuls aller Religion.

Religion, schrieb Berger 1973, „gibt den zerbrechlichen Wirklichkeiten der sozialen Welt das Fundament eines heiligen realissimum, welches per definitionem jenseits der Zufälligkeit menschlichen Sinnens und Trachtens liegt“.

Religiöse Vorstellungen erschaffen eine Ordnung, die unhinterfragbar sein soll. Deswegen gilt vielfach auch das Chaos als Widerpart des Guten und Heiligen. Religion als Antwort auf die Suche nach einer letztendlichen Gewissheit.

Heute leistet diese Orientierungsfunktion die Wissenschaft. Selbst wenn technische Systeme versagen oder Theorien scheitern: abgelöst werden sie nur von anderen technischen Systemen, von anderen Theorien; nie von einem gänzlich anderen System, das die Dominanz von Wissenschaft infrage stellen könnte.

Die Wissenschaft hat eine Monopolstellung. Sie kann als einzige ernsthaft für sich die Deutung der Welt beanspruchen. So konkurrenzlos wie einst die katholische Kirche. Deswegen ist auch der Glaube an den Fortschritt zu einem unhinterfragten Hintergrundrauschen geworden. Wir verhalten uns so, als sei er eine Gewissheit. Anders wird der selbstzerstörerische Umgang mit der Welt kaum begreiflich.

„Die noch unentzifferte Glaubensgeschichte der modernen Welt ist von der Wissenschaft im Namen der Wahrheit geschrieben und damit eben auch verhüllt worden: Sie ist als Glaubensgeschichte unkenntlich“, schrieb der Soziologe Friedrich Tenbruck 1989. Er meint: „Nach ihrer Idee, obschon nicht durchweg in ihrer Praxis, erfüllt die Wissenschaft gewisse Anforderungen des universalistischen Wahrheitsbegriffs […] indem sie nämlich ein genaues, mit letzter Gewissheit begründbares Wissen für alle sucht.“

Den Fortschrittsglauben der Aufklärung interpretieren Religionssoziologen noch als Folge des unmittelbar erlebten Aufstiegs der Bourgeoisie. Aber die Hoffnung auf den Fortschritt verknüpft sich bereits hier mit der Vorstellung von Unsterblichkeit. Denn das Fortschrittskonzept selbst speist sich aus theologischen Quellen.

Der Historiker Reinhart Koselleck verortet es in der Enthüllung der Apokalypse, die sich fortschreitend offenbare: „Mit jeder neuen Deutung und Applikation nähere man sich […] der letzten und damit endgültig wahren Deutung, die dem Weltende vorausgehe.“ Allerdings ist im christlichen Glauben der Fortschrittsbegriff nicht historisch gedacht. Denn er bleibt auf sein Ziel ausgerichtet: die Vereinigung mit Gott. Später jedoch wird gerade die Reformation zu einer Schwungfeder, die der Idee des Fortschritts Impulse gibt.

Kulturelle Überformung des Todes

Seit dem 18. Jahrhundert, so Koselleck, habe sich der Fortschrittsbegriff schließlich als innerweltliches Geschehen verselbstständigt. So leitet Kant aus dem reinen moralischen Glauben ein überzeitliches Ziel des Fortschritts ab: das Streben des Menschen nach Vollendung. Auch der Neue Mensch, der von kommunistischen Utopien geboren wird, ist ein Resultat dieser Vorstellung des Fortschritts.

Die kulturelle Überformung des Todes spielt für alle Formen von Religion eine zentrale Rolle. In der säkularen Gesellschaft verlieren konkrete Weiterlebensvorstellungen, die dogmatisch von der Kirche getragen wurden, das Paradies im Jenseits etwa, ihre Plausibilität. Doch der Tod existiert als Problem fort.

Mit der heutigen Konzeption der Fortschrittsidee werden aber alle Probleme der Menschheit zu Problemen auf Zeit, die mit weiteren Fortschritten lösbar werden. Der Fortschritt ist zum Heilsplan geworden.

Max Scheler bezeichnete den Fortschrittsgedanken als „das moralische Wertkorrelat, als ’Surrogat‘ für ewiges Leben“. Er meinte „den Fortschritt ohne Ziel, ohne Sinn – den Fortschritt, in dem das Fortschreiten selbst der Sinn des Fortschritts wird“.

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15 Kommentare

 / 
  • A
    Anne

    Sehr interessant zu lesen!! Danke dafür.

     

    Was mir noch fehlt, doch vielleicht den schon reichlichen Inhalt nicht überladen sollte:

    Manch ein Wissenschaftler wird nach exzessivem Forschen von religösen Gefühlen der Verehrung erfasst- warum nur...Die materialistische Fußfessel der heutigen Wissenschaft wurde schon angedeutet. Doch was, wenn es eine nichtmaterielle Wirklichkeit nach wissenschaftlichen Standards gibt?! (So wie ein Gedanke existiert und doch nicht greifbar ist.)

     

    Das erschüttert mühsam aufgebaute Seinsfundamente. Wer will das schon...

  • 4
    42,

    eine umfassendere Antwort auf die wirklich großen Fragen wird die Wissenschaft nie geben können, genausowenig wie die Religion.

    Der Rest ist einfach Leben.

  • KK
    Karl K

    @von Rincewind:

    Das ist, mit Verlaub, ein bisserl ein Unsinn. Weiterleben gibt es entweder, oder eben nicht. …"

     

    Genau. Oder wie Arthur Rubinstein auf die Frage: " glauben Sie an Gott?"

    gesagt hat: " Nein - aber wenn ich ihm begegne, werde ich ihm

    fröhlich die Hand schütteln "

  • O
    Otto

    "Im Traum glaubte der Mensch in den Zeitaltern roher uranfänglicher Kultur eine zweite reale Welt kennenzulernen; hier ist der Ursprung aller Metaphysik. Ohne den Traum hätte man keinen Anlaß zu einer Scheidung der Welt gefunden. Auch die Zerlegung in Seele und Leib hängt mit der ältesten Auffassung des Traumes zusammen, ebenso die Annahme eines Seelenscheinlebens, also die Herkunft alles Geisterlebens und wahrscheinlich auch des Götterglaubens. «Der Tote lebt fort, denn er erscheint dem Lebenden im Traum»: so schloß man ehedem, durch viele Jahrtausende hindurch."

    (Nietzsche, Werke,1967 u. 1981, Erster Teil, p. 235–236)

  • IE
    induzierte Eugenic

    "Warum die Wissenschaft in unserer Epoche das Erbe der Religion angetreten hat."

    Die Religion wird verkannt. Deren Ziel ist es Menschen leiden zu sehen. Beispielhaft ist der Todesengel von Kalkutta die sich an einem elendigen Todeskampf des einzelnen erfreute und mit Jesus am Kreuz verglich. Jenseits das Paradies, Diesseits die Hölle, es wurden vor lauter Freude wichtige Medikamente versagt. S. Prof. Mynarek, KH Deschner.

     

    Die Deutsche Kultur ist auf einem prostitutiven Verhältnis zwischen Staat und Kirche als Wirtschaftsunternehmen gegründet.

    Die einzige Unsterblichkeit bezieht sich nur auf das Großkapital, welches damals auch als Acker/Feld betrachtet werden kann. Apfelbäume, Reebstöcke benötigen Jahrzehnte bevor sie Früchte zwecks Ernte und Ernährung tragen. Religion=Kapital welches abgeschöpft wird.

    So ist es nicht verwunderlich das Versicherungsmathematiker alles daran setzen Lebensversicherungen nicht aus zu zahlen. Um eine Ernte der gepflanzten Früchte in Form des Kapitals betrogen, wird alles auf die eigene Unsterblichkeit gesetzt und in Banken der religiösen Wirtschaftsbetriebe gelagert. Der Vatikan ist unfehlbar unsterblich.

     

    Kulturelles Beispiel, morgens um 6 aufstehen, zwei Pillen Antidepressiva einwerfen, ein Kaffee trinken zur Arbeitsstelle gehen. Abends nach Hause kommen, dem Kind mit dem Argument "Du sollst es besser haben" eine Ohrfeige für schlechte Schulleistung schlagen. Studenten dopen sich mit Ritalin und anderem.

    Das Koordinatensystem aus Normen, Werten und Institutionen wurde drastisch reduziert. E. Durckheims Grundtypen müssen um Karoshi erweitert werden, Totarbeiten.

     

    Religiös induzierte Selektion der Unsterblichkeit. Auszüge, Zitate:

    "Den weltweiten Gültigkeitsanspruch US-amerikanischer Eugenik betont 1912 der stellvertretende Landwirtschaftsminister und Initiator der American Breeders Association, Willet Hays, in seinem Artikel "Constructive Eugenics". Jeder Erdenbürger soll eine elfstellige Kennummer (TIN ?)zugeteilt bekommen. Aus diesem Code soll sich die Abstammung ablesen lassen;".......

    "Eine erstklassige Gelegenheit, den US-amerikanischen Führungsanspruch durch-zusetzen, ergibt sich beim Ersten Internationalen Kongress für Eugenik in London."....

    "Das andere bemerkenswerte Ergebnis des Londoner Eugenik-Kongresses neben dem Sieg der negativen Eugenik stellt die Gründung des Permanent International Eugenics Committee (PIEC) als weltumspannender Dachorganisation der Eugenik dar, die später in International Federation Eugenic Organizations (IFEO) umbenannt wird."

    Deutschland und seine Einrichtungen waren/sind sehr aktiv.

    "Ernst Rüdin was director of the Deutsche Forschungsanstalt für Psychiatrie (DFA)" und Max Planck setzte sich für ihn ein.

    http://en.wikipedia.org/wiki/Eugenics

     

    Die Wissenschaft rechnet schon lange mit der Unsterblichkeit und sucht weltweit das Gottes Gen.

  • D
    DenialFileFan

    Ganz guter Artikel, aber was fehlt steht bei Stephen Cave "Unsterblich" oder am besten gleich bei Ernest Becker "Dynamik des Todes" (Engl. Denial oft Death).

  • BE
    Björn Eriksson

    Gesetzt den Fall, der Mensch sei reine Information, und da dem so wäre, sei Unsterblichkeit über Replizierung in ein perpetuum mobile eines unteilbaren Einzeldings (sprich: Individuum) sichergestellt, sobald nur die hierfür erforderliche Technik beherrscht werde, bestünden dann in jedem Einzelfall nicht genau zwei Möglichkeiten, über welche genau eine Replikation initiiert werden könne, nämlich die Verfügung über sich selbst und/oder die Verfügung durch Andere?

     

    Und gäbe es dann nicht auch genau zwei Möglichkeiten, für welche sich jedes Individuum entscheiden könne: die Forderung nach Replikation, und die Verweigerung derselben?

     

    Was die Frage nach dem Beweggrund der Entscheidung bei jedem Einzelfall einer getroffenen Auswahl aufwerfe. Ist nach den Regeln menschlicher Logik zu erwarten, dass ein Entscheider eine Zustimmung zu einer Replikation erteile, da er sich davon einen Schaden für sich verspreche? Und wenn nun im Falle der Zustimmung zu einer Replikation diese deswegen erteilt werde, weil sich der betroffene Entscheider einen Nutzen daraus erwarte, welchen Arten könnten dann die möglichen Nutzen zugeordnet werden?

     

    Entschiede jemand über sich selbst, da er sich daraus einen Nutzen erwarte, wird sich für die Bezeichnung dieses Nutzens eines Tages sicher auch noch eine andere Vokabel als die Vokabel „Selbstsucht“ finden lassen, und entschiede nicht der Betroffene selbst, da er sich daraus einen Nutzen erwarte, wird sich für die Bezeichnung jenes Nutzens eines Tages sicher auch noch eine andere Vokabel als die Vokabel „Ausbeutung“ finden lassen.

    Werden doch mit der heutigen Konzeption der Fortschrittsidee alle Probleme der Menschheit zu Problemen auf Zeit, die mit weiteren Fortschritten lösbar werden ;-)

  • T
    tfunker

    Was nicht zur Sprache kommt, jedoch aber die bedeutende Triebfeder für postmortale und eternale Konzepte ist, ist die Angst vor dem Verlust nahestehender Menschen, sobald man einen solchen Schmerz erlitten hat, sowie die Angst vor der Auflösung der eigenen Identität, die sich offensichtlich aus dem Ableben ergibt. Diese Angst wiederum begründet sich in Liebe.

     

    Der Intellekt, der maßgeblich die Persönlichkeit formt, leugnet die unumgängliche Vernichtung - hat der aber eigentlich nichts entgegenzusetzen als ein gedankliches Konzept. Das hilft zumindest, die Angst ein bisschen zu überpinseln, lässt uns aber zugegebenermaßen ein wenig lächerlich erscheinen.

     

    Religion, und in diesem Kontext der sprirituellen Praxis, gelingt es nun, stattdessen, die Angst in Liebe zu transformieren. Dieser Transformationsprozess ist ein evolutionärer Schritt, und somit auch ein Fortschritt, und der Glaube daran (nicht zu verwechseln mit "wähnen") gibt uns die Kraft, ihn zu vollziehen.

  • S
    Synoptiker

    Sehr interessant, gute Arbeit von Kai Schlieter. Man braucht seine Zeit, um das alles zu verarbeiten. Und man muss lesen! Danke, für die Anregungen !

  • P
    Peer

    Viele steile Thesen im Ton der Gewißheit vorgetragen, aber doch sehr löcherig und ohne echten Tiefgang. Der Wilde mit Kollektivseele, die Wissenschaft die sich im Besitz der Wahrheit wähnt und nicht Fähig ist ihrer Grenzen inne zu werden usw...

  • R
    Rincewind

    Das ist, mit Verlaub, ein bisserl ein Unsinn. Weiterleben gibt es entweder, oder eben nicht. Eine Unsterblichkeit in der allgemeinen Menschheit ist doch völlig unpersönlich und auch nur zeitlich begrenzt. Dann doch ehrlich atheistisch sagen es gibt sie nicht

  • S
    S.T.

    Die Kritiklosigkeit, mit der der Autor seine Quellen unkommentiert weiterverbreitet, liegt auf einem Niveau, das der TAZ meines Erachtens nicht würdig ist. Im Grunde tut dieser Artikel nichts anderes, als das längst und oft widerlegte Argument aufzuwärmen, dass Wissenschaft nur eine weitere Religion sei.

    Sie ist es nicht, weil kein ernstzunehmender Wissenschaftler jemals absolute Antworten für unmessbare Phänomene gegeben oder unüberprüfbare Heilsversprechen gemacht hat. Wissenschaft beschreibt Beobachtungen und deren Muster und versucht, daraus Schlüsse zu ziehen. Was hier einer Religion gleichgestellt wird, ist das Verständnis von Wissenschaft, das durch populärwissenschaftliche Interpretationen von Journalisten transportiert wird, die bei dem Versuch scheitern, begrenztes eigenes Fachwissen mit notwendiger Vereinfachung für eine breite Leserschaft zu vereinigen.

    Einige Thesen, die hier vorgelegt werden sind schlicht abenteuerlich bis falsch. Aus Stammzellen Unsterblichkeit zu machen, lässt so viele Schritte aus, dass ich gar nicht weiß, wie ich sie aufzählen soll. Die Abwesenheit von Instinkten beim Menschen wird zur längst überholten Abgrenzung von der Tierwelt benutzt, obwohl ähnliches Verhalten bei allen Säugetieren im Vergleich zu etwa den Reptilien zu einem gewissen Grad beobachtet wird. Die daraus abgeleitete Schlussfolgerung, der Mensch benötige ein "Koordinatensystem aus Normen, Werten und Institutionen", die nur die Religion geben kann, missachtet die Fähigkeit des Menschen zu unabhängigen sozialen Umgangsformen und einem inhärenten Gerechtigkeitsempfinden.

    Als unabhängiger Überblick über die Sinnsuche des Menschen zum Tod sollte dieser Artikel zur Überarbeitung zurück auf den Schreibtisch geschickt werden.

  • VB
    Volker Birk

    Der Autor versteht nicht, was Wissenschaft ist.

     

    "Die Wissenschaft hat eine Monopolstellung. Sie kann als einzige ernsthaft für sich die Deutung der Welt beanspruchen. So konkurrenzlos wie einst die katholische Kirche." schreibt er.

     

    "Die Wissenschaft" wie "die katholische Kirche". Dabei ist es der Wissenschaft wesentlich zu zweifeln. Es ist ihr wesentlich, grundsätzlich mehrere unterschiedliche Theorien und Deutungen in Konkurrenz zu setzen, und Deutungen, die nicht wahr sein können, bei Nachweis der Unwahrheit wieder zu verwerfen (im kritischen Rationalismus), oder sogar erst gar keinen Wahrheitsanspruch zu erheben, sondern nur den der Praktikabilität (im Positivismus).

     

    Damit unterscheidet sich jede Wissenschaft fundamental von einer Kirche, zumal von einer zentralistischen wie der röm.-kath. Es gibt keine Dogmen, sondern stattdessen Ergebnisoffenheit.

     

    Übrigens auch in Fragen des Lebens nach dem Tode. Mit Ockhams Rasiermesser nimmt man an, da sei gar keins, bis es bessere Erkenntnis gibt.

  • M2
    my 2ct

    Als naturwissenschaftlich zumindest überdurchschnittlich gebildeter erlaube ich mir zu behaupten, daß es etwas wie die "Weltformel", auch wenn sie ja oft nur mit ironischem Unterton als solche postuliert wird, nicht geben kann.

    Da hilft auch kein CERN, auch wenn das interessante Spielerei ist.

    Ich halte es für notwendig, daran zu arbeiten, dass es sie nicht so geben wird wie es die Unfehlbarkeit des Papstes gab, als Dogma. Schon vieles, was sich heute als Rationalismus ausgibt, ist nichts anderes als zweckdienliche Ideologie.

     

     

    Wirklich große Wissenschaftler/innen, nicht die Clowns, die heute für Nonsens Nobelpreise bekommen, der die Rüstung voranbringt, sind spätestens am Ende ihres Lebens spirituell geworden.

     

    Der Wettlauf heute besteht zwischen diesem spirituellen Erwachen und dem Materialismus, welcher, wie im Artikel dargelegt, die Fortschrittsgläubigkeit in der einen oder anderen Form impliziert haben muß, und wenn es nur auf dem Low-Level des "jedes Jahr was neues zum Konsumieren" ist.

     

    Den Kram mit der Weltformel nenne ich nur stellvertretend für den Ansatz, alles aus der Wissenschaft heraus erklären zu wollen

  • U
    Uli

    Wohin der Fortschritt uns führt, werden wir aber vielleicht nicht mehr erleben ...

    Die Monopolstellung der Wissenschaft wird ab und zu relativiert, wenn wir fünf verscheidene Wissenschaftler mit fünf verschiedenen Meinungen zu derselben Sache hören.

    Ob es nach dem Tod nicht doch weitergeht, sollten Sie mal Leute fragen, die ein so genanntes "Nahtoderlebnis" gehabt haben. So etwas haben übrigens auch schon Atheisten gehabt, aber die sind jetzt keine Atheisten mehr ...

    Vielleicht hat der Mensch auch die Vorstellung von Gott entwickelt, weil er Gott begegnet ist oder Gott ihm begegnet ist - könnte doch sein ...