Unfairer Handel mit Kaffee: Bauern erhalten zu wenig Geld
Spekulanten und Konzerne machen hohe Gewinne mit dem Verarbeiten der Bohnen. Die Erzeuger dagegen können vom Anbau kaum leben.
Die Effekte des Klimawandels und die niedrigen Preise für Rohkaffee belasten die rund 25 Millionen Kaffeebauern weltweit. Junge Leute wollen immer seltener in ihre Fußstapfen treten, so Thomas Antkowiak, beim bischöflichen Hilfswerk Misereor für den Bereich Fairer Handel zuständig. „Wir müssen heute bereits von Kaffeeflüchtlingen sprechen“, sagt er. Der Kaffeeanbau garantiert kein existenzsicherndes Einkommen mehr. Der derzeitige Marsch der Migranten aus Honduras, Nicaragua und Guatemala durch Mexiko in Richtung USA ist auch eine Folge dieser Entwicklung.
„In Mittelamerika tickt eine soziale Bombe, die zu explodieren droht, weil von den Gewinnen im Kaffeehandel kaum etwas bei den Produzenten ankommt“, mahnt Gerardo de León. Derzeit kosten 50 Kilogramm Rohkaffee 122 US-Dollar. Verarbeitet, geröstet und gemahlen wird damit ein Umsatz von 13.000 US-Dollar erwirtschaftet.
Die Gewinner sind große Konzerne wie Nestlé, die Neumann Kaffeegruppe oder Jacobs Douwe Egberts. 75 Prozent des weltweiten Kaffeeumsatzes werden, so Gerardo de León, von den großen Konzernen zu Börsenpreisen abgewickelt. Jedes Mal, wenn einer der Großproduzenten, sei es Brasilien, Vietnam oder auch Kolumbien, positive Ernteprognosen in die Welt setzt, schlägt die Stunde der Spekulanten. Sie sind mitverantwortlich für einen ruinösen Wettbewerb zulasten der Produzenten.
Alternative Röstereien zahlen besser
Fedecocagu, mit rund 2.000 Kaffeebauern der größte Genossenschaftsverband Guatemalas, verkauft in aller Regel an Unternehmen wie das Fairhandelshaus Gepa und ähnliche Abnehmer. Sie zahlen 1,80 US-Dollar für Kaffee aus konventionellem Anbau, 1,90 US-Dollar pro Pfund aus organischem Anbau. „Damit kommen die Bauern über die Runden“, sagt Gerardo de León. Wünschenswert sei ein Preis von 2,50 US-Dollar pro Pfund.
Hier setzten alternative Röstereien aus den USA, Europa und auch Australien an. So zahlt die Hamburger Direktimport-Rösterei „quijotekaffee“ 2,90 US-Dollar pro Pfund Rohkaffee, wobei hohe Qualitätsstandards verlangt werden. Der Idee von mehr Transparenz beim Kauf folgen immer mehr alternative Direktimporteure und Kleinröster. „Wir hoffen, die Großen von Aldi bis Jacobs Douwe Egberts irgendwann unter Zugzwang zu setzen“, so Andres „Pingo“ Felsen von „quijotekaffee“. Das könnte die soziale Misere in den Kaffee produzierenden Ländern dämpfen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin