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Umstrittene EU-Agrar-SubventionMillionen für den Stierkampf

Das EU-Parlament stimmt über Agrarsubventionen für Höfe ab, die Nachschub für die Stierkämpfe züchten. Die Grünen sprechen von Tierquälerei.

Europäischer Stier in spanischer Arena. Bild: ap

BERLIN taz | Das Europäische Parlament will am Mittwoch darüber entscheiden, ob die EU weiter mit Agrardirektzahlungen die Zucht von Kampfstieren subventionieren soll. Das Plenum stimmt laut Tagesordnung am Mittwoch über einen Antrag des niederländischen Grünen-Abgeordneten Bas Eickhout ab, solche Beihilfen aus dem EU-Budget 2015 zu verbieten.

„Haushaltsmittel dürfen nicht genutzt werden, um die Zucht oder Haltung von Stieren zu unterstützen, die für tödliche Stierkampf-Aktivitäten eingesetzt werden“, lautet der Ergänzungsantrag zum Haushaltsentwurf. Eickhout beruft sich auf das Europäische Übereinkommen zum Schutz von Tieren in der Landwirtschaft, wonach Tieren keine „vermeidbaren Leiden oder Schäden“ zugefügt werden dürfen.

Beim Stierkampf dagegen, so argumentiert Eickhout weiter, würden „mit Lanzen, Schwertern, Dolchen und Spießen bewaffnete Männer“ Stiere quälen. „Sie versuchen, den Tod so lange wie möglich herauszuzögern, um ihre Show spektakulärer zu machen“, kritisiert der Niederländer. „Schließlich wird dem durch Blutverlust geschwächten Tier der Hals durchgeschnitten.“ Solchen Veranstaltungen fallen dem Deutschen Tierschutzbund zufolge in Spanien jährlich etwa 30.000 Stiere zum Opfer.

Die Europäische Union zahlt keine Agrarsubventionen extra für den Stierkampf. Aber ein Teil ihrer jährlich 30 Milliarden Euro Direktbeihilfen für landwirtschaftliche Flächen in den EU-Mitgliedstaaten fließt auch an Betriebe, die Kampfstiere züchten. Offizielle Zahlen liegen nicht vor. Die Grünen schätzen, dass jährlich Subventionen in Höhe von 130 Millionen Euro dem Stierkampf zugutekommen.

26 Millionen EU-Euro

Ein Abgleich der Mitgliederliste des Züchterverbands UCTL mit der spanischen Subventionsdatenbank durch die taz zeigte: Allein etwa 200 der 1.400 in Spanien registrierten Züchter erhielten 2009 insgesamt rund 26 Millionen Euro von der EU. Das waren durchschnittlich 130.000 Euro pro Betrieb, von denen die deutschen Steuerzahler 20 Prozent schulterten.

Ähnliche Anträge zur Änderung des EU-Haushalts haben die Grünen schon in den vergangenen Jahren vergeblich gestellt. Dieses Mal allerdings hat der Umweltausschuss des EU-Parlaments zugestimmt. Die Grünen mobilisierten besonders in Tierschutzkreisen. Eine Internetpetition für den Antrag unterzeichneten mehr als 69.000 Menschen. Der Haushaltsausschuss dagegen lehnte den Antrag ab.

Zwar will auch der Haushaltsausschuss-Vizechef, der Deutsche Jens Geier, verhindern, dass die EU den Stierkampf subventioniert. „Aber so, wie die Grünen das vorschlagen, kommen wir nicht zum Ziel“, teilte der Sozialdemokrat der taz mit. „Denn es ist unkontrollierbar, ob ein Stier zur Zucht eingesetzt wird, als Schlachtvieh endet oder in der Stierkampfarena. So viele Beamte, die das erheben und überwachen müssten, kann niemand bezahlen.“

Stierkampfbefürworter argumentieren zudem, dass es sich hier um eine spanische Tradition handele. Außerdem könnten sich die Stiere jahrelang auf großen Flächen im Freien bewegen.

Sollte das Plenum des Europaparlaments dem Antrag der Stierkampfgegner nun grünes Licht geben, müssten die Parlamentsvertreter darüber mit dem Europäischen Rat der Mitgliedstaaten verhandeln. Der Ausgang dieser Gespräche, die im November stattfinden sollen, ist ungewiss.

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6 Kommentare

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  • Es geht nicht darum, ob es genug kontrollierende Beamte gibt. Das ist vorgeschoben. Unser Recht und das Recht in der EU gehen davon aus, dass Gesetze und Regeln befolgt werden. Erst bei Verstößen tritt die Ordnungsmacht, also die Polizei, auf den Plan (reaktiv). Sonst müsste an jeder Ampel ein Verkehrspolizist stehen. Aber das Argument ist beliebt, wenn man nix tun will.

  • "unkontrollierbar"? Die Tiere haben alle Ohrmarken, oder gibt es da für sog. 'Kampfstiere' eine Ausnahme?!

  • Es ist doch keine Frage, dass diese Sauerei abgeschafft werden muss.

    Das ist subventionierte Tierquälerei-nichts weniger. Ich verstehe aber auch diese Idioten nicht, die im Publikum sitzen, und sich diese Sauerei ansehen. Diese Primitivlinge, die sich an den Qualen eines Tieres weiden, gehören sofort in die Psychatrie-denn die sind krank.

  • Nein, es ist nicht unkontrollierbar, ob ein Stier zur Zucht eingesetzt wird wird, als Schlachtvieh oder ob er in einer Arena oder einem anderen Spektakel endet. Diese Kontrolle als unbezahlbar zu deklarieren ist maßlos übertrieben, vor allen wenn man bedenkt, welche Summen von der EU an Kampfstierzüchter fließen. Die Stierkampflobby freut sich sehr über diese Gelder und hat dies auch schon öffentlich kund getan. Das ist eine Schande!

  • Ich sehe überhaupt nicht ein, wieso ich diese perverse "spanische Tradition" mithilfe meiner Steuerzahlungen mitfinanzieren soll!

  • Die Schweineställe der Massentierhaltung, in denen die Schweine ihr Leben verbringen, werden genauso wie jede andere industrielle Tierproduktion

    in der EU subventioniert. Die Subventionierung der Stieraufzucht ist nur ein

    kleines Beispiel aus Spanien, die Ställe hier im nächsten Dorf sind nichts Anderes.