US-Politiker Mitch McConnell: Gnadenlos an die Macht
Der Republikaner Mitch McConnell wird Mehrheitsführer im US-Senat. Mehr Einfluss geht nicht. Dabei steht er für wenig, er ist ehrgeiziger Opportunist.
Das Aufregendste an Mitch McConnell liefert John Stewart. Der Moderator der „Daily Show“ hatte für den nach den Zwischenwahlen nun mächtigsten Mann im US-Kongress im März einen eigenen Hashtag kreiert. Unter #mcconneling rief er dazu auf, die besten Lieder unter einen Wahlkampfspot des Senators aus Kentucky zu legen.
In dem Film sieht man nur eins: McConnell, der lächelt. Im Büro, mit seiner Frau, bei einer Wahlkampfveranstaltung. Es werden keine Inhalte transportiert, die Botschaft ist allein das Lächeln des 72-Jährigen mit dem fliehenden Kinn, grauen Haar und randloser Brille. Listenweise gibt es dieses Video im Netz – mit Liedern aller Genres.
McConnell wird es verschmerzen, denn der Jurist hat mit seiner sechsten Wahl in den Senat geschafft, was er laut übereinstimmenden Medienberichten immer sein wollte: Mehrheitsführer der Republikanischen Partei. Mehr Macht geht nicht im Kongress. Er kann Präsident Barack Obama beliebig vor sich hertreiben. Und diese Karriere hat McConnell praktisch ohne Inhalte erreicht. Er steht für nichts, ihm haftet kein eindeutiges Label an, er ist Opportunist im reinsten Sinne. Hauptsache, er kann die Vorhaben seiner Gegner blockieren.
Seit 1984 sitzt er im Senat, seit 2006 führt er die Republikaner dort an. Für einen amerikanischen Politiker ist er erstaunlich wenig charismatisch, im Fernsehen kommt er nicht gut rüber. Aber er kennt das Geschäft. Gnadenlos identifiziert er die Schwächen seiner Gegner und attackiert sie. Wofür braucht man eigene Schwerpunkte, wenn man die Gegner zerstören kann? Eine Taktik, die für McConnell aufgegangen ist. Mehr als 22 Millionen Dollar (gut 17 Millionen Euro) hat er für seinen Wahlkampf ausgegeben, 1,8 Millionen davon hat er aus eigener Tasche zugeschossen. Der Vater seiner zweiten Frau, Elaine Chao, ist vermögend. Sie war Arbeitsministerin im Kabinett von George W. Bush.
Obama brüskieren
McConnell hat bei seinem Sieg dabei auch, wie so viele Republikaner bei dieser Wahl, von Obamas schlechtem Image profitiert. Das zunächst erwartete enge Rennen gegen seine demokratische Kontrahentin Alison Lundergan Grimes hat er locker für sich entschieden.
In seiner Siegesrede am Dienstag hat er sich watteweich gegeben und Obama in nuschelndem Südstaatenakzent angeboten, zusammenzuarbeiten. Wahrscheinlich ist diese Zusammenarbeit nicht, denn McConnell treibt die Lust an der Macht und schon 2010 sagte er: „Das wichtigste Ziel, das wir erreichen wollen, ist, dass Präsident Obama nur eine Amtszeit hat.“ Das ist ihm nicht gelungen, aber Obama nun zu blockieren und mit immer neuen Gesetzen zu brüskieren ist nicht weniger verlockend.
Am Ende seiner Rede sagt er, es sei Zeit, „eine neue Richtung einzuschlagen“. Doch welche Richtung Mitch McConnell tatsächlich wählen wird, ist in diesem Moment womöglich nicht mal ihm klar. Aber auch ohne klare Überzeugungen, das zeigt sein sechster Wahlsieg, ist Erfolg möglich. Darüber wird er selbst vermutlich am meisten lächeln.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands