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UN gegen Mädchenbeschneidung„Verletzung der Menschenrechte“

Die Generalversammlung der Vereinten Nationen beschließt eine umfassende und weltweite Ächtung der Genitalverstümmelung bei Mädchen.

Aufklärungskampagne in Ägypten über die Genitalverstümmelung bei Mädchen. Bild: reuters

BERLIN taz | Die Vereinten Nationen haben einen als historisch bewerteten Schritt hin zur internationalen Ächtung der Genitalverstümmelung bei Mädchen getan. Ein Ausschuss der UN-Generalversammlung verabschiedete am Montag per Akklamation eine Resolution, die alle Staaten auffordert, Maßnahmen bis hin zu einem Verbot zu treffen, um Frauen und Mädchen vor „dieser Form der Gewalt“ zu schützen und die Straflosigkeit dafür zu beenden.

Das Votum fand im „Dritten Komitee“ der UN-Generalversammlung statt, das sich mit sozialen, humanitären und kulturellen Themen befasst; seine Bestätigung durch die Vollversammlung wird im Dezember erwartet und gilt als Formsache.

Mädchenbeschneidung bis hin zur brutalstmöglichen Form der Entfernung sämtlicher Genitalien ist vor allem unter Muslimen in Afrika verbreitet und trifft nach Schätzungen drei Millionen Menschen pro Jahr. In zahlreichen Staaten ist die Beschneidung verboten, wird aber trotzdem weiter praktiziert.

Die Afrikanische Union hatte 2011 beschlossen, ein internationales Verbot auf UN-Ebene zu befördern. Die jetzt verabschiedete, nicht bindende Resolution wurde zuerst von der afrikanischen Staatengruppe bei der UNO vorgelegt und jetzt von 110 der 193 UN-Mitgliedstaaten gemeinsam eingebracht.

Frauenorganisationen sehen die Verabschiedung als wichtiges Mittel, um renitente Regierungen unter mehr Druck zu setzen, ein Verbot der Mädchenbeschneidung und eine Umschulung der Beschneiderinnen umzusetzen.

Der Text bezeichnet die Mädchenbeschneidung als „irreparable, unumkehrbare Verletzung der Menschenrechte von Frauen und Mädchen sowie eine Bedrohung ihrer Gesundheit“ und erklärt den 6. Februar zum „Internationalen Tag von null Toleranz gegen weibliche Genitalverstümmelung“.

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15 Kommentare

 / 
  • T
    Tobias

    Die wahren Hintergründe für weibliche Genitalverstümmelung, ob in Afrika, Indonesien, Malaysia (den USA und auch in Europa) sind immer die gleichen:

    1) Aufrechterhaltung des Patriarchats mittels Gewalt.

    2) Der Körper der Frau dienst dem alleinigen Lustgewinn des Mannes.

    3) Die Frau ist Ware und persönlicher Besitz. Die Tochter eine Aussicht auf Gewinn (Kamele).

    4) Unterdrückung der weiblichen Libido.

    5) Unterdrückung der weiblichen Selbstentfaltung und Selbstbestimmung.

    6) Schönheitswahn, der dem selbstgefälligem Bild des Mannes gefällt und der Gesundheit der Frau schadet.

     

    (Sitte, Religion und Tradition sind sekundär bzw. dienen als Vorwand - v.a. in patriarchalen/moslemischen Gesellschaften)

     

    Bubenbeschneidung (bzw. MGM, männliche Genitalverstümmelung)

    - ist in vielen armen Ländern Gesundheitsgefährdent,

    - Schönheitswahn, der dem selbstgefälligem Bild des Menschen gefällt und der Gesundheit des Mannes schadet.

     

    Für beide gilt: Sie entsprechen weder den Menschenrechten noch der KRK (Kinderrechtsonvention), zB. Schutz des Kindes vor Gewalt, Misshandlung, ... (Artikel 19) oder Recht auf freie Religonsausübung, ... usw

  • E
    Ereperere

    SO also wirklich. Bei Mädchen ist es Genitalverstümmlung und bei Jungs Religiöse Freiheit? Oder Kulturelle Identität?

     

    Schlechter Witz

  • D
    D.J.

    @Daniel Preissler,

     

    "zum anderen könnte man genau damit argumentieren, dass es im Koran eben nicht verlangt wird (oder meinst du das damit?)"

     

    Völlig richtig (übrigens kommt auch die männliche Beschneidung nicht im Koran vor). Aber 99% der Muslime erkennen nun mal prinzipiell die Autorität der Hadithe an (was natürlich nicht heißt, dass so viele eine weibliche Beschneidung parktizieren). Man sollte aber auch erwähnen, dass m.W. die brutalsten Formen weiblicher Beschneidung im Islam nicht praktiziert werden.

  • D
    Demokratie-Troll

    Rein rechtlich betrachtet ist die Genitalverstümmelung in Deutschland verboten, egal ob bei Jungs oder Mädchen in leichter oder krasser Form angewendet. Ob nun die männliche Vorhaut oder die weibliche Entsprechung, nach dem Gleicheitsgrundsatz wurden beide Fälle gleich behandelt.

    Zukünftig wird es hier durch Gesetzesänderung einen Unterschied geben und sogar von einer Einwilligung des Betroffenen kann zukünftig abgesehen werden, wenn es sich um einen Jungen handelt.

    Über die Totalentfernung für die Funktion des Geschlechtsteil relevanter Teile müssen wir nicht diskutieren. Da wird sich nichts ändern.

  • FK
    Fritz Katzfuß

    Zieht euch den Stil der Vorhautbeschneidung entspricht Genitalverstümmelung der Jungen doch mal richtig rein, und ihr erkennt, es ist der gleiche Stil mit dem früher die Triebhaftigkeit der Vorhautbefreiten beklagt wurde miitels derer sie so manche blöde Maid ... huhuhuhu

  • DP
    Daniel Preissler

    "Dieser Sexismus ist unerträglich."

    Naja, manchmal leiden halt die Richtigen!

     

    Liebe "Jungenbeschneidung-kann-im krassesten-Fall-genauso-schlimm-sein-wie-die-leichteste-Variante-der-Mädchenbeschneidung" - Trompeter,

    eure Haltung zeigt mir, dass ich mich zu Unrecht für einen bisweilen unausgeglichenen Menschen halte. Man muss schon ziemlich schräg drauf sein, um die prinzipiellen Unterschiede übersehen zu können.

     

    Es ist richtig, dass manche Formen der Beschneidung bei Jungen sehr brutal sind. Es ist ebenfalls richtig, dass auch bei weniger brutalen Varianten etwas schief gehen kann.

    Mädchenbeschneidung dagegen ist eine Form körperlicher Verstümmelung und sozialer Unterdrückung (obwohl letzteres heute zumeist unbewusst geschieht und dies wohl nirgends mehr die primäre Intention ist).

     

    PS: Olivers Meinung zu Verboten teile ich weitgehend. Ich glaube nicht, dass sich dadurch viel ändern wird. Viele Afrikaner haben mit der UNO rein gar nichts zu tun. Manche wissen noch nichtmal, dass Frauen andernorts nicht beschnitten werden. An deine religiöse Aufklärung glaube ich auch nicht, D.J.. Zum einen ist das völlig unrealistisch, zum anderen könnte man genau damit argumentieren, dass es im Koran eben nicht verlangt wird (oder meinst du das damit?). Vermutlich kann man über den Koran sogar erzählen was man will. Ich glaube nicht dass wesentlich mehr Afrikaner den Koran gelesen haben als Mitteleuropäer die Bibel auf lateinisch.

     

    Also Zusammengefasst: Hoffnung gibt es kaum, aber den Zynismus sollte man sich sparen (und strukturelle Gleichsetzungen sind zynisch).

     

    Freundliche Grüße, DP

  • I
    irmi

    Beschneidung ist bei Jungen echt eine kleine Sache.

     

    Die Mädchen zu beschneiden ist schwerste Körper-verletzung mit verheerenden Folgen. Warum wird das gemacht ? Männer dürfen Spaß haben wann und mit wem und natürlich so oft SIE es wollen, die Frauen nicht. Man schneidet nicht nur die Klitoris weg sondern auch die Schamlippen, näht dann noch die Scheide zu. So bilden sich enorme Infektionen, die auch zum Tod führen können, der Sex macht heftige Schmerzen und noch schlimmer ist dann die Geburt. Nach der Geburt, wenn die Nahtstellen gerissen sind, werden sie wieder zugenäht. Das alles zusammen ist ein unmenschliches Verbrechen an geschlechtsreifen Mädchen nicht nur körperlich auch seelisch. Sollte, nein muss weltweit abgeschafft werden. Warum sollen Frauen leiden während die Männer immer ihren Spaß haben können ??

     

    Es soll Leute in Europa geben die fliegen ihre Mädchen unter einem Vorwand in ihre Heimatländer um die Beschneidung durchführen zu lassen.

  • TR
    Thorsten Reinert

    An männlichen Kinder-Genitalien "darf" herumgeschnippelt werden. An weiblichen natürlich auf keinen Fall, denn das wird als Verletzung der Menschenrechte angesehen.

    Geht´s noch?

    Schluss mit dem ganzen männer- und jungenfeindlichen Scheißdreck!!!

  • J
    Jörn

    Die Resolution ist ein grosser Schritt nach vorne und ohne Einschränkungen begrüssenswert.

    Das gilt auch für den Aspekt, dass die leichteste Form der Beschneidung - die Entfernung der Klitoris-Vorhaut - ebenfalls geächtet wird. Diese ist mit der Beschneidung von Jungen durchaus vergleichbar. In dieser Hinsicht ist die Resolution klar sexistisch, weil sie Mädchen stärker schützt als Jungen. Zu kritisieren daran ist jedoch nicht der Schutz von Mädchen sondern der fehlende Schutz von Jungen.

    Schade dass die UN es (noch) nicht geschafft hat, hier gleichberechtigte und nicht sexistische Resolutionen zu verabschieden. Es ist schwer zu verstehen, dass Jungen der UN nicht schützenswert erscheinen. Dies wirft einen Schatten auf diese sonst so positive Initiative.

  • I
    ingo

    Wenn jetzt noch die Genitalverstümmelung bei Jungs geächtet wird besteht doch noch Hoffnung.

     

    Andernfalls wird es moralisch gesehen schwer eine Beschneidung der Klitorisvorhaut zu verbieten. Medizinisch sind diese unterschiedlichen Behandlungen jedenfalls nicht zu erklären.

  • W
    Warum?

    Die wenigsten wissen, dass diese qualvolle Verstümmelung auch in Europa und in Teilen von Amerika (USA) seinen Stützpunkt bis zur Mitte des letzten Jahrhunderts (um 1960) herum hatte. Hier waren es vor allem "hysterische" Frauen in Kliniken,denen die Klitoris (unsere Perle!) weggeschnitten wurde. Marilyn French berichtet als erste Autorin bereits 1993 in ihrem Buch "Der Krieg gegen die Frauen" davon!

  • D
    D.J.

    Weibliche Beschneidung ist auch unter den Kopten und den christlichen Äthiopiern weit verbreitet, daneben auch unter nichtchristlichen/nichtmuslimischen Volksgruppen. Es ist also bei weitem nicht nur ein muslimisches Problem. Allerdings gibt es bei vielen Muslimen starken Widerstand gegen ein Verbot der Klitorisbeschneidung, da diese Praxis mit einem angeblichen Hadith Mohammeds begründet wird. Ohne religiöse Aufklärung also keine Abschaffung der Frauenbeschneidung, ob man es wahr haben möchte oder nicht.

  • O
    Oliver

    In Tanzania ist Mädchenbeschneidung verboten. Trotzdem werden 90% der Mädchen beschnitten. Verbote bringen anscheinend nicht viel in Afrika. Statt das Geld für Konferenzen und Resulutionen die gern wirkungslos bleiben auszugeben, sollten damit unbeschnittene Afrikanerinnen gefördert werden, diese werden in Ihren Heimatländer nämlich häufig diskriminiert. Erst wenn die Afrikaner sehen, das es einer unbeschnittenen Frau besser geht, wird sich an der Beschneidungspraxis etwas ändern, sicher nicht durch solche Konferenzen.

    Was die Frauenbeschneidung mit Islam, oder islamischen Länder zu tun haben soll, ist mir schleierhaft, sie stammt wohl eher aus afrikanischen Naturreligionen.

  • B
    Bob

    ...schon irgendwie lächerlich (heißt nicht das ich es schlecht heiß...nur hat es nun einmal einen gewissen Beigeschmack...-.-...) wenn man dann auf der anderen seite eine legaliseirung der Jungenverstümmelung ohne weiteres hinnimmt und dies sogar in der westlichen Welt...*facepalm*...

  • H
    Horsti

    Da Menschenrecht unteilbar sind, empfehle ich der UN mal die Jungenbeschneidung genauso zu ächten. Aber nein, das bleibt weiterhin erlaubt. Dieser Sexismus ist unerträglich.