piwik no script img

Tote Soldaten in der TürkeiFrieden mit der PKK nicht in Sicht

Die Auseinandersetzungen zwischen Kurden, der Polizei und der Armee in der Türkei werden härter. Der Mord an drei Soldaten empört.

Die Stimmung in der Türkei ist angespannt: die Flagge der Kurden. Bild: dpa

ISTANBUL taz | Ein Mordanschlag auf drei junge Wehrpflichtige in der kurdischen Provinzstadt Yüksekova am Wochenende hat die innenpolitischen Spannungen in der Türkei verstärkt. Die Soldaten waren zum Zeitpunkt des Anschlags nicht im Dienst und schlenderten unbewaffnet durch die Innenstadt von Yüksekova, einer Kreisstadt im Länderdreieck Türkei–Irak–Iran, als sie von vermummten Männern erschossen wurden.

Nationalistische Zeitungen wie Sözcü machten am Sonntag mit Fotos der Ermordeten auf und heizten die ohnehin schon extrem angespannte Stimmung weiter an. Ministerpräsident Ahmet Davutoglu verurteilte die Morde und kritisierte gleichzeitig die kurdische Partei HDP, die sich nicht eindeutig von dem Anschlag distanziert hatte. Sie wies in ihrer Erklärung darauf hin, dass zwei Tage zuvor drei PKK-Kämpfer im Nordosten des Landes von Soldaten erschossen worden waren.

Seit im Oktober der Kampf um die kurdisch-syrische Grenzstadt Kobani eskalierte und Ankara sich weigerte, verbündete türkisch-kurdische Kämpfer der PKK zur Verstärkung über die Grenze zu lassen, werden auch in der Türkei die Auseinandersetzungen zwischen Kurden, der Polizei und der Armee wieder härter. Bei heftigen Straßenprotesten waren in wenigen Tagen 36 Menschen getötet worden, und es vergeht kaum ein Tag ohne neue Opfer. Außer den Schießereien zwischen der PKK und der Armee gibt es ständig wechselseitige Angriffe zwischen der PKK und der kurdischen Hisbollah, die dem IS nahesteht.

Begleitet werden die tödlichen Auseinandersetzungen auf den Straßen von häufig widersprüchlichen Signalen über den Fortgang des Friedensprozesses zwischen der Regierung und der PKK. Davutoglu ließ noch vor wenigen Tagen verlauten, dass bei gutem Willen auf beiden Seiten binnen sechs Monaten eine Vereinbarung mit der PKK über die endgültige Beendigung des bewaffneten Kampfes erzielt werden könne. Präsident Recep Tayyip Erdogan dagegen gießt jeden Tag erneut Öl ins Feuer, indem er die PKK verbal attackiert und gleichzeitig in der Frage des Nachschubs für Kobani für neue Verwirrung sorgt.

Vor einer Woche verkündete er, ab sofort könnten Kämpfer der nordirakischen kurdischen Autonomieregierung von Präsident Massud Barsani über die Türkei zur Verstärkung nach Kobani kommen. Wenig später sollten es dann 1.300 Kämpfer der Freien Syrischen Armee sein, die die Kurden in Kobani unterstützen wollten. Angekommen ist bislang noch niemand. Erdogan erklärte, das liege daran, dass die Kurden in Kobani von den genannten Gruppen nicht unterstützt werden wollten. Der Vorgang ist angesichts der Kämpfe mehr als dubios und verstärkt den Frust der Kurden in der Türkei.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

12 Kommentare

 / 
  • Sowohl auf türkischer als auch auf kurdischer Seite werden fast täglich Menschen getötet. Wenn aber türkische Soldaten sterben fallen die Schlagwörter "PKK" und "Terroristen" während die Tötung von Kurden unter ferner liefen verbucht werden. Kurden erfahren immer mehr Repressalien in der Türkei, allerdings hält sich die "Weltgemeinschaft" in diesen Belangen zurück und schaut um die Türkei herum. Was im Kosovo gegen jedes Völkerrecht mit Waffengewalt durchgesetzt wurde, wird in diesem Fall nicht mal thematisiert.

  • Die Geschichte mit den Kandilbergen ist eine Analogie zu Ayn al Arab. Da stehen auch türkische Soldaten an der Grenze. An einem Ort wird ein massiver Druck auf sie aufgebaut damit sie agieren an dem anderen Ort wird massiver Druck ausgeübt damit sie bloß nicht agieren obwohl ihre Interessen genau umgekehrt ist. Warum stützen sie sich so stark auf andere ? Was irgendein HDP Abgeordneter oder Erdogan oder sonst wer gesagt hat ist doch völlig irrelevant, die quasseln doch eh immer nach dem Wind. Wir sind doch nicht in einem Referenzenwettbewerb, haben sie nicht eigene Erkenntnisse oder Überlegungen, die sie eigenständig vortragen können ? Benutzen sie doch mal Ihr eigenes Herz und den eigenen Verstand. Und was soll das für ein Trick sein mit dem schlechten Gewissen? Ich habe sie lediglich aufgefordert ihre Zukunft selber zu gestalten als es anderen zu überlassen. Wenn es hart auf hart kommt, können die sich 10.000 km entfernt in Sicherheit zurückziehen, genauso wie es im Libanon geschehen ist und dann stehen sie allein da, mit Ihren verfeindeten Nachbarn. Vielleicht lesen sie ja mal meinen Text von 10:14 noch einmal durch. Eine letzte Bitte hätte ich noch: Wenn Sie schreiben, dass nicht immer nur die anderen Schuld sein können (was obsolut richtig ist), dann sollten Sie auch mal anführen, welche Schuld verschiedene kurdische Seiten tragen. Erst dann kommen wir der Lösung etwas näher.

  • Video zu IS und türkischen Soldaten

     

    https://www.youtube.com/watch?v=jjtA3uLTOcM

     

    Artikel zu IS und türkischen Soldaten

     

    http://www.heise.de/tp/artikel/43/43195/1.html

    • @Azad:

      ganz, ganz, ganz böses Video. Da spricht doch tatsächlich ein türkischer Grenzsoldat mit einem IS Kämpfer auf der anderen Seite. So einen Skandal hat es in der Weltmilitärgeschichte noch nicht gegeben. Wieso hat der Soldat den anderen nicht einfach erschossen !!!

      • @einTürk:

        Das ist doch nicht das Problem und das weißt du auch. Versuch es nicht zu verharmlosen.

         

        Du kannst auch gern nach Til abyed fahren, dass liegt etwa 80 km östlich von Kobane und dir anschauen wie die Türkei mit der IS Geschäfte macht.

        • @Azad:

          1.) Ich versuche überhaupt nichts zu verharmlosen, ich habe mir nur Ihren Videolink angeguckt und das ist für Ihr Türkei Bashing denkbar ungeeignet. Wenn Sie die Unterstützung des IS ankreiden wollen, was ich übrigens gut verstehen würde, dann sollten Sie den Hauptinitiator USA nicht unterschlagen. Das passt aber nicht in Ihren Kram, weil diese im Rahmen des greater middle east projects ein sogenanntes Kurdistan aufbauen, jedenfalls glauben das viele separatistische Kurden, letztendlich werden sie aber in die Röhre gucken, genauso wie die Araber nach dem ersten 1.WK. Die dachten das gleiche und am Ende ist dann Israel entstanden. Die Ereignisse jetzt sind absolut analog zum 1.WK Wenn Sie den begriff Sykes/Picot nicht kennen, sollten Sie mal nachschauen.

          Die Stadt, in der die Kobane Show inszeniert wird, heißt immer noch Ayn el Arab und ist immer noch eine syrische Stadt. Das greater middle east project ist noch nicht durch, Sie müssen sich noch etwas gedulden mit Ihrem Satellitenstaat, wenn Sie tatsächlich glauben, dass Onkel Sam irgendetwas zu verschenken hat.

          2.) Sie können ja mal gern nach Kandil fahren, das liegt nur einige Kilometer von der türkischen Grenze entfernt im amerikanischen, barzanischen Nordirak. Dort ist die Zentrale der PKK und dann können Sie sich mal überlegen, warum unsere "Verbündeten" von der Nato, die offiziell auf der Terrorliste stehenden PKK Terroristen schon seit Jahren schützt. Für die türkische Armee wäre es militärisch ein Klacks Kandil auszuschalten. Sowas nenne ich doppelten Standard. Mit Verlaub: Ein bisschen Ehrlichkeit würde ihnen ganz gut tun. Frieden in Nahost wird es nur geben ohne Einmischung des Westens. Die haben gar kein Interesse daran, das sollte mittlerweile jedes Kind wissen und sich nicht zum Klopapier des Imperialismus machen. Der Feind meines Feindes ist eben NICHT !!! mein Freund.

          • @einTürk:

            Das Video wurde auch vorgestern vorm türkische Parlament von dem HDP-Abgeordneten aus Bingöl angesprochen.

             

            Das mit den Stadtnamen haben wird wir Kurden auch wie ja schon bereits in der Türkei erfolgt ist schon getan. Welches Problem haben Sie damit?

             

            Nur weil auch schon Erdogan genau ihre Worte vor Ihnen gewählt hatte?

             

            Übrigens der hat hinterher behauptet, so hat er das gar nicht gesagt.

            Hier will keiner die Türkei waschen und Geschichte wird von Siegern geschrieben oder von Partnern(Türkei) die ihren Verbündeten(Kurden) in der Rücken fallen, was zur Folge hatte das es zum Koyceli und Dersim Massaker kam.

             

            Ich weiß nicht was Sie mit den Kandilbergen erzählen wollen un den Problemen der Türkei mit der Nato, aber was mir auffällt es können dich nicht immer die anderen an allem Schuld sein.

             

            Der Trick mit dem schlechen Gewissen klappt nicht mehr, dafür wurde er zu oft benutzt.

             

            Ich heiße doch nicht Nuhr.

  • Ja, das stimmt in Van haben schon zwei Stadträte wegen den Anlässen die AKP verlassen. Des Weiteren ist ein kurdischstämmiger Gründer der AKP bei den letzten Präsidentschaftswahlen als fürsprecher der HDP aufgetreten.(Dengir Mir Mehmet Firat)

     

    Ein sehr intelligenter Mann, der sehr hart mit der PKK früher ins Gericht gegangen ist.

     

    Wenn er zur HDP wechselt oder bei den nächsten Parlamentswahlen von der HDP aufgestellt wird, wird es sehr schwer viele kurdische AKP-Wähler zu halten und das weiß die AKP auch.

     

    Er würde der HDP sehr gut zu Gesicht stehen.

  • " Präsident Recep Tayyip Erdogan dagegen gießt jeden Tag erneut Öl ins Feuer, indem er die PKK verbal attackiert und gleichzeitig in der Frage des Nachschubs für Kobani für neue Verwirrung sorgt."

     

    Erdogan ist verwirrt. Und seine politischen Ideen tendieren jetzt immer mehr zur MHP - egal wie, aber gegen Kurden. Was wohl passieren wird, ist, dass die islamischen Wähler im Osten sich über kurz oder lang von Erdogan abwenden werden. Das haben sie im Falle der MHP und CHP schon gemacht. Die AKP bezieht sogar viel Macht und Unterstützung aus dem Osten - das dürfte für sie auch ein Problem werden. Angeblich brodelt es schon bei den AKP-Abgeordneten aus einigen kurdischen Wahlkreisen.

  • Kommentar entfernt. Bitte Halten Sie sich an die Netiquette.
  • Herr Gottschlik,

    Sie schreiben: " Der Vorgang ist angesichts der Kämpfe mehr als dubios und verstärkt den Frust der Kurden in der Türkei." ... und suggerieren damit, dass die bösen Türken dubiose Dinge machen, und die armen, guten Kurden darunter leiden und immer frustierter werden. Der Zeitung Sözcu, die die Fotos abgedruckt hat, werfen Sie vor, die Stimmung anzuheizen, giessen aber durch ihren eigenen Artikel, dem es an eminent wichtigen Informationen fehlt, über die Sie allerdings als Türkei Korrespondent verfügen sollten, selber Öl ins Feuer.

    Die Überschrift hätte lauten müssen, "DIE PKK RUFT ZUM VOLKSAUFSTAND AUF, SCHEITERT UND VERSPIELT DIE CHANCE FÜR DEN FRIEDEN"

    Wichtige Informationen wären gewesen, dass die meisten von den 36 Getöteten PKK Aktivisten waren, die mehrere hundert öffentliche Gebäude wie Krankenhäuser, Verwaltungen und Schulen in Brand gesteckt oder anders beschädigt haben und Geschäfte von ebenfalls kurdischen Landsleuten zerstört haben. Die PKK hat wieder einmal KURDEN terrorisiert ! Diese haben sich dann in Lynchmobmanier einfach mal gewehrt. Kurz gefasst, die PKK hat auch von den Kurden ein schallende Ohrfeige bekommen.

    Eine weitere Information, die ich vermisse, ist die Tatsache, dass die PKK "Kämpfer", die ein paar Tage vorher von der Armee getötet wurden, mit Maschinengewehren und Handgranaten bewaffnet waren und nach dem Versuch ein Wasserkraftwerk in die Luft zu jagen bei einem Schussgefecht erschossen worden sind. Diese ewigen Halbwahrheiten, wie "Die Armee hat uns getötet, deswegen töten wir sie." werden bewusst verbreitet um die PKK zu legitimieren. Leisten Sie als Journalist dieser Terror Propaganda keinen Vorschub.