Thümler tümelt: CDU-Chef gibt den Pegida-Versteher
Nach dem Pariser Terroranschlag fordert der Fraktionsvorsitzende der Christdemokraten in Niedersachsen, Björn Thümler, beschleunigte Asylverfahren und schnellere Abschiebungen.
HANNOVER taz | Mit heftiger Kritik haben Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen auf Forderungen des niedersächsischen Landtagsfraktionschefs Björn Thümler nach einer Verschärfung des Asylrechts reagiert. Der Christdemokrat starte „Anbiederungsversuche an die rechtspopulistische Pegida-Bewegung“, sagte Marie Pelzer von Pro Asyl der taz. Außerdem schüre Thümler „Ressentiments gegen Flüchtlinge und Muslime“.
Der aus Berne in der Wesermarsch stammende CDU-Mann hatte im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa gefordert, Asylverfahren auf „zwei bis drei Monate“ zu beschränken und danach schnell abzuschieben. Außerdem müsse Zuwanderung selektiver reguliert werden: Mit einem „Punktesystem wie in Kanada“ will Thümler offenbar sicherstellen, dass Einwanderer von möglichst großem wirtschaftlichen Nutzen für Deutschland sind. Auch forderte er eine Einschränkung des Kirchenasyls.
Teile von Thümlers Interview markierten eine besondere „Form der persönlichen Ausgrenzung und Herabwürdigung von Migranten“, findet Kai Weber vom Flüchtlingsrat Niedersachsen: Der CDU-Fraktionschef hatte gefordert, die Themen „Zuwanderung, Asylbewerber und Flüchtlinge“ nicht weiter zu vermischen – denn „dieser Cocktail erzeugt für viele einen Geruch“.
Kritik kam auch von Grünen und Linken. Thümlers Cocktail-Vergleich zeige, dass „er und die CDU immer noch zwischen guten und schlechten Ausländern unterscheiden“, so die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Anja Piel. Der Landesvorsitzende der Linkspartei, Manfred Sohn, sieht den 44-Jährigen auf dem Weg zum „Deutschtümler“: Im Kern liefen die Vorschläge „darauf hinaus, die Zugbrücke um die Festung Deutschland höher zu ziehen in der dürren Hoffnung, dass dann der Zustrom von Elendsflüchtlingen nachlässt“.
Niedersachsens CDU-Fraktionschef Björn Thümler verwirrt mit Forderungen nach einer Asylrechtsverschärfung. Hier ein paar wichtige Passagen aus dem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa:
"Zuwanderung, Asylbewerber, Flüchtlinge - das Kernproblem ist es, diese Themen nicht weiter zu vermischen, denn dieser Cocktail erzeugt für viele einen Geruch und der schürt Ängste bei den Menschen, die ich nicht teile."
[Pegida-Anhänger] "sind Leute, die sich besorgt zeigen, weil sie mit den Bildern, die sie im Kopf haben durch Isis, Gotteskrieger nicht fertig werden."
"Hintertüren wie das Kirchenasyl bei Abschiebungen in sichere Drittstaaten wie Schweden oder die Niederlande kann es [...] nicht mehr geben."
Von der SPD war dagegen keine Stellungnahme zu erhalten – schließlich hatte deren Ministerpräsident Stephan Weil erst am Dienstag beim Neujahrsempfang der evangelischen Kirche im Kloster Loccum zwischen Elendsflüchtlingen vom Balkan und Bürgerkriegsflüchtlingen aus Syrien unterschieden und damit Stirnrunzeln bei seinen grünen MinisterInnen ausgelöst. Für die FDP erklärte deren Fraktionschef auf taz-Anfrage, seine Partei unterstütze wie Thümler „ausdrücklich eine kriterienorientierte Zuwanderung“.
Für Irritationen sorgte auch die Ankündigung des CDU-Fraktionschefs, auf keinen Fall gegen Pegida demonstrieren zu wollen – die Rechtspopulisten wollen unter dem Namen „Hagida“ am kommenden Montag erstmals durch Niedersachsens Landeshauptstadt Hannover ziehen. „Ich gehe grundsätzlich nicht auf Demonstrationen“, sagte Thümler dazu nur. An den von einem breiten gesellschaftlichen Bündnis getragenen Anti-Pegida-Protesten teilnehmen wollen dagegen Ministerpräsident Weil, viele Mitglieder seines rot-grünen Kabinetts sowie Abgeordnete von Grünen und Linken.
Für die CDU hat sich bisher dagegen nur Landtagspräsident Bernd Busemann zur Gegendemo angekündigt. Andere Teile der Union setzen dagegen wie Thümler auf Klamauk: So musste sich Ministerpräsident Weil gegen Vorwürfe des einstigen CSU-Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrich zur Wehr setzen, er wolle Weihnachtsmärkte in „Wintermärkte“ umbenennen lassen. Weil nahm’s mit Humor – und lud Friedrich für Ende des Jahres auf einen niedersächsischen Weihnachtsmarkt ein – „samt Glühwein und heißen Maronen“.
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