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Theaterschaffende über Burschenschaften„Ich kann die Anziehungskraft nachvollziehen“

Das Kollektiv „Institut für Kontrolle und Exzess“ hat zu Studentenverbindungen recherchiert. Daraus entstand das Stück „saufen fechten heidelberg“.

Performance auf der Grundlage von viel Recherchearbeit: Szene aus dem Stück „saufen fechten heidelberg“ Foto: Susanne Reichardt / Theater Heidelberg
Interview von Louisa Eck

taz: Goldie Röll, Leon Wieferich, gibt es einen bestimmten Typ Mensch, der in studentische Verbindungen eintritt?

Goldie Röll: Wir haben mit vielen verschiedenen Verbindungen gesprochen. Es gibt bestimmte Narrative, die uns immer wieder begegnet sind. Aber ich glaube nicht, dass man es pauschalisieren kann.

Leon Wieferich: Wir haben bei unseren Aufführungen aber oft Korporierte im Publikum, also Mitglieder von Studentenverbindungen. Und man muss sagen: Wir erkennen sie immer.

taz: Woran?

Wieferich: Es gibt einen bestimmten Habitus. Die Leute verändern sich auch oft dahingehend. Personen, mit denen wir vor Jahren gesprochen haben, sind heute deutlich näher an diesem Bild. Der Kleidungsstil hat sich verändert, der Gang, die Präsenz in der Öffentlichkeit.

Bild: Kerstin Schomburg
Im Interview: Goldie Röll

26, ist Regieassistenz am Schauspiel Hannover und Regisseurin sowie Teil des Kollektivs „Institut für Kontrolle und Exzess“.

taz: Wenn Sie von „wir“ sprechen, meinen Sie das „Institut für Kontrolle und Exzess“. Wer steckt dahinter?

Röll: Das Institut besteht aus fünf Mitgliedern. Wir haben uns am Theater Heidelberg durch dieses Projekt zusammengefunden. Wir beide sprechen stellvertretend für das Kollektiv. Das zeigt unseren Schaffensprozess: Eine kollektive Arbeit, die nicht so aufgeteilt war wie in klassischen Theaterprozessen.

Bild: Storyloop
Im Interview: Leon Wieferich

32, ist Schauspieler in Graz, Theatermacher und ebenfalls Teil des Kollektivs.

taz: Wie lief die Recherche ab?

Röll: Wir haben uns am Anfang auf eine simple Onlinerecherche begeben. Dann wollten wir in direkten Kontakt treten. Unser Aufruf auf Social Media wurde von einer Korporierten-Meme-Seite geteilt, so haben wir viel Aufmerksamkeit bekommen. Wir haben dann mit Korporierten gesprochen, mit Menschen aus der Aktivitas und Alten Herren, mit Damenverbindungen und mit Aussteigern, um ein möglichst breites Spektrum zu sammeln.

taz: Haben diese Gruppen alle eine ähnlich wichtige Rolle für Sie gespielt?

Röll: Die Aussteiger waren besonders wichtig, weil Verbindungsmitglieder im Gespräch ein bestimmtes Bild von sich präsentieren. Da war es hilfreich, internes Wissen zu haben, um weiter zu kommen als das geplante Image.

Wieferich: Diese Welt ist sich der Außenwahrnehmung bewusst und sehr gut darin, sie zu lenken. Wenn Recherchefehler gemacht werden, schmettern die Korporierten jegliche Kritik ab. Wir wollten deshalb sehr tief in das Thema gehen. Damit diese Menschen richtig widergespiegelt werden und sich unsere Kritik anhören. Unserer Recherche wird auch attestiert, akkurat und genau zu sein.

taz: Wie viel durften Sie bei den Verbindungen sehen?

Röll: Wir waren auf mehreren Häusern und haben die Tour gekriegt, die man in Dokus sehen würde. Wir durften innerhalb der Gruppe aber Unterschiedliches sehen. Es gab zum Beispiel ein Interview mit einem Alten Herren. Da ging es um Mensur, also den Fechtkampf, und ich habe gefragt, ob wir zugucken können. Und er meinte: „An sich schon, aber Sie halt nicht. Ihr Kollege vielleicht.“ Ich habe das nicht verstanden, bis Ida mir ins Ohr flüsterte: „Weil wir Frauen sind.“

Die Theater­performance

„saufen fechten heidelberg“, Gastspiel vom Theater und Orchester Heidelberg: Fr, 11..4., und Sa, 12. 4., 19.30 Uhr, Ballhof Zwei, Knochenhauerstraße 28, Hannover

taz: Was hat Sie bei der Recherche überrascht?

Wieferich: Das Verbindungswesen ist erst mal diverser als erwartet. Dennoch gibt es eben auch Bünde, die dem Bild der rechten Kaderschmiede entsprechen. Und mich hat überrascht, wie sehr ich die Anziehungskraft nachvollziehen kann. Weil die Verbindungen so viel Wichtiges für junge Menschen abhaken: Wohnraum, Zugehörigkeit und berufliche Perspektive durch Netzwerke. Dass das jedoch meist ganzen Personengruppen – etwa wegen ihres Geschlechtes – verwehrt bleibt, kritisieren wir.

Röll: Mich hat auch überrascht, wie viele bekannte und einflussreiche Persönlichkeiten korporiert sind, zum Beispiel Winfried Kretschmann oder Friedrich Merz.

Wieferich: Und der krasse Unwillen zur Reform. Es ist schwierig, etwas zu ändern, weil sich die Verbindungen auf so lange Tradition berufen.

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7 Kommentare

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  • "Dennoch gibt es eben auch Bünde, die dem Bild der rechten Kaderschmiede entsprechen. Und mich hat überrascht, wie sehr ich die Anziehungskraft nachvollziehen kann."



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    Welche Testosteron-schwangeren Männer-Bünde entsprechen denn linken Kaderschmieden? Es geht hier doch auch um "Schacherei" von Posten und Karrieren und um ein Menschenbild, das anachronistisch ist, weil es die Realität der aktuellen Gesellschaft, ihre Erfordernisse und Prognosen nicht wertschätzend oder respektierend realiter anerkennt. Selbst Schützenvereine werden modern.



    www.kreiszeitung.d...hsen-91693496.html



    Die Anziehungskraft dieser akademischen Vereine ist die Eintrittskarte in eine neue Welt, die man sonst eher qua Geburt erreicht.



    Wenn es schon um "schlagende Verbindungen" geht, sollte man auf die Literatur schauen, nicht auf den Schmiss im Gesicht oder das Curriculum vitae mit angeblichen Weihen.



    Ein Beispiel:



    faustmuseum.de/fau...tliche-diskussion/



    "Faustisches Florett – eine literaturwissen-schaftliche Diskussion"



    Eine der Kernfragen ist stets: Brauchen wir das, oder kann das...?

    • @Martin Rees:

      Mist - langtext fritte

      …anschließe mich -



      ps um von Anziehungskraft zu faseln - wa!



      Mußte schon ziemlich schwer ahnungslos sein •

    • @Martin Rees:

      Und ich habe immer geglaubt, bei der Kernfrage ginge es um einen Pudel... (Goethe hat ja diese Herrschaften in Auerbachs Keller ziemlich karikiert.)

  • Ok. Ok - dafür steigt Vaddern a 🥱 & a 🥱 in die Bütt!



    Vorab: alles meisterhaft in den Karis Bruno Paul



    illustrationage.co...-pages-bruno-paul/



    Dann: Die Hierarchie - der Verbindungen - sonst kapierste gar nichts •



    Flotte Aufzählung: 1!!! Die Corps - Corpies



    Zum Abstand Bruno Paul - unerreicht

    www.google.com/img...7ea2cdc3ee&sfr=vfe



    Bildunterschrift “ “Na sei nur froh daß du nicht in München aktiv warst! Da soll es Chorps geben die billiger sind als Burschenschaften!“



    Dann lange nichts - dann die Buchsen (Burschenschaften) Terreretorial-Buchsen = Landsmannschaften - Kletteraffen Turnerschaften! Get it? Fein



    & vor allem /



    Das Fell ist längst verteilt! Gelle



    Ein Mitmusiker - Generalssohn - Burschenschafter - einer der höchsten Lobbyisten eu-weit!



    “Die Sache ist doch seit längerem längst durch!



    Nur spricht aus bekannten Gründen logischerweise niemand …f

    • @Lowandorder:

      … niemand drüber.



      Vorstände Aufsichtsräte - Chorpies



      Gläserne Wand. Da kommen wir Buchsen grundsätzlich nicht rein • “ & vieles mehr!

      Ein besonderer Börner: trotzdem behaupten die Corpies mit steifer Oberlippe “sie! seien völlig unpolitisch!“ 🙀 Die Buchsen die seien politisch! Sie - nicht!



      Aus dem Skat: 🚣 Achtertreffen nach 50 Jahren. Ob meiner Lästerei über Seilschaften & Netzwerke platz Max die Nr. 4 Logistik M



      BMW unerwartet & zu meinem bassen Erstaunen der Kragen: er wäre auch Corpies!



      Und sie seien anders als die Buchsen völlig unpolitisch!“



      Seine frühere Freundin die ich was später traf / lachte sich schlapp “ Ja so isser. Wie früher!



      Dem kannste alles erzählen!“



      Fin - könnte noch stundenlang, but downtown



      (Kretsche?! Wundert mich kein bisschen! Gell



      “2 x K / reicht wohl nicht! Alter Persetter! Gell“



      & Däh



      Een Persepter (ook Persetter) is een Schoolmeester vun de högere School (Gymnasium). Vun öllers her weern dat de Schoolmeesters, de Latinsch un Greeksch bipuhlt harrn. Hüütvandag warrn all de Schoolmeesters op de högere School Persepter naamt.



      Wo dat vun afkümmt



      Dat Woord Persepter kümmpt vun dat latinsche Praeceptor. So heet Philipp Melanchthon denn ook Praeceptor

  • Diederich Heßling war ein weiches Kind...