Strompreise 2016: Effizienz lohnt sich weniger
Die Stromversorger strukturieren ihre Tarife um. Grundgebühren werden teurer, Kilowattstunden billiger. Schön für Großverbraucher.
taz | Da können nicht mal die Gegner der Energiewende meckern: Strompreiserhöhungen in großem Stil wird es zum Jahreswechsel nicht geben. Zwar erhöhen einige Versorger ihre Tarife ein wenig, dafür senken andere sie leicht, viele lassen sie unverändert. Eine verlässliche Statistik ist allerdings schwer, weil sich teilweise auch die Tarifstruktur verschiebt: So sinkt der Preis pro Kilowattstunde, während der monatliche Grundpreis steigt.
Aus Sicht der Energiewende ist das nicht wünschenswert, weil nur Großverbraucher von dieser Entwicklung profitieren. Effizienz, die auch eine Säule der Energiewende ist, wird damit unattraktiver.
Selbst Unternehmen wie die Elektrizitätswerke Schönau (EWS), die ihre Kunden grundsätzlich zu sparsamem Umgang mit Energie anhalten, kommen um einen solchen Umbau ihrer Preisstruktur nicht herum – und so steigt auch bei dem Schwarzwälder Ökostromanbieter der monatliche Grundpreis zum Jahreswechsel um gut 2 Euro (plus 30 Prozent), während die Kilowattstunde um 0,8 Cent, und damit um 3 Prozent, billiger wird. Davon profitieren Kunden, die mehr als 3.075 Kilowattstunden im Jahr verbrauchen, Kleinverbraucher bezahlen künftig mehr.
Der Kilowattstundenpreis kann sinken, weil es zu viel Strom am Markt gibt. So sind die leicht steigenden Umlagen für erneuerbare Energien und Kraft-Wärme-Kopplung locker aufzufangen.
Unbehagen bereitet jedoch der höhere Grundpreis: Man sei „gezwungen“, ihn zu erhöhen, „wohl wissend, dass damit die Kleinverbraucher stärker getroffen werden als Mehrverbraucher“, schrieben die EWS ihren Kunden. Man gebe allerdings nur die Preise weiter, die die Netzbetreiber in Rechnung stellten. Und die drehen zum Teil heftig an der Gebührenschraube. Um fast 20 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer steigt die jährliche Grundgebühr, die die Netzbetreiber pro Kunde im bundesweiten Mittel erheben.
Der Niedrigzins ist schuld
Mit der Energiewende hat das allerdings wenig zu tun, sondern vielmehr mit der Politik der Europäischen Zentralbank. „Eine Ursache ist, dass wir, wie viele andere Unternehmen, in der aktuellen Niedrigzinsphase unsere Pensionsrückstellungen erhöhen müssen“, erklärte Christoph Müller, Geschäftsführer der EnBW-Tochter Netze BW, bei der Bekanntgabe der Netzentgelte. Das trug dem Unternehmen umgehend Kritik der Ökostromer ein: „Kosten, die über den Betriebsgewinn gedeckt sein sollten, wälzen die Unternehmen auf den Verbraucher ab“, beklagt der Stromanbieter Lichtblick und fordert nun von der Politik „schärfere Kostenkontrollen und Transparenz bei den Netzentgelten“.
Trotz der steigenden Netzkosten wird sich aber vermutlich auch 2016 ein seit 2014 bestehender Trend fortsetzen: Gemessen am Lohnniveau sinkt der Strompreis. Anders ausgedrückt: Man wird 2016 weniger als im Vorjahr arbeiten müssen, um seinen Strom bezahlen zu können.
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