Streit um Rodungsmoratorium: RWE sägt an der Kohlekommission
Der Konzern will ab Oktober im Hambacher Forst für die Braunkohle roden lassen. Umweltschützer drohen nun mit Ausstieg aus der Kohlekommission.
Die Kohlekommission der Bundesregierung steht vor einer Zerreißprobe. Der Energiekonzern RWE hat angekündigt, im Herbst mit den Vorbereitungen für die Rodungen im Hambacher Forst bei Aachen zu beginnen, um seine Braunkohle-Produktion zu sichern. Umweltverbände und Bewohner des rheinischen Reviers dagegen fordern jetzt ein Moratorium, bis über die Zukunft der Kohle entschieden ist. Sie sprechen von „Provokation“ und „Machtdemonstration“ des Konzerns und drohen mit ihrem Rückzug aus der Kohlekommission, die das Thema am Donnerstag debattiert.
In einem Brief an die Vorsitzenden der Kommission hatte RWE-Vorstandschef Rolf Martin Schmitz Ende letzter Woche erklärt, die „Rodungen im Hambacher Forst sind 2018/19 zwingend erforderlich“. Für den „planmäßigen Fortgang der Tagebaubetriebe“ sei es nötig, zwischen Oktober und Februar große Teile des verbleibenden Forsts zu roden. Weil RWE wegen eines Gerichtsverfahrens das Abholzen bereits in der letzten Periode ausgesetzt hatte, sei nun „jeglicher Zeitpuffer aufgebraucht“.
Neben mehreren Ortschaften soll das Waldstück von etwa 200 Hektar verschwinden, um die Braunkohle zu gewinnen; insgesamt sind laut BUND 600 Hektar bedroht. Pro Jahr baggert RWE dort 40 Millionen Tonnen Kohle ab, insgesamt liegen im Gebiet noch etwa 1,3 Milliarden Tonnen des Rohstoffs. Teile des Walds sind von Klimaaktivisten besetzt, es finden regelmäßig Protestspaziergänge statt. Am Mittwoch geht das diesjährige „Klimacamp“ der Kohlegegner in der Region zu Ende.
Gegen den von den Behörden genehmigten Betriebsplan für den Hambacher Tagebau klagt der Umweltverband BUND. Er fordert, der Wald müsse als Naturschutzgebiet gemeldet werden, was RWE mit einem eigenen Gutachten bestreitet. Bislang steht eine endgültige Entscheidung noch aus. Bis zu diesem Bescheid kann auch ein Einspruch des BUND eine mögliche Rodung nicht verhindern.
Für RWE-Chef Schmitz gibt es „keinen Zusammenhang zwischen der Arbeit der Kommission und den betrieblich notwendigen Rodungen“. Das sehen die Umweltschützer ganz anders. Für den BUND-Vorsitzenden Hubert Weiger, Mitglied der Kommission, ist „unsere Mitarbeit in der Kommission erheblich gefährdet, wenn es zu Rodungen kommt“. Der Vorstoß von RWE sei ein „Drohverhalten“ und eine „Provokation der Umweltverbände“.
Hubert Weiger, BUND-Chef
Auch bei Greenpeace, ebenfalls an der Kommission beteiligt, heißt es, eine Rodung sei „ein Angriff auf die Vertrauensbasis der Kommission“, und die Argumente von RWE seien nicht stichhaltig. Und für Antje Grothus von der „Initiative Buirer für Buir“, die die Menschen der Region in dem Gremium vertritt, kann die Kommission nicht erfolgreich sein, „wenn vor Ort ein einzelnes Unternehmen unter den Augen von Bundes- und Landesregierung die Situation einseitig und unnötig eskaliert“.
Um zu verhindern, dass RWE durch die Rodungen Fakten schafft, fordern deshalb die Klima- und Heimatschützer ein „Moratorium“ für Rodungen und Zerstörung von Dörfern. Für die Gegner habe RWE durchaus noch einen Zeitpuffer von „drei bis vier Jahren“, heißt es vom BUND. Für den grünen Umweltpolitiker Oliver Krischer, der aus der Region stammt, will RWE „aus der Braunkohle noch rausholen, was geht“, setze Behörden und Kommunen unter Druck, „unterschätzt aber die Stimmung in der Region“.
Das Moratorium soll nach dem Willen der Klimaschützer gelten, bis die Bundesregierung über die Zukunft der Kohle entschieden hat – und nicht nur bis zu einem möglichen Kompromiss in der Kommission. Der aber liegt zurzeit in weiter Ferne.
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