„Stern“-Chef muss gehen: Plötzlich getrennt

Der Chefredakteur des „Stern“, Dominik Wichmann, muss gehen. Nachfolger wird der bisherige „Gala“-Boss Christian Krug.

Hallo – und tschüss: Dominik Wichmann war nicht gerade lange beim „Stern“. Bild: dpa

Der Donnerstag dürfte für Dominik Wichmann mit einem Schlag begonnen haben. Am Morgen hatte das Medienmagazin Horizont vermeldet, dass der bisherige Chefredakteur des Stern im Herbst abgelöst werden könnte. Wenige Stunden später bestätigte Gruner+Jahr (G+J): Wichmann geht, ab 1. Oktober übernimmt Christian Krug. Krug war einst Korrespondent und Ressortleiter beim Stern, seit 2012 leitet er das Klatschmagazin Gala.

In einer offiziellen Stellungnahme dankte die Vorstandsvorsitzende Julia Jäkel Wichmann für die „geleistete Arbeit, seine Kreativität und die inspirierende Zusammenarbeit“. Vom neuen Chefredakteur erwarte sie, „dass er den unabhängigen, kritischen und relevanten Journalismus des Stern weiterentwickelt.“ Zu den Gründen für den Wechsel äußerte sie sich nicht.

Horizont will aus Aufsichtsratskreisen erfahren haben, dass das operative Ergebnis von G+J im ersten Halbjahr 2014 um einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag, etwa um ein Viertel, gesunken sei. Dies sei Anlass für eine Sparrunde, in der es auch Kündigungen geben solle.

Ist das der Grund dafür, dass sich der G+J-Vorstand und Wichmann nun „in Trennungsgesprächen“ befinden, wie es in der Mitteilung des Hauses heißt?

Wichmanns Ära am Baumwall ist jedenfalls überraschend schnell zu Ende gegangen: Erst im Mai 2013 war der promovierte Politikwissenschaftler alleiniger Chefredakteur des Magazins geworden. Seine Chefredaktion startete er mit einer immensen Blattreform, 25 Millionen Euro soll sie gekostet haben.

Schlechte Zahlen oder schlechte Stimmung?

Bei den Lesern scheint die Reform allerdings nicht so anzukommen, wie sich das der Verlag erhofft hatte. In den ersten beiden Quartalen dieses Jahres lag die verkaufte Auflage des Stern zwischen 730.000 und 770.000 Exemplaren – im Vorjahreszeitraum zwischen 760.000 und 880.000. Damit sind die Zahlen zwar gesunken, allerdings wesentlich weniger stark als in den Jahren zuvor – und weniger als bei den Konkurrenzblättern. Allein in der Auflagenentwicklung kann die Ablösung Wichmanns also nicht begründet sein.

Vielleicht war es eher die Stimmung beim Stern, die schon länger mies sein soll. Der Stern gilt als besonders behäbig, wenn es darum geht, jungen Reportern Chancen zu geben. Sie vor allem hatten mit der Berufung Wichmanns auf mehr Bewegung gehofft. Diese seien aber enttäuscht worden, erfuhr die taz aus Redaktionskreisen.

Laut Horizont werfen Mitarbeiter Wichmann einen autoritären Führungsstil und mangelnde Kommunikation und Kritikfähigkeit vor. Gezeigt hatte sich das unter anderem in den Protesten gegen die neue Redaktionsstruktur, die Wichmann eingeführt hatte. Durch die sogenannte Matrixorganisation waren Führungspositionen weggefallen und Ressorts zusammengelegt worden. Die Mitarbeiter lehnten das neue System fast geschlossen ab.

Dass die Personalie Wichmann zur Disposition steht, war daher keine allzu große Überraschung in der Redaktion. Überraschend war für viele aber der Zeitpunkt und die Art und Weise, wie die Nachricht an die Öffentlichkeit und in die Redaktion drang. Die Redaktion erfuhr davon erst offiziell um 15 Uhr. Zwei Stunden zuvor hatte sich die Redaktion aber schon selbst versammelt und das Verhalten des Verlags als „geschäftsschädigend“ bezeichnet. Gegenüber der taz sagte ein Mitarbeiter, er sei „irritiert“, ein anderer nannte es eine „Sauerei“, dass die Information offenbar „von oben durchgestochen“ wurde.

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