Seminar von Pick-up Artists in Berlin: Rumkriegen mit allen Mitteln
Für Pick-up Artists sind Frauen nur noch „Ziele“, die ins Bett manipuliert werden müssen. Bald soll es in Berlin ein Seminar zu den Taktiken geben.
BERLIN taz | Sie sind PUAs und spielen das „Street game“ mit HBs. Sie landen eine NC und dann ein KC und schließlich ein SNL. What? Das sind die Abkürzungen von selbsternannten Profiaufreißern, sogenannten Pick-up Artists (PUA), die meinen, sie hätten die Kunst der Anmache so professionalisiert, dass man(n) sie für viel Geld in Seminaren lernen kann und dann zwangsläufig zum Casanova wird.
Dieses Wochenende will das Unternehmen Real Social Dynamics (RSD) ein Seminar dieser Sorte in Berlin abhalten. Doch die Artisten sind in die Kritik geraten. Die Frauenrechtsorganisation Terre des femmes fordert den Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) auf, gegen das Seminar rechtlich vorzugehen. „Zu den vorgeschlagenen Methoden gehören Manipulation, Würgen und andere Formen sexueller Gewalt“, heißt es in dem Brief. Man propagiere etwa „The Claw“: den Arm um den Hals einer Frau legen und erst wieder loslassen, wenn sie sich nicht mehr wehrt.“
Auf YouTube kann man ihre „Coaches“ beobachten: Frauen werden gewürgt, ihre Köpfe gewaltsam zum Schritt des „Künstlers“ gezogen – und mit all dem ordentlich angegeben. Ein Video, in dem sich ein Trainer mit einer Vergewaltigung brüstet, ist inzwischen aus dem Netz verschwunden.
Ein HB ist ein „Hot Babe“, eine attraktive Frau, je nach Anziehungsgrad durchnummeriert bis HB10. KC heißt „Kiss Close“: Man hat es bis zum Kuss geschafft. NC ist „Number Close“: die Telefonnummer erbeutet. SNL ist ein „Same Night Lay“, am Tag des Dates hat man sie ins Bett bekommen.
Heuchelei und Tuchfühlung
Die Pick-up-Szene, entstanden in den neunziger Jahren, ist mittlerweile ziemlich erfolgreich. Die RSD-Nation hat nach eigenen Angaben fast 150.000 Mitglieder in aller Welt, in über siebzig Ländern bieten sie ihre Seminare mit einer Mischung aus Verhaltens- und Kommunikationstechniken an, mit denen man Frauen angeblich besonders leicht rumkriegt. Die Regeln sind simpel: Man heuchelt Verständnis und Einfühlung, ist dabei aber körperlich ziemlich direkt auf Tuchfühlung. Typischer Satz: „Ich merke, du bist eine außergewöhnlich leidenschaftliche Frau, aber irgendetwas hält dich zurück.“
Dann kommt das „Push-and-Pull“ Spiel, man weist sie abwechselnd zurück und gibt wieder Sympathiezeichen, ruft mal nicht an, ist mal beleidigt, beschimpft sie, nur um sie dann wieder ganz tief drinnen zu verstehen. Wichtig ist, dass das „Inner Game“ stimmt: Das Selbstbewusstsein. Das wird in den Seminaren trainiert. Dann klappt auch das „Outer Game“, das Verhalten Frauen gegenüber, das ebenfalls trainiert wird.
Seminar für 3.000 Euro
Die kritisierten Videos der RSD-Coaches zeigen also Szenen, die nicht dem normalen Repertoire des Pick-up entsprechen. Sie weisen aber auf eine Grundhaltung der PUAs hin: Frauen sind „Targets“, Ziele, die man abschießt, die Grenze zwischen Manipulation und Zwang verschwimmt dabei gelegentlich.
Der Gründer von RSD, Owen Cook, war einst Mitstreiter des Pick-up-Gurus Neil Strauss, einem ehemaligen Rolling Stone-Journalisten, der 2005 mit „The Game“ (dt: „Die perfekte Masche“) die Bibel der Pick up-Artists verfasste und Seminare zum Thema anbot. Sie zerstritten sich und Owen Cook macht nun mit Real Social Dynamics weltweit Geld. Ein mehrtägiges Seminar mit Übungen kostet bis zu 3.000 Dollar.
Ob und wo das Seminar in Berlin stattfindet, ist weiterhin ein Geheimnis. Wenn man bei RSD anruft, wird aufgelegt, sobald man sich als Journalistin vorstellt. Danach meldet sich nur noch der Anrufbeantworter. Auf die Rückrufbitte keine Reaktion. Per Mail gestellte Fragen wurden bisher ebenfalls nicht beantwortet.
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