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Schusswaffen in den USALobby lädt durch

US-Vizepräsident Joe Biden will das Waffenrecht verschärfen, andere Politiker ziehen mit. Dagegen zieht die mächtige Lobby ins Feld.

Komm und hol sie dir: Demonstrant gegen schärfere Waffengesetze in Colorado. Bild: reuters

WASHINGTON taz | Die Schusswaffenfreunde in den USA haben die Fotos von Hitler und von Stalin wieder aus dem Keller geholt. Mit demselben Zweck wie bereits vor vier Jahren: Zu behaupten, Präsident Barack Obama sei wie die beiden Diktatoren. Damals ging es um die Gesundheitsreform. Dieses Mal um die geplante Verstärkung der Schusswaffenkontrolle.

Vizepräsident Joe Biden hat in der zurückliegenden Woche alle möglichen Leute, die etwas zum Thema Schusswaffengewalt zu sagen haben, zum Gespräch geladen: Überlebende von Schießereien, Jäger, Filmemacher und – erst ganz zum Schluss – die mächtige Lobbygruppe National Rifle Association (NRA), die die Ansicht vertritt, eine Schule – und jeder beliebige andere Platz in den USA – sei dann am sichersten, wenn dort die „good guys“ Waffen tragen, um sich gegen die „bad guys“ zu wehren.

Biden, der vom Präsidenten mit der Mission gegen Schusswaffengewalt beauftragt worden ist, will schon am kommenden Dienstag einen Plan vorlegen. Unter anderem will er dem Weißen Haus empfehlen, strengere Backgroundchecks für Waffenkäufer einzuführen und den Verkauf von Hochleistungsmagazinen zu reglementieren.

Wieder Schüsse an Schule

In einer Schule in Kalifornien hat ein 16-Jähriger auf einen Gleichaltrigen geschossen und ihn schwer verletzt. Ein Lehrer und ein Aufseher der Union High School in Taft hätten Schlimmeres verhindern können, indem sie den Schützen in ein Gespräch verwickelt hätten, so dass die restliche Klasse den Raum habe verlassen können, sagte Sheriff Donny Youngblood am Donnerstag. Der mutmaßliche Täter wurde festgenommen.

Nach Berichten der "Los Angeles Times" und des Senders 23ABC News ereignete sich der Vorfall vormittags gegen 09.00 Uhr (Ortszeit, 18.00 Uhr MEZ) an der Union High School in Taft, rund 160 Kilometer nordwestlich von Los Angeles. Der Angreifer war mit einem Gewehr in einen Klassenraum der Schule gekommen und hatte auf einen Schüler geschossen, der schwer verletzt wurde. Einen zweiten Schüler verfehlte er, wie Youngblood, Sheriff des Bezirks Kern, sagte. (afp)

Amokläufer haben mit solchen Magazinen oft mehrere Menschen pro Sekunde erschossen. Auch der Todesschütze, der an der Grundschule Sandy Hook in Newtown 20 Kinder und 6 Erwachsene erschossen hat, benutzte sie.

Falls der Kongress nicht bereit ist, einer Verschärfung der Schusswaffenkontrolle zuzustimmen, befürwortet Biden auch ein Vorgehen mithilfe von Vollzugsanordnungen durch den Präsidenten. Dagegen schießt die andere Seite scharf. Sie nennt ein Vorgehen per Vollzugsanordnung, wie es im Übrigen auch die Präsidenten George H. W. Bush und Bill Clinton zur Schusswaffenkontrolle benutzt haben, „autoritär“. Und kontert mit Diktatorenvergleichen.

New Yorks Gouverneur mit Anti-Waffen-Gesetz

Die Initiative von Biden auf der Bundesebene ist nicht das einzige gegenwärtige Vorgehen gegen Schusswaffen. Im Bundesstaat New York hat der demokratische Gouverneur Andrew Cuomo gerade ein Gesetz vorgelegt, das zum bislang weitestgehenden Verbot von Sturmgewehren und Hochleistungsmagazinen führen würde. „Dieser Wahnsinn muss aufhören“, sagte Cuomo: „Niemand geht mit einem Sturmgewehr auf die Jagd. Niemand braucht zehn Kugeln, um ein Reh zu erschießen.“ Der Gouverneur gilt als einer der potenziellen Anwärter für die demokratische Präsidentschaftskandidatur 2016.

Dass sich ein Politiker mit seinen Karriereplänen an das heikle Thema heranwagt, ist selten. Michael Bloomberg, der Bürgermeister von New York, der in seiner Stadt schon lange gegen Schusswaffen aktiv ist, hat ihm dafür gratuliert.

Eine andere Initiative kommt von einer Frau, deren eigenes Leben infolge einer Schießerei an einem seidenen Faden gehangen hat. Die ehemalige Kongressabgeordnete Gabby Giffords war am 8. Januar 2011 in Tucson, Arizon, durch einen Kopfdurchschuss verletzt worden.

Schusswaffenkontrolle „mit gesundem Menschenverstand“

Sie ist selbst Schusswaffenbesitzerin und verteidigt den zweiten Verfassungszusatz, der den Waffenbesitz seit dem Jahr 1791 zu einem Grundrecht macht. Doch in dieser Woche, zwei Jahre nach dem Attentat, hat Giffords zusammen mit ihrem Mann ein Komitee zur Schusswaffenkontrolle „mit gesundem Menschenverstand“ gegründet.

Gleichzeitig bereitet auch kalifornische Senatorin Dianne Feinstein ein Gesetz vor, das sämtliche Sturmwaffen verbieten sollt. Und vereinzelt haben Kongressabgeordnete nach der Schießerei von Newtown sogar von der Möglichkeit gesprochen, bereits im Umlauf befindliche halbautomatische Waffen aus dem Verkehr zu ziehen. Bislang war nur von künftigen Waffengeschäften, nicht aber von bereits legal erworbenen Waffen die Rede.

Die Öffentlichkeit, so zeigen Umfragen, ist gespalten. Die Zustimmung zu der normalerweise sehr populären NRA ist gegenwärtig auf 42 Prozent gesunken. Doch die Schusswaffenlobby gibt nicht auf. Seit der Schießerei hat die NRA, ihr größter Lobbyverband, nach eigenen Angaben 100.000 neue Mitglieder geworben. Im selben Zeitrum ist es zu Hamsterkäufen von halbautomatischen Waffen und Munition gekommen und ist die Zahl der Anträge auf Waffenscheine – in den Bundesstaaten, wo diese Formalität überhaupt nötig ist – in die Höhe gegangen.

Walmart verweigert das Gespräch

Einer der großen Nutznießer der Waffenkäufe ist der größte Einzelhändler der Welt, Walmart, bei dem es sowohl Schusswaffen als auch Munition gibt. Auch mit den Walmartchefs wollte sich Biden diese Woche treffen. Sie sagten unter Verweis auf Terminschwierigkeiten ab.

Die NRA lehnt die von Biden und anderen Politikern vorgeschlagenen Verschärfungen ab. Und sagt, er wolle vor allem den zweiten Verfassungsgrundsatz kippen. Statt mehr Schusswaffenkontrolle will die NRA mehr Pistolen in den Händen der „good guys“, damit die sich gegen „bad guys“ wehren können.

Die Argumente, die sie in die gegenwärtige Debatte wirft, sind vor allem Ablenkungsmanöver: Unter anderem verlangt die NRA jetzt eine bessere Versorgung von psychisch Kranken (weil viele Todesschützen psychische Probleme haben), sie will ein stärkeres Augenmerk auf Drogen (weil viele Todesschützen Psychopharmaka einnehmen), sie macht gewalttätige Filme verantwortlich und sie bemüht ihren uralten Slogan, dass nicht Waffen töten, sondern die Menschen, die sie benutzen.

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8 Kommentare

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  • J
    jimmygjan

    @ von FaktenStattFiktion

     

    Was haben Sie denn für ein Staatverständnis?

    Verbessern Sie mich wenn ich Sie falsch interpretiere!

     

    Es ist schlecht, wenn ein Bürger Steuern zahlt, wenn die Bundesrepublik Deutschlnd sich an en Kosten der EU beteiligt und seinen Beitrag zur Rettung des Euro leistet. Was Sie in diesem zusammenhang mit Integrationsindustrie meinen kann ich nicht nachvollziehen.

     

    Hingegen ist es gut, wenn für den Bürger mehr Waffen zur verfügung stehen, um ihre Rechte zu verteidigen und durchzusetzen.

     

    Wie soll ein solcher Staat denn funktionieren? Soll das sogennnte "Faustrecht" gelten, nach dem Motto, der Stärkere gewinnt immer?

  • A
    Arne

    "Die Argumente, die sie in die gegenwärtige Debatte wirft, sind vor allem Ablenkungsmanöver: Unter anderem verlangt die NRA jetzt eine bessere Versorgung von psychisch Kranken (weil viele Todesschützen psychische Probleme haben)..."

     

    Ah! Endlich verstehe ich, wieso die Deutschen (im Gegensatz zu allen anderen benachbarten Nationen, deren Nachrichten ich verfolge) unbedingt darauf bestehen, die Waffengesetze der USA so zu behandeln, als seien sie ihre eigenen. Bislang dachte ich immer, es wäre nur der normale Chaucinismus, den auch Linke kennen und die in Wahrheit immer noch meinen, am deutschen Wesen müsse die Welt genesen. Aber das war mir alleine zu unlogisch, da im Nachlandland Schweiz, was ziemlich freie Grenzen zu uns hat, die Waffengesetze auch nicht viel strenger sind wie in den USA. Okay, Ackermann kommt aus der Schweiz und das Großkapital in der BRD zu kritisieren, ist verboten, aber gilt das auch für die Linke? Das konnte es auch nicht sein.

    Purer Antiamerikanismus?

    Naja, seitdem Obama Präsident ist und durch die Ratingagenturen den Handelskrieg mit Europa eröffnet hat, ist der Antiamerikanismus ja auch schon reichlich "out"

     

    Aber jetzt wird es klar:

    Schon Reagan sorgte dafür, dass psychisch kranke Menschen nur noch bei einer Gefährdung anderer in eine Psychiatrie sollten. Das spart Millionen und lenkt die Debatte vom Zustand der deutschen Psychiatrien ab. Auch diese versuchen sich,, inneralb des Gesundeitssystems möglichst nac Kritierien des Profits zu verhalten. Was man merkte z.B., als die Jugendpsychiatire Aschendorf einen Jugendlichen entließ, der anküdigte, dass er bald eine Sexualstraftat durchführen würde und dies dann auch in Emden mit einem Sexualmord endete. Der Junge war nicht mehr unter 18 und somit war die Kostenfrage wohl ungeklärt. (Wenn sich überhaupt noch jemand an den Fall erinnert. Morde in Deutschland, die verhindert hätten werden können, sind zumeist für den Mainstream uninteressanter als die in den USA.)

    Dass ein Gesundheitswesen, das unter Profitinteressen handeln muss, solche Tendenzen hervorbringt, ist natürlich nur ein Ablenkungsmanöver der US-Waffenlobby.

    Denn wo kämen wir hin, wenn wir aus Fehlern in den USA auch mal auf Fehler in der BRD Rückschlüsse ziehen würden???

  • S
    Severin

    Ach, wenn dort mal der gesunder Menschenverstand einziehen würde...

     

    Wer in einer ländlichen Gegen wohnt und keine Polizei in der Nähe, braucht ne Waffe.

    Wer in einer Großstadt wohnt, in einem gefährlichen Viertel mit viel Kriminalität, braucht eine Waffe.

    Wer jagen geht, braucht eine Waffe.

    Wer viele Feinde hat, die Waffen haben, braucht auch eine.

    Und wer sein Grundstück gegen potentielle Eindringlinge verteidigen will, vielleicht auch.

     

    Aber keine Schnellfeuerwaffen. Sonst kann man auch gleich Raketen und Panzer frei verkaufen...

     

    Und vielleicht lernen die Amis insgesamt mal, daß der beste Schutz vor Kriminellen ist, Armut, soziale Ungerechtigkeit und Gewaltverherrlichung zu bekämpfen? Dann gibt es automatisch weniger "zornige schwarze junge Männer", weniger Möchtergern-Rambos? Und eben auch striktere Waffengesetze, damit gerade diese Leute nicht so einfach an eine Waffe kommen?

  • KF
    Öko Fritz

    Du sollst nicht töten!

  • F
    FaktenStattFiktion

    300 Millionen private Schusswaffen in den USA und die taz faselt nach wie vor etwas von der Waffenlobby.

     

    Liebe Linke:

    Das Volk ist mehr als eine Lobby. Auch wenn es Euch nicht passt, in manchen Ländern hat der Bürger immer noch mehr Rechte, als in der Bundesrepublik.

     

    Hier besteht das Recht des arbeitenden Bürgers darin, Steuern zu zahlen für EU-Bürokraten, EU-Schuldenstaaten, für die Integrationsindustrie.

  • JR
    Johanna Rühl

    Na, am besten sind die Kinder und Erwachsenen doch geschützt, wenn an jeder Staßenecke ein Automat stehen würde, aus dem man sich bei Bedarf für einen Dollar eine Schnellfeuerwaffe ziehen kann. Lässt sich finanzieren, wenn man die Polizei abschafft, die braucht man ja nicht mehr bei einem Recht auf Selbstverteidigung. LOL.

  • E
    emil

    die nra für diesen ganzen unfug zu geisseln ist natürlich auch gaga, aber der libertäre waffenumgang mutet einigermaßen meschugge an.

     

    ob der amok bei einer (todesunwahrscheinlichen) schusswaffeneinschränkung mit küchenmessern weiterläuft, wer weiß?

  • Z
    zombie1969

    Im Vordergrund stehen weiterhin Einschränkungen des Erwerbes für Waffen für angebliche Waffennarren, sprich die unbescholtenen und arbeitenden Bürger. Auf die Idee, Kriminelle zu entwaffnen und damit die Sicherheit und Lebensqualität der Bürger wieder zu erhöhen, ist man bis anhin noch nicht gekommen. Offenbar hat hier Obama D als Vorbild auserkoren.