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Schuldenstreit mit GriechenlandDeutschland blockt ab

Das Land beantragt die Fortsetzung der Finanzhilfen. Die Sparauflagen lehnt es weiter ab. Deutschland stellt sich gegen die Verlängerung des Antrags.

Der Premier- und der Finanzminister während der Wahl des Präsidenten. Bild: dpa

FRANKFURT/ATHEN dpa/afp | Griechenlands Euro-Partner haben den Eingang des Antrags für die Verlängerung der Kredithilfen aus Athen bestätigt. „Griechischen Antrag für sechsmonatige Verlängerung erhalten“, schrieb Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem am Donnerstagvormittag über den Kurznachrichtendienst Twitter. Das aktuelle Hilfsprogramm für das hoch verschuldete Griechenland läuft Ende des Monats aus.

Trotz der Bitte an die EU um weitere finanzielle Unterstützung lehnt die griechische Regierung die damit bisher verbundenen Spar- und Reformauflagen weiter ab. Athen strebe einen ausgeglichenen Haushalt an, habe aber „keine Verlängerung des Memorandums“ beantragt, in dem die Forderungen der Gläubiger an Athen festgehalten sind, hieß es am Donnerstag aus Regierungskreisen in Athen.

Deutschland lehnt den Antrag der griechischen Regierung für eine Verlängerung von Finanzhilfen ab. Der Sprecher des Bundesfinanzministeriums, Martin Jäger, sagte am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: „Der Brief aus Athen ist kein substanzieller Lösungsvorschlag.“ In Wahrheit ziele er auf eine Brückenfinanzierung, ohne die Anforderungen des Programms zu erfüllen: „Das Schreiben entspricht nicht den am Montag in der Eurogruppe vereinbarten Kriterien.“

Die Finanzminister der Eurogruppe wollen am Freitagnachmittag in Brüssel über den neuen Hilfsantrag aus Athen beraten. Das teilte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem am Donnerstag mit.

Die Regierung des hoch verschuldeten Landes sucht mit Hochdruck nach einer Lösung für eine Verlängerung Kredithilfen. Der griechische Regierungssprecher Gavriil Sakellarides sagte am Morgen im heimischen Fernsehen: „Unser Ziel ist, das Abkommen bald abzuschließen.“

Der Geldhahn bleibt offen

Die Europäische Zentralbank (EZB) lässt den Geldhahn für griechische Banken vorerst offen. Wie aus Notenbankkreisen verlautete, hat die EZB den Rahmen für Notkredite („Emergency Liquidity Assistance“/ELA) für griechische Banken erneut erhöht - von 65 auf 68,3 Milliarden Euro. Das aktuelle ELA-Hilfsprogramm laufe über zwei Wochen.

Hintergrund ist die angespannte Lage der griechischen Banken, die zunehmend unter Mittelabflüssen in Milliardenhöhe leiden, weil Bürger und Unternehmen wegen der ungewissen Zukunft ihre Konten leerräumen. Seit 11. Februar können sich griechische Banken nicht mehr bei der EZB frisches Geld besorgen, weil die Notenbank Hellas-Staatsanleihen sowie staatlich garantierte Bankanleihen nicht mehr als Sicherheiten akzeptiert. Die Institute sind nun auf die teureren Notkredite angewiesen, die die griechische Zentralbank vergibt.

Sollte sich Griechenland nicht bald mit seinen internationalen Geldgebern über die Fortführung des Hilfsprogramms einigen, könnte die EZB nach Einschätzung von Experten den Geldhahn zudrehen. Denn die EZB darf ELA-Kredite für einen längeren Zeitraum nur gewähren, wenn die Zahlungsfähigkeit des griechischen Staates gesichert ist.

Schulden werden erlassen

Die neue griechische Regierung will mittellosen Privatleuten und Firmen einen Großteil der Schulden erlassen und provoziert damit die eigenen Gläubiger. Wer 200 Euro seiner Ausstände beim Staat bezahle, dem könne die Hälfte der übrigen Schuld ganz erlassen werden, sagte Finanzstaatssekretärin Nadia Valvani am Mittwoch in Athen. Die Vorgängerregierungen hätten Kleinstschuldner bedrängt und vermögende Griechen verschont. „Das wird korrigiert. Wir nehmen die größeren Schulden ins Visier.“

Insgesamt hätten sich 76 Milliarden Euro an ausstehenden Steuern und nicht bezahlten Sozialbeiträgen angehäuft, sagte die Staatssekretärin der Regierung von Linkspolitiker Alexis Tsipras vor Journalisten. „Aber realistisch gesehen können nur neun Milliarden wirklich eingetrieben werden.“

Der angekündigte Schuldenerlass für die eigenen Landsleute läuft den Vorgaben der internationalen Geldgeber, bei denen Athen mit 320 Milliarden Euro in der Kreide steht, zuwider. Die Aufseher von Europäischer Zentralbank, EU-Kommission und Internationalem Währungsfonds hatten schon entsprechende Pläne der abgewählten Regierung gestoppt, weil der Staat jeden Euro benötigt.

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15 Kommentare

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  • ich sag nochmal jeder der c 10.000.000 Griechen hat bis jetzt c20.000€ als Kredit usw bekommen die Deutschen haben 1948 bei der Wähtungsreform 40DM Handgeld bekommen wenn man sich vorstellt dass die €U c 300.000.000 Einwohner hat und gerade mal diese 10.000.000 etwas mehr wie Berlin Einwohner hat das ganze Gebilde ins Wanken bringt ungefähr . als wenn der Berliner RB die Bundesrepublik D an den Rande des Abgrundes führt!

  • Leider ist die Realität nicht so einfach, wie man es sich gerne vorstellen würde. Unabhängig von der aktuellen Entscheidung darüber, ob man Griechenland weitere Darlehen zu geänderten Bedingungen gewährt oder nicht, muss man dann doch feststellen, dass die internationale Wettbewerbsfähigkeit Griechenlands in keinster Weise gegeben ist, um im Euroraum zu bestehen. Mit dem Ausstieg aus dem Euro hätte Griechenland zumindest wieder die Chance, seine Wettbewerbsfähigkeit über Abwertung der natiobalen Währung zu erhöhen. Leider eine bittere Wahrheit.

  • haha... Da ist wohl nun eine Art `Knackpunkt´ erreicht... eeh? Ökonomie und Banken fürs Volk OK! Die Zeit der EZB und der habgierigen USA Banken, um `das Volk´ ökonomisch/monetär auszusaugen, könnte - wenn die griechische Regierung durchhält- sich wandeln, zu mehr Sozialer Marktwirtschaft! Die Kultur `überdrehter Arbeit´ für Konsum und Profit/Prostitution, ökologischer Weltzerstörung, kann evtl. ein Ende finden! Marxen´s "Reich der Freiheit" kann/mag evtl. entstehen!

  • Der " kleine Mann" in Griechenland ist kein Opfer. Er hat jahreland die Parteien gewählt, die ihn mit zu hohen Sozialleistungen, Renten für längst Verstorbene, Blindenrenten für Sehende und vollkommen überflüssigen Arbeitsplätzen und Privilegien versorgt hat. Steuern zu zahlen ist gesellschaftlich nicht aktzeptiert, Ehrlichkeit im Umgang mit dem Staat oder anderen eher unbekannt. Unvergessen der Werbespot für einen Ouzo, in denen der Kellner den schlechten Ouzo für seine Kunden, den guten für seine Freunde reserviert. Auch wenn dies nur Fiktion war, entsprach es doch der Realität in allen Bereichen des Lebens. Selbst im Krankenhaus mußte man schon vor der Krise die Krankenschwestern bestechen, um halbwegs menschlich behandelt zu werden. Und bevor jemand fragt: Als Mitglied einer multinationalen Familie mit griechischem Vater, selbst in G gelebt habend und mit einem großen Verwandten- und Bekanntenkreis gesegtnet, weiß ich durchaus, wovon ich rede.

  • Was der Diktator aus Berlin gern verschweigt:

    Es sind ja gerade die Troika-Maßnahmen, die die Wirtschaft Griechenlands vollends zerschlagen:

    " Die menschlichen Wählerinnen und Wähler dagegen wurden durch 4 Jahre aus Berlin und Brüssel diktierte Brüningpolitik regelrecht verelendet. Deutsche Kinder lernen in der Schule, dass Hitler 1933 an die Macht kam, weil das deutsche Volk durch die Brüningpolitik verelendet war: 6 Millionen Arbeitslose, vor allem Jugendliche, gelten bis heute als katastrophale Schwelle. In Griechenland ist diese Schwelle heute längst (prozentual) überschritten. Hinzu kommt eine Zerschlagung der Massenkaufkraft durch Senkung der noch existierenden Löhne, Steuererhöhungen und Kürzung der sozialen Netze teilweise bis auf Null (bei Medikamenten)." (appell-hellas. de)

  • Die griechische Regierung scheint sich noch nicht einmal bemühen zu wollen, über eine Wohlverhaltensphase von mindestens drei Jahren hinaus kommen zu wollen.

    Wie auch vieles andere konzeptionslos wirkt.

     

    Aber der Auftritt : Lässig, mit Hemd über der Hose und schickem Kurzmantel.

     

    Alles fotogen, wohl wahr.

     

    Aber nicht die Verpackung zählt, sondern der Inhalt. Und da ist wohl eher Luft, als Substanz.

     

    Sehr bedauerlich für die griechische Bevölkerung, für die es keinen wahren Schritt vorangeht. Obwohl vollmundig versprochen.

    • 2G
      2097 (Profil gelöscht)
      @adagiobarber:

      Richtig, die Griechen brauchen klare Vorgaben endlich die Vermögenden angemessen zu besteuern, das an der Steuer vorbei ins Ausland geflossene Vermögen zurückzuholen, aus der Verfassung die Steuerfreiheit der Reedereien zu streichen usw. usf.! Ich frage mich nur, wer den Griechen diese Vorgaben macht? Herr Schäuble bestimmt nicht! Bisher sehen doch die Vorgaben so aus, die Ausgaben im sozialen Bereich zu kürzen und dies trifft bekanntlich die Ärmsten, um schnell die Banken zu bedienen, die bekanntlich das korrupte und marode System jahrelang finanziert haben.

      • @2097 (Profil gelöscht):

        Ich glaube, Schäuble ist es herzlich egal, wie Griechenland seinen Staatshaushalt wieder in Ordnung bringt. Rein logisch gibt es ja 2 Alternativen: man verringert die Ausgaben oder erhöht die Einnahmen. Wenn man clever ist, macht man beides. Mit der Erhöhung der Einnahmen durch eine erhöhte Besteuerung von Vermögen ( oder, wenn man die Presse verfolgt und ihr glauben darf, wäre überhaupt schon mal eine Besteuerung der Supereichen ein Fortschritt), könnte auch Schäuble wohl ziemlich gut mit leben. Die Forderung, dass Griechenladn seine Finanzverwaltung, insbesondere die Steuernehörden, endlich mal effizienter gestalten soll, ist ja schon länger auf dem Tisch. Aber in der Richtung keine akzeptablen Vorschläge zu machen und darüber hinaus in die Welt zu posaunen, sich an bestehende Abmachungen nicht halten zu wollen (z.B. abgesagte Privatisierungen) ist halt ein sicherer Weg, um vor die Wand zu fahren. Und das wurde konsequent umgesetzt.

  • Wer ist hier "Deutschland". Putins Zwillingspaar Merkel/Schäuble in der europäischen Parallelwelt?

  • Nicht nur, weil Griechenland hoch verschuldet ist, sondern auch weil die griechische Regierung so gar nicht in das Konzept der neoliberal orientierten EU-Spitze passt, ist Herrn Schäuble und Co. daran gelegen, die Griechen aus der EU zu drängen oder zumindest die Regierung zu unterwerfen.

     

    Dabei hat sich aber bisher noch niemand damit beschäftigt, ob ein Austritt aus der Währungsunion auch gleichzeitig ein Austritt aus der EU bedeutet.

     

    Und zum Begriff „unterwerfen“: Leider ist es so, dass die einzelnen Staaten zu viel ihrer Selbstständigkeit verloren haben. Die EU ist durchaus insgesamt ein guter Zusammenschluss, bei der Währungsunion ist das jedoch mehr als zweifelhaft!

  • 2G
    2097 (Profil gelöscht)

    Wo sind eigentlich die Milliarden € von den vermögenden Griechen, die ins Ausland geflossen sind. Da heran zu kommen dürfte doch im NSA Zeitalter nicht so schwer sein!

    • @2097 (Profil gelöscht):

      Gute Frage! Aber ich bin mir fast sicher, dass die Flachzangen in Brüssel genau wissen wo die Milliarden geblieben sind. Und ich bin mir auch sicher, dass es Möglichkeiten gibt, die Knate zu beschlagnahmen und ans Volk der Griechen zurückzugeben. Nur wird wohl eher die Sonne im Westen aufgehen, als dass dies passieren wird. Macht sich doch da tatsächlich, Mitten in Europa eine Regierung auf Politik für die Menschen, und nicht für die Märkte zu machen.

      Und das geht ja wohl gar nicht...

      • @Gedankenmacher63:

        Wie bitte? Auf unsere Kosten wollen die Politik machen. Und DU findest das gut.

         

        Na Ja - dann ab nach Griechenland. Wir werden Dich nicht nachtrauen.

        • @anton philips:

          Was soll's? Die Knete ist doch eh weg. Da könnte doch halb Europa morgens, mittags und abends Feta fressen und Ouzo saufen - es würde für eine Rückzahlung nicht annähernd reichen.

          Merkel, Schäuble, Junker und Co. wollen sich das nur nicht eingestehen, weil dann müssten sie ja zugeben, dass sie grandios gescheitert sind. Und unsere Mutti und scheitern? Das kann nicht sein.

           

          Wer heute noch das Geschwafel bzgl. der Rückzahlung glaubt, der glaubt auch noch an die unbfelckte Empfängnis.

           

          Und was bitte schön ist daran schlecht, wenn Politik etwas für die Menschen macht. Die bisherigen Milliarden sind doch im Grunde ja gar nicht bei den Griechen (und hier meine ich die Menschen) angekommen, sondern ist gleich an Banken, Versicherungen und Hedgefonds überwiesen worden. Will sagen, dass eben diese Heuschrecken sich "auf unsere Kosten" die Säcke vollgemacht haben.

           

          Aber nur zu - immer schön weiter das Hirn ausschalten. Warum selbst Gedanken machen, wenn die Hetze in Bild und Co. so schön bequem ist.