Rechte Partei in Frankreich: Wie schwul ist der Front National?
Die Partei streitet über ihre Homosexuellen: Angeblich beeinflussen eine „Schwulen-Lobby“ Marine Le Pen. Das führte bereits zu Austritten.
Geht das, als Homosexueller ein führendes Mitglied des rechtsextremen Front National zu sein? Das ist allen Ernstes eine Frage in der Partei von Marine Le Pen und Grund für eine hitzige Debatte in den Rängen der französischen Rechtsradikalen.
Der Anlass ist ein doppelter. Sébastien Chenu, Gründer einer Homo-Fraktion „GayLib“ bei der konservativen UMP und öffentlicher Befürworter der Homo-Ehe, ist zum FN übergetreten. Fast gleichzeitig hat das Klatschmagazin Closer die Nummer zwei des FN, Florian Philippot, und seinen Freund mit Paparazzi-Fotos und einem hämischen Kommentar als Paar „geoutet“. In ähnlicher Weise war vor Monaten bereits ein anderes Führungsmitglied des FN, Steeve Briois, ohne sein Zutun als Homosexueller porträtiert worden.
Zu Recht hat Philippot Klage gegen diese Einmischung in sein Privatleben eingereicht. Dennoch ist er in den eigenen Reihen unter Druck geraten. Ihm wird vorgeworfen, mit Briois und anderen im FN eine „Schwulen-Lobby“ zu bilden, die auf Parteichefin Le Pen und die Ausrichtung in Gesellschaftsfragen negativ Einfluss nehme. Sie hätten verhindert, dass der FN offiziell an den Demos gegen die Legalisierung der Homo-Ehe teilnahm.
Aus diesem Grund hat die Aufnahme des Überläufers Chenu die Homophoben im FN erst recht empört. Im Nachhinein hat man erfahren, dass schon früher eine Gruppe katholischer Traditionalisten unter Führung des Rechtsradikalen Roger Holeindre aus dem FN ausgetreten ist. Holeindre sagte angeblich zu seinem langjährigen Mitkämpfer Jean-Marie Le Pen als Begründung: „Deine Tochter (Marine) ist von Schwulen („Pédés“) umgeben, und das passt mir nicht.“
Andere Homophobe bleiben im FN und fürchten aber wegen der für sie peinlichen Enthüllungen um den Ruf bei der historischen Wählerschaft strammer Rechtsextremisten. Dieselben Kreise machen Philippot generell die ideologische Aufweichung zum Vorwurf, mit der Marine Le Pen ihre Partei salonfähig machen will. Weil diese Strategie bisher bestens für sie funktioniert, gibt diese in diesem Streit nicht nach.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands