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Politiker und WM-Empfang auf FanmeileWo sind die WM-Minister?

Viele namhafte Politiker werden den Empfang der Nationalmannschaft auf der Berliner Fanmeile meiden. Schuld ist Angela Merkel.

Fanmeile in Berlin, 2006: „Sommermärchen“ mit Prominenz aus Fußball und Politik. Bild: dpa

BERLIN taz | In Rio konnte die Politik gar nicht dicht genug dran sein an den frisch gebackenen Weltmeistern: Kanzlerin Angela Merkel drückte bei der Medaillenübergabe jeden einzelnen Spieler an ihre Brust; später posierte sie zusammen mit Bundespräsident Joachim Gauck in der Mannschaftskabine für diverse Schnappschüsse der Spieler, deren politische Werbewirkung mit Geld kaum aufzuwiegen sein dürfte.

Bei ihrer Ankunft in Deutschland bleiben die Fußballer von derlei Übergriffen hingegen offenbar verschont. Berlin hat sich zwar im internen Wettstreit gegen Frankfurt durchgesetzt, so dass die Nationalmannschaft am Dienstag vor dem Brandenburger Tor als Weltmeister empfangen wird. Die Bundespolitik wird dabei aber offenbar nicht vertreten sein.

Die Kanzlerin ist ebenso wie der für den Sport zuständige Innenminister Thomas de Maizière auf Dienstreise; der Bundespräsident ist im Schloss Bellevue mit einem Richterwechsel am Bundesverfassungsgericht beschäftigt. Und von den übrigen Ministerinnen und Ministern hat nach Auskunft ihrer Pressestellen noch niemand Interesse angemeldet, den Termin wahrzunehmen.

Selbst SPD-Chef Sigmar Gabriel und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, die sonst für jede Aktion zu haben sind, die sie dem Volk und der künftigen Kanzlerschaft näher bringt, setzen lieber ihren Sommerurlaub (Gabriel) oder Sommerreise zur Truppe (von der Leyen) fort, statt in Berlin den Pokal und seine Gewinner zu streicheln.

Bild: dpa

Vermutlich ist auch ihnen klar, dass die Bilder aus Rio ohnehin nicht zu toppen sind und in Berlin nicht mehr als ein peinlicher Abklatsch zu erwarten wäre. Immerhin Wolfgang Schäuble zeigte am Montag aber vorbildliches Engagement: Der CDU-Finanzminister ließ in Berlin eine Sonderbriefmarke verteilen. Motiv: „Deutschland Fußballweltmeister 2014“, Auflage fünf Millionen Stück.

Wann diese in Auftrag gegeben wurden und was mit den bereits gedruckten Marken bei einem anderen Ergebnis passiert wäre, dazu schwieg sein Ministerium. Zu solchen „hypothetischen Fragen“ nehme man keine Stellung. Und ganz ohne politische Begleitung wird der Empfang der Fußballer in Berlin am Ende wohl auch nicht ablaufen. Zumindest einer ließ am Montag schon die Modalitäten für einen Auftritt mit der Nationalmannschaft klären: Berlins Party-erprobter Bürgermeister Klaus Wowereit.

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18 Kommentare

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  • Wieviel der kleine Ausflug von unseren beiden Staatsoberhäuptern ohne jegliche Stasi-Vergangenheit den Steuerzahler wohl gekostet hat? Egal! Hauptsache Mutti beim jubeln gesehen!

  • Wie gesagt, kann in der Euphorie passieren, aber dass sich alle drauf einlassen, sollte schon noch jemand kritisch beäugen. Sonst nimmt irgendwann die Merkel oder eine Spielerfrau noch den Pokal direkt entgegen...

    • @Sapasapa:

      "... kann in der Euphorie passieren.."

      Das ist wirklich zum Kopfschütteln.

      • @MRO:

        Schütteln Sie mit dem Kopf.

    • @Sapasapa:

      @MRO

  • Ich hoffe, Merkel und Gauck haben die Möglichkeit genutzt, mit Putin ein paar konstruktive Worte zu wechseln.

     

    Ansonsten sind es übrigens die Spieler, die hier in keinem guten Licht stehen. Wieso lassen die sich mir nichts dir nichts in einem Gruppenkabinenfoto vor den PR Zug spannen? Kann in der Euphorie passieren, war aber auch schon nach dem ersten Spiel so geschehen. Dass die Medien die über soziale Medien verbreiteten Bilder dann noch z.B. im Fernsehen verbreiten, ist echt die Krönung.

    • @Sapasapa:

      Na ja, vielleicht sind die Spieler einfach nur nicht ganz so miesepetrig wie manch ein Kommentator auf diesen Seiten, und, Sie mögen es kaum glauben, vielleicht sind ja sogar ein paar Spieler dabei, die Merkel und Gauck ganz ehrlich wertschätzen.

      • @MRO:

        @mro Das kann doch jetzt nicht Ihr Ernst sein. Merkel weiß 1000%ig was sie da tut und "nutzt" - und was sie damit bekommt. Und das wissen die Spieler, die allesamt beraten werden, für sich auch. Wenn sie in Berlin posen, okay, sollse da ihre "bildhübsche" Schmusi-Bussi-Mutti-Show abreißen, aber dass ausgerechnet Merkel sich mit auf die Pokaltribüne stellt ist die reine Anmaßung und eine PR-Dreistigkeit, die in die Kanalisation gehört.

        • @Index:

          Und ich glaube, Sie haben nicht ganz begriffen, worum es geht. Es hat dort die Deutsche Nationalmannschaft gespielt, bei einer WM, also einem Ländervergleich. Dass nun die obersten Repräsentanten dieser Länder bei dem Finale des Ländervergleichs vor Ort sind und den Finalisten gratulieren ist verwerflich?? Kopfschüttel!

  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    Gaukel (Gauck&Merkel) und wie sie schamlos die Natinalelf und die Fußballbegeisterung der Deutschen für ihr mieses Self-Marketing mißbrauchen und dabei von Fernseh- und Radiokommentatoren noch hofiert werden - das hat abscheuliche Züge wilhelminischer Obrigkeitsverehrung. Widerlich.

  • Ohne die übliche Fanausrüstung mit Nationalfarben war die Kanzlerin steif und hölzern beim Endspiel zu sehen. Was soll das? Das hätte sie sich selber und uns ersparen können.

     

    Und was die Einmischung der Politik in den Sport betrifft: Wozu braucht es eine massive Förderung des Sports, wenn da die Beteiligten längst Millionengehälter bekommen? Das ist verschwendet.

    • @Celsus:

      Die bekommen die Förderung doch schon lange bevor sie Millionen verdienen. Und übrigens verdienen nur ein paar Profisportler Millionen. Viele in den Randsportarten gehen weiter einer geregelten Arbeit nach.

       

      Ob Sportförderung Sinn macht oder nicht, steht auf einem anderen Blatt. Aber nicht wieder so eine Stammtischdebatte führen.

  • Wo ist das Problem? Wer will denn auch noch bei jedem Sportevent diese Politnasen sehen? Mehr Zurückhaltung beim Sport stünde den Politikern sowieso gut an. Die DDR ist nicht mehr,- oder?

    • @Rainer B.:

      Eben ...die DDR ist nicht mehr.

      Ein von den Deutschen gewählter Repräsentant des Staates ist also ohnehin nciht gerne gesehen, damit wir Deutschland immer mehr begraben?

      Gehts noch?

      Sport ist hirnlose Unterhaltung für das Volk, warum, soll da kein Politiker anwesend sein? Ein gewählter Politiker hat also kein Recht auf mitmachen und ein Repräsentant des deutschen Volkes hat kein Recht und auch keine Pflicht, die Repräsentanz ernst zu nehmen?

      Nunja, wegen solcher Meinungen hat sich Deutschland lange genug abgeschafft. Sie werden gottlob nicht mehr lange gebraucht, diese Meinungen ...

      • 9G
        90191 (Profil gelöscht)
        @Günni aus Hessen:

        Oha. Sie sind wohl auch auf alles stolz, wenn es nur irgendwie deutsch ist.

         

        Repräsentanz, pfff! Zwei ehemalige Systemprofiteure der DDR...

        Wenn die DDR so unmenschlich und restriktiv war, wie Gaukel immer beteuert, dann frage ich mich, wie es kommen konnte, daß angebliche Bürgerrechtler und Widerständler Theologie & Physik studieren durften. Ich dachte immer, Querulanten hätte man zur Umerziehung in den Gulag nach Sibirien verfrachtet...

      • @Günni aus Hessen:

        Dafür wurden die nicht gewählt und wenn Deutschland ohne Polithansel bei Sportveranstaltungen untergeht, dann sei's drum.

  • Mein Reden!

    Man sollte sich vielleicht mal überlegen, ob es immer wieder in Ordnung geht, dass sich Fußballkanzlerin Merkel mit unter die Erfolgssonne der deutschen Nationalelf schleicht.

     

    Wer bezahlt diese PR-Spektakel für Merkel eigentlich?

     

    Was hat eine deutsche Regierungschefin auf der brasilianischen Tribüne bei der WM-Pokalverleihung verloren?

     

    Wenn ein Herr Gauck als Staatsrepräsentant sich dabei mit in die Blitzlichtgewitter von Fussball-Erfolgen stellt mag das noch passabel sein, aber dass Politiker, insbesondere Frau Merkel, so etwas immer wieder zur Aufbesserung ihres Images ausnutzt, sollte schlichtweg unterbunden werden.

     

    Scheinbar merken dass die fußballseligen Deutschen schon gar nicht mehr, wenn Politiker auf der Bühne des Sports ihre PR-Wilderei betreiben.

     

    Zum Thema Zierde und wer wen wann und wo sehen will äußere ich mich aus Nichtmerklerschutzgründen erst gar nicht.