piwik no script img

Parteitag der PiratenTschüss, Internetpartei

Chaos perfekt: Zwar stimmen 64,2 Prozent der Piraten für die Einführung von Onlineparteitagen, geben wird es sie vorerst trotzdem nicht.

Hunderte Piraten hielten auf dem Parteitag bunte „Ich bin motiviert“-Schilder in die Luft. Bild: dpa

NEUMARKT taz | Der Parteichef hat eine Botschaft, die lautet: Alles ist prima. Vor Bernd Schlömer steht eine Flasche der Hackerbrause Club Mate. Er grinst breit, lobt den gelungen Start in den Bundestagswahlkampf, die „gute Atmosphäre“ und die vielen tollen Programmbeschlüsse. Dann verkündet er: „Ich bin sehr glücklich, dass sich der Parteitag mehrheitlich für die Durchführung von Onlineparteitagen entschieden hat.“

Ein bemerkenswerter Satz. Schlömer hat gerade ein Abstimmungsergebnis kommentiert, das für viele Piraten eine Katastrophe ist. Am Sonntagvormittag hat keiner der sieben Anträge zur Einführung von Onlineparteitagen die in der Satzung vorgeschriebene nötige Zweidrittelmehrheit bekommen.

Selbst der moderateste Kompromissantrag kam nur auf 58,9 Prozent. „Scheiße“, kommentierte Parteivorstand Klaus Peukert, und der Berliner Promipirat Christopher Lauer notierte: „Fassungslos.“ Sein Fraktionskollege Martin Delius kündigte an, sich den nächsten Zug nach Hause rauszusuchen. Tschüss, Internetpartei.

Von diesen Minuten an ging es in der Parteitagshalle drunter und drüber. Anderthalb Stunden nach dem Votum zur „Ständigen Mitgliederversammlung“ (SMV), wie die Onlineparteitage offiziell heißen, traten zwei Basispiraten aufs Podium und verkündeten den Mitstreitern im Saal: Der brisante Beschluss sei nicht endgültig, denn die nötige Stichwahl sei vergessen worden.

Ach ja? „Das ist kein Wahlbetrug“, versicherte der Versammlungsleiter der irritierten Basis, „das ist Geschäftsordnungsgefrickel, wie wir das bei Parteitagen immer machen.“ Also wurde noch einmal geheim abgestimmt. Und drei Stunden später, unterlegt vom Nerd-Song „Sad Robot“, noch einmal. Um kurz vor halb fünf verkündete der Versammlungsleiter das Ergebnis der Stichwahl: 64,2 Prozent für den favorisierten Antrag. Wieder keine Zweidrittelmehrheit.

23 Stimmen fehlten

Das Geschäftsordnungschaos dieses Sonntags spülte auch zwei Anträge für „volle Kanne Onlineparteitag, all inclusive – mit allen Soßen und Zwiebeln wie mein Dönermensch sagen würde“, noch einmal auf die Tagesordnung, die schon am Freitagabend nach heftigen Debatten und zahllosen Geschäftsordnungstricks abgelehnt worden waren. Dass sie am Abend noch eine Mehrheit bekommen, erwartete freilich niemand mehr.

Eine für die Piraten zentrale Richtungsentscheidung ist damit vorerst gefallen: Wollen die Piraten künftig als erste Partei der Republik verbindliche Beschlüsse auch online treffen, jenseits von Großversammlungen wie diesen?

Die meisten der zum Parteitag angereisten 1.200 Piraten haben diese auf den ersten Blick simple Frage mit Ja beantwortet. Aber nicht genug. Genau 23 Stimmen fehlten. Dumm gelaufen. Die Signalwirkung für die Nerd-Partei ist verheerend. Mitten im Wahlkampf hat sie sich offline geschaltet.

„Das ist demotivierend und unverständlich für Piraten“, kommentierte der Berliner Pirat Martin Delius. Die Exbundesvorstandsmitglied Julia Schramm twitterte eine verzweifelte „Durchhalteparole: „Wir machen das einmal mit den Brieftauben und ab 2014 dann mit der ordentlichen SMV.“ Einige Piraten drohten mit dem Rückzug aus der Parteiarbeit für den Fall, dass es so kommt.

An Kapazitätsgrenzen gestoßen

Das Projekt hat die Mitmachpartei seit Jahren gespalten. Während Parteichef Bernd Schlömer im Vorfeld warb, neue Modelle „einer digitalen, einer direkten Demokratie“ zu nutzen, warnte sein Stellvertreter Sebastian Nerz genau davor.

Ein Flügel der Partei hält Onlineparteitage für einen längst überfälligen, visionären Schritt, eine zeitgemäße Alternative zum Delegiertensystem der großen Parteien, ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal. Der andere warnt vor Manipulationsgefahren und Datenschutzproblemen. Beide Lager sind sich in treuer Feindseligkeit verbunden.

Doch die Piratenpartei ist mit ihren mehr als 30.000 Mitgliedern und einem radikal basisdemokratischen Anspruch bei Offlineparteitagen an Kapazitätsgrenzen gestoßen.

Längst schieben die Piraten eine wachsende Bugwelle unbehandelter Programmanträge vor sich her – zur Frustration vieler an der Basis. Die Austritte mehren sich. Zum Parteitag in Neumarkt kamen nur noch 1.200 Piraten gegenüber mehr als 2.000 beim letzten Parteitag in Bochum. Doch die klassischen Delegiertenmodelle der politischen Konkurrenz sind in der Partei ebenso verpönt wie programmatische Leitanträge des Parteivorstands.

„Ich bin motiviert“-Schilder im Saal

Am Sonntagvormittag hatte Parteichef Bernd Schlömer versucht, die Piraten mit einer kämpferischen Rede auf den Wahlkampf einzuschwören. An die politische Konkurrenz gerichtet, rief er: „Wir bereiten diesem Treiben ein Ende. Piraten, auf den Bundestag!“ Die Piraten wollten eine „neue politische Kultur in den Bundestag bringen“. Stürmischer Applaus. Hunderte Piraten im Saal hielten bunte „Ich bin motiviert“-Schilder in die Luft.

Nein, sie wollen noch nicht aufgeben. Sie möchten die Wähler mit einem dicken Wahlprogramm überzeugen, dass die Piraten als wichtige, progressive Kraft in den nächsten Bundestag gehören.

Doch einige Stunden später haben sie im gleichen Parteitagssaal das Gegenteil demonstriert. Ach ja, es wurde zwischendrin ein weiterer Antrag zur Onlinemitbestimmung mit der nötigen Zweidrittelmehrheit angenommen. Doch ausgerechnet den nannte Parteivorstand Peukert am Rande der Veranstaltung „überkomplex und unkonkret“ und deshalb leider „nicht umsetzbar“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

18 Kommentare

 / 
  • S
    Sam

    Ich schließe mich den Mitkommentatoren an. Es ist mehr ein pejorativ gefärbter Kommentar denn informativer Artikel, darüber hinaus fehlt mir leider die umfassende Recherche.

     

    "(...) Seit ich mir bewiesen habe, wie einfach sich Voten im Liquid Feedback verfälschen lassen, leide ich an den Piraten. Ihr Umgang mit der Software kommt mir zunehmend dubios vor. (...)"

     

    Quelle = http://www.golem.de/news/liquid-feedback-piratenbraut-mit-doppelleben-1303-97952.html

     

    Wer aufgrund persönlicher Erfahrung nicht länger vorurteilsfrei sein kann, hat folglich den Anspruch objektiver Berichterstattung verloren.

     

    Ich lese Ihre anderen Artikel gerne, Frau Geisler. Knüpfen Sie doch bitte daran an.

  • UR
    Uwe Roos

    Die Partei stimmt gegen ihren Markenkern. Und hat auch ansonsten wenig zukunftsweisendes anzubieten. Kein Verlust, wenn keine Piraten in den Bundestag einziehen. Es drängt sich wohl eher der Verdacht auf, das einige Internetkünstler den Fleischtopf Bundestag fest im Auge haben. Wenigstens mal für vier Jahre finanziell ausgesorgt.

  • M
    Mark

    Unglaublich, die heulenden Kommentare der Piratenfans hier. Die Autorin untersucht einen Aspekt, der ihr wichtig erscheint und den sich die Piraten programmatisch auf die Fahnen geschrieben hatten. Die Partei, die ja wohl aus Nerds, aus einer reinen Onlinekultur mit reinen Online-Themen entstanden ist, verliert oder verändert diesen Anspruch aktuell. Darüber zu schreiben, ist nicht wie in der "DDR" oder unseriös, sondern höchstens etwas kurz zusammengefasst. Die Reaktionen scheinen wohl des Pudels Kern zu treffen, sonst wären die beleidigte Leberwurst-Kommentare nicht so zahlreich. Selbst wenn die Piraten noch die Themen ihrer Agenda ernsthaft verfolgten, so lahmarschig, kontraproduktiv und bürokratisch wie sie das tun, werden sie bald in der völligen Bedeutungslosigkeit versinken.

  • B
    Bernard

    Ich weiß nicht, auf welcher Veranstaltung die Autorin des Artikels war, aber sicher nicht auf der gleichen wie ich in den letzten 3 Tagen.

     

    Zur Klarstellung:

    Von den vielen, durchweg sachlich kritischen Beiträgen gegen die Einführung der SMV auf dem Bundesparteitag richtete sich kaum eine gegen die SMV als solche, sondern äußerten verschiedene, ernsthafte Bedenken gegen die Qualität der Ausarbeitung der Satzungsänderungsanträge. Die 2/3-Mehrheit wurde in erster Linie nicht aus politischen Gründen verfehlt, sondern weil die Lösungsvorschläge zu dem schwierigen Thema "verbindliche Online-Beschlüsse" noch nicht ausgereift genug sind. Der attraktive Vorteil der SMV, der relativen Unabhängigkeit von Zeit und Ort, wird mit Qualitätseinbußen bei der Meinungsbildung und Entscheidungsfindung erkauft, die ein Teil der Mitglieder nicht mittragen will. Das Thema ist bei Weitem nicht vom Tisch, weil die Mehrheit der "SMV-Gegener" eigentlich Befürworter sind und bei Einarbeitung ihrer Kritikpunkte bei der Neuauflage sicher auch dafür stimmen werden.

     

    Daraus eine Polemik zu stricken wie es die taz-Autorin Astrid Geisler hier tut, ist kein Ruhmensblatt journalistischer Sorgfalt und schlichtweg überflüssig.

  • T
    Torben

    Wie schlecht wir leider mit dem sehr leicht von innen und außen korrumpierbaren System der parlamentarischen Demokratie bedient sind, pfeiffen die Spatzen von den Dächern. Das System geht vom Ideal des unabhängigen, vernünftigen Abgeordneten aus, der sich seinen Themenfeldern widmet und dabei Argumente im Sinne des Gemeinwohls abzuwägen weiß. Einmal ins Parlament entsandt, gibt es dann für den Rest der Legislaturperiode quasi keine Notbremse mehr, wenn Herr oder Frau Abgeordnete dem Wählerwillen zuwider handeln und andere Interessen bedienen. Die Auswahl an Abgeordneten beschränkt sich außerdem von vorn herein auf ein handverlesenes Feld von Parteigängern.

     

    "Liquid Democracy" und dabei inbesondere der Aspekt der "Liquid Delegation" sind Hoffnungsschimmer für demokratische Strukturen von morgen.

     

    Ich würde mir wünschen, von Seiten der Piraten und natürlich auch visionären (taz?) Journalisten mehr zur Aufklärung über diese wegweisenden Konzepte der besseren Entscheidungsfindung in politischen Prozessen zu hören.

     

    Mal ehrlich, kaum jemandem sind die Begriffe präsent, Bestenfalls kennt man noch die Softwarelösung "Liquid Feedback" der Piraten, aber das ist nur eine Implementierung einer revolutionären Idee.

     

    Beispiel: Zu Fragestellungen aus dem Bereich A leihe ich Hänschen meine Stimme, solange ich es mir unabhängig von Wahlperioden nicht anders überlege. Zu Frage B spricht Heidi für mich und alle anderen, die ihr Stimmrecht vorübergehend an sie delegieren.

     

    Für C hatte ich leichtfertig Gerd meine Stimme geliehen. Nach Gerds iritierenden Aussagen kurz vor der Abstimmung konnte ich mich noch rechtzeitig umentscheiden, habe meine Stimmdelegation fluggs zurückgezogen. Jetzt lege ich sie in die Hände meiner Freundin, die kennt sich zum Thema aus und weiß, bei wem unser beider Stimme in guten Händen sind, wenn sie von ihr weiterdelegiert werden.

  • T
    tomas

    auch ich muss mal wieder die negative und reißerische berichterstattung

    von frau a.geisler über die piraten anmerken, wenn ich die artikel in der

    taz über die piraten und insbesondere von frau a.geisler lese, überkommt mich das gefühl, als wenn frau a.geisler ein persönliches problem mit den piraten hat..., z.B. "er grinst", "katastrophe", und die überschrift hätte die bildzeitung nicht besser hingekriegt "tschüss, internetpartei" ......,

    wann sagt die taz endlich zu frau a.geisler, "und tschüss frau geisler..."

    bis denne

  • AO
    Anton Ostermann

    Den Kommentaren von vulkansturm, Eric Manneschmidt, Nils, ??? und rolfmueller kann man sich nur anschliessen.

     

    Ich hab eine Weile überlegen müssen, woher ich diese Art "journalistischen" Wirkens bei der taz und der Süddeutschen kenne. (Ja, die sind sich tatsächlich was das Thema Piratenpartei angeht fast deckungsgleich.)

     

    Dann fiel es mir ein: Nachrichten und Kommentare in der DDR-Presse mit Bezug auf "den Feind".

     

    Dieser Artikel ist ein bedauerliches Armutszeugnis für die taz. Schämen sie sich, Frau Geisler!

  • N
    nano

    Schon wieder so eine Lobby-Schreiberin des SMV-Klüngels aus Berlin. Die sehr vielen positiven Ergebnisse des Parteitages kommen leider nicht zur Sprache.

  • R
    rolfmueller

    Ich kenne keinen einzigen Wähler der Piraten, der sie wegen Liquid Demokracy oder Online-Parteitagen gewählt hat. Wie kann man die Entscheidung über ein Abstimmungsverfahren, also ein Geschäftsordnungsthema, als "zentrale Richtungsentscheidung" bezeichnen? Was für eine obszöne Verzerrung der Realität.

     

    Wenn ich nicht ohnehin die Linke wählen würde, bekämen die Piraten meine Stimme, allein schon um sie für die unredliche Berichterstattung der Zeitung zu entschädigen, die ich abonniert habe.

  • ???

    Mal zuerst Nachlesen und Nachdenken:

     

    http://wiki.piratenpartei.de/Antrag:Bundesparteitag_2013.1/Antragsportal/S%C3%84A003

     

    wurde mit mehr als 2/3 Zustimmung angenommen und:

     

    http://wiki.piratenpartei.de/Antrag:Bundesparteitag_2013.1/Antragsportal/X011

     

    wurde angenommen.

     

    Im Protokoll nachzulesen hier unter der Antragsnummer "SÄA003" und ganz unten "X011":

     

    http://drahflow.name:8082/

     

    Zitat aus dem X011:

     

    " §5 - Abstimmungen

     

    (1) Abstimmungen können ELEKTRONISCH, per Urne oder Brief, oder auf einem Parteitag erfolgen. Es können mehrere Abstimmungen gleichzeitig stattfinden, die jeweils an demselben Stichtag enden.[...]

    (2) Bei einer PSEUDONYMISIERTEN Abstimmung wird jedem Teilnehmer ein neues, unverwechselbares Pseudonym (Einmal-Token) zugewiesen, mit dem nur der Teilnehmer und die Verantwortlichen die abgegebene Stimme dem Teilnehmer zuordnen können. Dafür wird jedem Teilnehmer zunächst ein unwechselbares Token zugeordnet, und dann diesem Token von einer unabhängigen Stelle für jede Abstimmung unverwechselbare Einmal-Tokens zugeordnet und gespeichert. Der Teilnehmer erhält einen Nachweis der Stimmgabe mit seinem Pseudonym.[...]

    (3) Bei einer ELEKTRONISCHEN oder Abstimmung per Urne kann ein Teilnehmer mit Begründung schriftlich beantragen per Brief abzustimmen, wenn seine Teilnahme andernfalls kaum oder nicht möglich ist.[...]"

    (Hervorhebungen in Großbuchstaben von mir)

  • R
    R4mbo

    X_X Das war EIN Thema. Es ist nicht vom Tisch, es benötigt nur mehr Zeit, weil Bedenken da sind. Es geht dabei um Datenschutz, Klarnamenzwang, das sind keine wertlosen, nichtigen Gegenargumente die einfach nur nerven. Es wurden Programmpunkte zu Asyl-, Außen- und Europapolitik beschlossen, das BGE, fahrscheinloser Nahverkehr, es jetzt als Totalausfall und Ende der Partei darzustellen, dass dieses eine Thema, die SMV nicht durchkam, sondern jetzt halt verschoben und WEITER BEARBEITET wird, das ist fast schon bösartig. Ich empfehle allen Lesern, das nächste mal selbst den Live Stream zu verfolgen, oder nachträglich auf Youtube zu suchen. Macht euch ein eigenes Bild! MFG.

  • VS
    vom Sprungturm runtergeklettert

    Die Piraten sind verpflichtet, dieses Online-Ding durchzuziehen. Genau für dieses Experiment sind sie doch angetreten. Egal ob es gelingt oder nicht.

     

    Was wollen sie denn überhaupt? Mit Multikulti-Homo im Windschatten der Grünen segeln? Das wird nicht funktionieren.

  • N
    Nils

    Liebe Frau Geisler,

    ich habe mich schon länger gefragt, was Sie treibt, Artikel über die Piratenpartei zu schreiben. Oder sollte man lieber schreiben, gegen die Piratenpartei?

    Ihnen scheint es unbändige Freude zu bereiten Ihre Texte mit herablassenden Seitenhieben zu spicken. Der Anfang des "Artikels" ist ja noch recht neutral gehalten, aber spätestens ab dem "Nerd-Song „Sad Robot“" steigern Sie sich in einen selbstverliebten, hämischen Rausch. Nur einige Auszüge möchte ich kurz kommentieren:

    "Die Signalwirkung für die Nerd-Partei ist verheerend. Mitten im Wahlkampf hat sie sich offline geschaltet." In diesem Satz ist nicht nur eine recht gewagte Behauptung enthalten, Sie degradieren die Piraten auch zur Nerd-Partei.

    Und weiter geht's mit seltsamen Gedankensprüngen:

    "Nein, sie wollen noch nicht aufgeben. Sie möchten die Wähler mit einem dicken Wahlprogramm überzeugen, dass die Piraten als wichtige, progressive Kraft in den nächsten Bundestag gehören.

    Doch einige Stunden später haben sie im gleichen Parteitagssaal das Gegenteil demonstriert."

    Wieder eine kaum haltbare Behauptung. Was hat die ständige Mitgliederversammlung mit dem Erfolg im Wahlkampf zu tun? Direkt zunächst einmal nichts, aber Sie versuchen scheinbar Ihren Traum krampfhaft herbeizuschreiben. Ich hätte damit gar kein Problem, wenn Sie diesen Drang in Kommentaren ausleben würden, doch in einer neutralen Berichterstattung sind solche Meinungsäußerungen nicht angebracht.

    Daher wäre ich Ihnen und der taz dankbar, wenn Sie in Zukunft nicht mehr über die von Ihnen scheinbar arg gehasste Piratenpartei berichten würden.

    Beste Grüße,

    Nils

  • EM
    Eric Manneschmidt

    Ein sehr einseitiger Artikel, hinter dem ziemlich wenig Recherche steckt.

    Schon die heutigen Entscheidungsstrukturen der PIRATEN sind, wenn man die äusserst wichtigen Internetwerkzeuge mitzählt, die zur Vorbereitung von Parteitagsentscheidungen laufen, mit unglaublichen Defiziten behaftet. Es entscheidet eben nicht die Mitglieder-"Basis", sondern immer nur ein kleiner Teil davon. Meinungsbildungsprozesse sind nur noch eingeschränkt ergebnisoffen, weil an verschiedenen Stellen systemisch Machtkonzentration gefördert oder sogar gezielt hergestellt wird.

     

    Das Problem ist überhaupt nicht, dass zu langsam entschieden wird, sondern zu oberflächlich. Das große Versagen passiert bei der Meinungsbildung, nicht bei der Entscheidungsfindung - obwohl auch letztere so eigentlich gar nicht geht, denn die Leute, die auf einem Parteitag abstimmen sind zwar nur eine Auswahl der Mitgliederbasis, allerdings dafür niemals gewählt worden.

     

    Jetzt _irgendwas mit Computern_ übers Knie zu brechen, nur weil man ja die Internetpartei ist und obwohl gerade die Leute, die was davon verstehen, Wahlen und Abstimmungen per Computer sehr sehr kritisch sehen, hätte die Situation sicherlich nicht verbessert.

     

    Der angenommene Antrag http://wiki.piratenpartei.de/Antrag:Bundesparteitag_2013.1/Antragsportal/S%C3%84A003 (plus Ergänzung http://wiki.piratenpartei.de/Antrag:Bundesparteitag_2013.1/Antragsportal/X011) war vermutlich der einzige vernünftige Vorschlag.

  • V
    vulkansturm

    Polemische Überschrift. Der mit 2/3- Mehrheit angenommene Antrag zu Basisentscheidungen ermöglicht doch auch verbindliche Online-Abstimmungen. Also was soll die blödsinnige Überschrift "Tschüss, Internetpartei"

    Wie wärs mit "Tschüss, Qualitätsjournalismus"

  • RD
    Richard Detzer

    Schade. Programmatische Ausrichtung der Piratenpartei sowie organisatorische Durchführung zur Umsetzung von Partei Inhalten kann man getrost als gescheitert betrachten. Das kommt, wenn man x-beliebiges Personal mit Übermacht Anspruch ohne Vertretungsfähigkeit trotz ständig wiedergegebener Führungsanimosität ans Ruder läßt.

    Der Funke Hoffnung, der mit dem Begriff Piratenpartei verbunden war, ist Dank der Qualität der Bewerber gestorben. Was man den Piraten zugute halten kann. Die Partei will basisdemokratisch voran kommen, will sich nicht von oben verordnen lassen. Sportlich gesehen stehen endlich 30.000 Mitglieder vor dem Tor, und treffen das Tor nicht.

    In der hierarchischen Grundordnung der Bundesrepublik, nach der nur der alte Volksparteien Scheiß gültige Gesetze zu erlassen und zu verfassen hat, können wir uns nun von der SPD vereint mit Grünen und Linken die dumme sozialistische Umformung von Lebensinhalten weiter diktieren lassen.

    Von der Piratenpartei merken wir uns. 100% Anspruch, Null Wirklichkeit. Das heißt Null Hoffnung, Null Inhalt, Null Bewegung. Das Versagen der Piratenpartei zementiert 100% Wirklichkeit, die wir nicht wollen. Es befördert Null Anspruch auf Fortschritt in der Republik. Entgegen der Vorausgabe ist dies das eigentliche Problem. Danke, wegtreten, Piratenpartei.

  • A
    AfD

    Die Piraten stehen prozentual in etwa da wo die Alternative für Deutschland steht oder niedriger. Zum Thema Liberalität und Mitbestimmung hat die AfD klare Positionen. Sie haben auch Personal welches es kompetent unmsetzen könnte und eine Struktur in der es möglich wäre. Positionen zu den Problemen Deutschlands wie Europas fehlen bei den Piraten fast komplett eine Struktur auch und Personal sowieso. Seit dort praktisch grüne Positionen stehen berichtet man positiv. Jetzt liest man dauernd von ihnen. Die Positionspapiere der Grünen, der SPD, der FDP wie der CDU schreiben vor die AfD zu verschweigen. Interessant wenn es die Medien auch tun. Ein weiterer Grund sie zu wählen wenn man Neues will. Volksabstimmungen, keine Spekulantenrettungen....nur "leider" Einwanderungsregeln nach kanadischem Vorbild. Da wäre dann das heutige "Multikulti" und "Integration" neu zu entwickeln. Da liegt das Problem der grünen Redaktionen.

  • V
    Viola

    Doch,doch:

    Die Piraten eine (quasi) SMV angenommen, nur heißt sie nicht so.

    http://wiki.piratenpartei.de/Antrag:Bundesparteitag_2013.1/Antragsportal/SÄA003

    http://wiki.piratenpartei.de/Antrag:Bundesparteitag_2013.1/Antragsportal/X011

     

    X011 wurde ganz zum Schluss angenommen, der SÄA003 heute Morgen schon. Danach ist es jetzt möglich, elektronisch, per Brief, auf dem Parteitag oder per Urne Mitgliedsentscheidungen durchzuführen, von politischen bis hin zu Personenentscheidungen!