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Opfer von S21-Polizeigewalt zum Prozess„Sie müssen bestraft werden“

Daniel Kartmann wurde durch Wasserwerfer an den Augen verletzt. Statt Polizisten würde er lieber Ex-Landeschef Mappus angeklagt sehen.

„Ich wurde an diesem Tag vollkommen unerwartet verletzt“: Wasserwerfereinsatz im Stuttgarter Schlosspark 2010. Bild: dpa
Interview von Lena Müssigmann

taz: Herr Kartmann, wie geht es Ihnen kurz vor Prozessauftakt?

Daniel Kartmann: Ich bin ziemlich aufgeregt. Es hat lange gedauert, bis es jetzt zum Prozess gekommen ist. Der Alltag hat viel Erinnerungen beiseitegeräumt. Jetzt kommt vieles wieder hoch, man muss sich erinnern. Davor habe ich Respekt, das ist belastend. Viele hatten gezweifelt, dass es überhaupt zum Prozess kommt. Aber ich bin froh, dass es jetzt so weit ist.

Was erhoffen Sie sich?

Ich hoffe, dass die Verantwortlichen des Einsatzes, bei dem ich und andere verletzt wurden, bestraft werden. Es ist jetzt zwar nur die mittlere Verantwortungsebene vor Gericht, aber auch sie haben zum Geschehen beigetragen. Dafür müssen sie bestraft werden. Ich habe Vertrauen in das Stuttgarter Gericht. Ich erhoffe mir aber auch, dass durch den Prozess erneut über den Fall diskutiert wird und die obersten politischen Verantwortlichen wieder in den Fokus geraten. Vielleicht gelingt es noch irgendwann, auch sie zur Verantwortung zu ziehen. Salopp gesagt: Ich wünsche mir, dass auch Stefan Mappus – der ehemalige CDU-Ministerpräsident von Baden-Württemberg – auf die Anklagebank kommt.

Wie hat der schwarze Donnerstag Ihr Leben verändert?

Ich wurde an diesem Tag vollkommen unerwartet verletzt. Zum einen körperlich. Zum anderen als Bürger eines demokratischen Landes. Das musste ich erst mal verarbeiten. Mein Umfeld hat mich mit Fragen konfrontiert: Warum bist du als Familienvater da überhaupt hingegangen? Ich habe daraufhin meine eigene Position überdacht, letztlich aber gelernt, für das zu stehen, was ich da getan habe. Ich werde weiterhin lautstark meine Meinung sagen. Seit dem Donnerstag bin ich politisch wacher und kritischer geworden.

Im Interview: Daniel Kartmann

37, lebt und arbeitet als Musiker und Theatermacher in Stuttgart.

Sie wurden an den Augen verletzt, was genau ist passiert?

Mich hat ein Wasserwerferstrahl ins rechte Auge getroffen. Wegen der äußeren Verletzungen hat man erst zwei Wochen später entdeckt, dass meine Netzhaut gerissen ist und sich ablöst. Sie musste wieder zusammengeflickt werden. Seither zieht sich aber meine Pupille nicht mehr zusammen, ich bin sehr lichtempfindlich. Ich werde täglich daran erinnert, wenn die Sonne scheint. Ich kann nicht mehr in den Schnee, das ist zu hell und damit gefährlich. Die Angst, dass ich nicht mehr arbeiten kann, war zum Glück unbegründet.

Gehen Sie noch auf Demos?

Ja, ich bin erst nach dem schwarzen Donnerstag richtig aktiv geworden und habe mich an den Aktionen gegen den Abriss des Südflügels beteiligt. Ich habe mich bewusst dem Protest angeschlossen. Ich bin ziemlich gefestigt in der Überzeugung, dass man Zivilcourage zeigen muss, auch wenn vom Arm des Staates Gewalt ausgeht. Ich lasse mich nicht einschüchtern.

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12 Kommentare

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  • Zu Tom Steiner: ja kompletter Schwachsinn - ich war auch stundenlang im Park und habe von einer Eskalation von Seiten der Demonstranten nichts mitbekommen. Die Polizei hat z.B. Pfefferspray unter die Planen, mit denen sie sich Manche gegen den Wasserstrahl schützen wollten gesprüht, also sie hat die Plane hochgezerrt und mit dem Pfefferspray auf die Leute gehalten.

  • Naja, man kann auch als Familienvater in diesem Land durchaus auf eine Demonstration gehen. Genauso muss sich aber auch ein Familienvater von Wasserwerfern fernthalten, selbst wenn er ihren Einsatz nicht gutheißt oder gar rechtswidriges Vorgehen erkennt.

     

    Und unberechtigte Polizeigewalt ist genauso zu ahnden wie jede andere Verfehlung eines Bürgers. Das sollte selbstverständlich sein.

  • Bis zum Prozess dauert es doch viel zu lange . Dann heißt es vor Gericht : "Können sie sich , denn nach all dieser Zeit genau erinnern" !? Und so schützt man wieder mal indirekt , die Obrigkeit.

  • Kudos to Mr. Kartmann!

  • Mein Mitleid hält sich in Grenzen. Wer auf eine Demonstration geht, muss auch mit den Risiken klarkommen.

    Die Demonstranten haben sich die Eskalation zum größten Teil selbstzuzuschreiben

    • @Tom Steiner:

      Kompletter Schwachsinn Herr Steiner. Die Eskalation in diesem Fall war ausschließlich der Polizei zuzuschreiben.

      Ich war am 30.09. stundenlang im Park und habe keinerlei Gewalt von Seiten der Demonstrierenden gesehen, nur Teile der Polizei haben sich völlig abartig benommen, z.B. Tränengas aus nächster Nähe direkt in die Augen gesprüht.

       

      http://www.kontextwochenzeitung.de/pulsschlag/26/schwarzer-tag-1495.html

    • 8G
      8545 (Profil gelöscht)
      @Tom Steiner:

      Da hat jemand ein Grundrecht wahrgenommen und ist deshalb schwer verletzt worden.

       

      Bei Ihnen hält sich offensichtlich nicht nur Ihr Mitleid an sehr enge Grenzen...

      • @8545 (Profil gelöscht):

        Sie sind ja niedlich. Hätten sich diese Demonstranten an die Regeln gehalten, hätte die Polizei nicht so eingreifen müssen. Man kann sich nicht immer hinter dem Recht auf Demonstration verstecken.

        • 8G
          8545 (Profil gelöscht)
          @Tom Steiner:

          Lesen Sie den Artikel nochmal gaanz langsam... Vielleicht verstehen Sie dann, worum es überhaupt geht.

           

          Es wird gegen die Polizei prozessiert, weil diese offensichtlich nicht im Recht war.

           

          Ansonsten hält sich auch Ihre Niedlichkeit an sehr enge Grenzen :)

        • @Tom Steiner:

          Niedlich ist, wie Sie aus dem Einsatz der Wasserwerfer blindlings schließen, wer sich an die Regeln gehalten hat und wer nicht.

        • @Tom Steiner:

          Sie hingegen sind nicht niedlich sondern äußerst unangenehm. Vielleicht klären Sie usn Unwissende darüber auf, welches Vergehen der Demonstranten die Polizei dazu berechtigte, Menschen mit hartem Wasserwerferstrahl ins Gesicht zu schießen, also gefährliche und im Ergebnis teilweise schwere Körperverletzungen an den Demonstranten zu begehen. Ein lupenreiner Demokrat wie Sie hat darauf doch sicher die passende Antwort.

    • @Tom Steiner:

      Entscheidend ist, wie sich der Staat hier verhält. Vor allem gegenüber Menschen, die Zivilcourage zeigen und Opfer des exekutiven Arms werden. Ansonsten schwant mir Übles.

       

      "Die Demonstranten haben sich die Eskalation zum größten Teil selbstzuzuschreiben" Lässt sich leicht behaupten und schwer beweisen.