Obamas Klimapläne: „Ich will, dass Amerika gewinnt“
Nächster Anlauf für einen US-Klimaplan: Diesmal will Präsident Obama eine neue Umweltpolitik am Kongress vorbei durchsetzen.
WASHINGTON taz | Fünf Jahre nach seinem Einzug ins Weiße Haus macht Barack Obama einen zweiten Anlauf zu einem Klimaplan. Nachdem der erste im Kongress gescheitert ist, will er es dieses Mal am Kongress vorbei versuchen.
Der Präsident plant, erstmals in den USA Obergrenzen für CO2-Abgaben von Kraftwerken einführen. Er will die Stromgewinnung aus erneuerbaren Quellen ausbauen, die Steuerbefreiungen für die Ölindustrie abschaffen, mehr „Biosprit“ produzieren und Energiesparmaßnahmen durchsetzen.
Als „saubere“ Zukunftsenergieen setzt er neben Wind und Sonne auf die Atomenergie und – vor allem – auf die Gewinnung von Gas. Auch mit Fracking. Zu der umstrittenen Pipeline, die Öl aus Kanada nach Texas transportieren soll, erklärte er, dass sie nur dann genehmigt werde, falls sie das Problem der CO2-Schadstoffe nicht „bedeutend verschärft“.
Obama hielt seine lang erwartete Rede unter freiem Himmel vor einem mehrheitlich jungen Publikum an der Georgetown Universität in Washington. Er begann und endete mit der Perspektive vom Mond auf die Schönheiten der Erdkugel. Er zog – genau wie letzte Woche hinter der kugelsicheren Scheibe in Berlin – sein Jackett aus. Wischte sich vielfach den Schweiß vom Gesicht. Sprach von Rekordhitzejahren, Rekorddürre, Rekordstürmen und Waldbränden und von dem ansteigenden Meeresniveau.
„Ein Fakt“
Obama berief sich auf die Verpflichtungen gegenüber den kommenden Generationen. Er sagte, als größte Volkswirtschaft der Welt und zweitgrößter Luftverschmutzer hätten die USA international die Pflicht, die Führerschaft beim Klimaschutz zu übernehmen. Er betonte mehrfach, dass der Klimawandel sei „ein Fakt“ – womit er auf jene republikanischen Politiker anspielte, die leugnen, dass die Klimaerhitzung existiert und menschengemacht ist.
In einem langen historischen Exkurs erklärte er, dass neue Technologieen schon vielfach in den vergangenen Jahrzehnten in den USA neue Arbeitsplätze und Wirtschaftszweige geschaffen hätten. Im Gegensatz zu den Unkenrufen der „special interests“ – der Lobbies der Industrie.
„Es gibt mir Hoffnung", reagierte Michael Brune, Präsident des größten us-amerikanischen Umweltverbandes „Sierra“, direkt nach der Rede. „Sierra“ macht eine Kampagne gegen die Kohlekraftwerke, die in den USA ihre CO2-Abgaben in den USA ungefiltert in die Luft jagen dürfen.
CO2-Emissionen der Kraftwerke begrenzen
In Sachen Keystone-Pipeline hingegen gab Brune dem Präsidenten gleich die Antwort, die für Obama noch offen zu sein scheint: „Sie ist schlecht für das Klima“. Andere Umweltgruppen reagierten weniger skeptischer. „Tarsands Blockade“ erinnerte schon während der Rede: „Dies ist derselbe Mann, der den südlichen Teil der Pipeline bereits im Schnellverfahren genehmigt hat.“
Obama will die CO2-Emissionen der Kraftwerke begrenzen. Er will die Umweltbehörde EPA anweisen, bis zum Sommer 2014 Standards – sowohl für bestehende, als auch für neue Kraftwerke – zu entwickeln. Die mehrheitlich mit Kohle befeuerten Kraftwerke in den USA produzieren rund ein Drittel der Treibhausgase. Bereits seit einigen Jahren findet jedoch eine Umstellung auf Kraftwerke, die mit dem billiger werdenden Rohstoff Gas arbeiten, statt.
Angesichts des veralteten Kraftwerk-Parks des Landes winken den Herstellern moderner Turbinen nun Großaufträge. Obama verwies auf den gegenwärtig starken Stand von Energietechnologien in Deutschland und China. Und fügte hinzu: „Ich will, dass Amerika gewinnt“.
Republikaner und Industrie verärgert
International strebt Obama neue Klimainitiativen an. Dazu will er unter anderem mit China und Indien zusammenarbeiten. Die USA, so Obama, werden künftig auch im Ausland nicht mehr den Bau von Kohlekraftwerken finanziell unterstützen. Stattdessen will er, dass sein Land weltweit Gas und Atomkraft fördert. Zum massiven Abbau von Kohle in mehreren Bundesstaaten der USA – unter anderem mit der Mountaintop-Methode, bei der ganze Bergspitzen weggesprengt werden – äußerte er sich nicht. Diese Kohleförderung ist vor allem für den Export nach China bestimmt.
Energiesparmaßnahmen strebt Obama mit Isolierungen bei öffentlichen Gebäuden und Maschinen an und mit einer Senkung des Benzinverbrauchs von Lastkraftwagen. Bis zum Jahr 2030 will er damit die Kohlendioxid-Emissionen um drei Milliarden Tonnen reduzieren. Erwartungsgemäß kritisierten Industrie und Republikaner die Klimainitiative. Beide behaupten, Klimapolitik würde den Aufschwung und Arbeitsplätze gefährden.
In seinem ersten Präsidentschaftswahlkampf im Jahr 2008 hatte Obama die Rückendeckung der Umweltbewegung mit klimapolitischen Versprechen erhalten. In seinem zweiten Präsidentschaftswahlkampf hingegen kam das Thema Klimapolitik bis zum Abend seiner Wahl gar nicht mehr vor. Die Rede vom Dienstag ist ein Versuch, den klimapolitischen Rückstand der USA aufzuholen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands