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Neuauflage von Hitlers „Mein Kampf“Er kommt zurück

Ende des Jahres laufen die Urheberrechte von Hitlers Hetzschrift „Mein Kampf“ aus. 2016 soll eine kommentierte Ausgabe der Schrift erscheinen, ein 2000-Seiten Wälzer.

Bald auch in ihrer Buchhandlung: 2016 soll eine Neuauflage von „Mein Kampf“ erscheinen. Bild: dpa

MÜNCHEN dpa | Das Institut für Zeitgeschichte (IfZ) will seine kommentierte Ausgabe von Hitlers „Mein Kampf“ voraussichtlich Anfang Januar 2016 veröffentlichen. Ende 2015, gut 70 Jahre nach Hitlers Tod, laufen die Urheberrechte aus, die der Freistaat Bayern als Rechtsnachfolger des nationalsozialistischen Franz-Eher-Verlages innehat.

Bis zu 2000 Seiten lang soll die zweibändige Ausgabe sein, wie der stellvertretende Institutsdirektor Magnus Brechtken sagte. 780 Seiten stammen aus dem 27 Kapitel umfassenden Original von Adolf Hitlers Hetzschrift, den Rest machen bis zu 5000 wissenschaftliche Kommentare sowie Einleitung und Register aus. Das Projekt läuft schon seit einigen Jahren und befindet sich nun im Endspurt.

Im Jahr 2012 hatte der Freistaat Bayern angekündigt, die kommentierte Ausgabe mit 500 000 Euro zu fördern - bis Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) es sich nach einem Besuch in Israel anders überlegte und in Bayern völlig überraschend erklärte, das Projekt nicht mehr finanziell zu unterstützen. Seehofers Begründung: „Ich kann nicht einen NPD-Verbotsantrag stellen in Karlsruhe und anschließend geben wir sogar noch unser Staatswappen her für die Verbreitung von „Mein Kampf“ - das geht schlecht.“ Brechtken betont: „Unsere Arbeit ist davon unabhängig, wir sind ein wissenschaftliches Forschungsinstitut.“

Im Sommer des vergangenen Jahres hatten die Justizminister der Bundesländer entschieden, die unkommentierte Verbreitung von „Mein Kampf“ solle auch nach dem Auslaufen der Urheberschutzfrist in Deutschland verboten bleiben. Ein Sondergesetz soll es zwar nicht geben, die geltende Rechtslage aber, etwa der Straftatbestand der Volksverhetzung, reiche aus, um den Nachdruck zu verhindern.

„Wir wollen Hitler umzingeln“

Wie es mit kommentierten Ausgaben und der jahrelangen Arbeit des Institutes aussieht, das sagten die Justizminister nicht explizit. Wenn eine wissenschaftlich kommentierte Ausgabe sich klar von dem Inhalt abgrenze, sei eine nicht-strafbare Veröffentlichung unter Umständen möglich, beurteilte eine Sprecherin des bayerischen Justizministeriums die rechtliche Situation. Das müsse im Einzelfall und anhand des konkreten Textes von Gerichten beurteilt werden.

„Wir wollen Hitler umzingeln“, hatte IfZ-Chef Andreas Wirsching im vergangenen Jahr gesagt. „Was wir herausbringen, ist eine Anti-Hitler-Schrift.“ Tatsächlich lasse es sich einem Holocaust-Überlebenden nur schwer erklären, warum in Deutschland „Mein Kampf“ wieder gedruckt werden soll, räumte er ein. Aber: „Ein Verbot ist nicht mehr als Symbolpolitik“, sagte er. „Und Symbolpolitik am falschen Ort, weil sie nur der Mystifizierung dieses Buches dient.“

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23 Kommentare

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  • das erste Mal dass ich das Buch gesehen habe war 1956 ich besuchte damals eine Priesterseminar das Buch lag auf dem Weihnachtsgabentisch !

    • @Georg Schmidt:

      Schrottwichteln!

  • Ich bin mal vor vieelen Jahren antiquarisch auf ein Exemplar gestoßen, schon etwas Stockfleckig mit Wasserschaden. Es steht bei mir im Regal neben einer sehr alten und ebenfalls etwas mitgenommen aussehenden Ausgabe von W.I. Lenin "Materialismus und Empiriekritizismus".

    So, die müssen sich jetzt vertragen hatte ich mir gedacht...

     

    Es ist auch durchaus lesbar, man muss sich halt dabei etwas zusammenreißen um nicht den Faden zu verlieren, teilweise gibt es gar keinen bzw. es gibt Sprünge und dann "hängt die Nadel" wieder... . Die eine und andere Stelle ist dafür dann aber recht erhellend wenn man sich für die Denke von dem Mann interessiert und sich schon etwas genauer in der (Geistes-/Ideologie-) Geschichte des 19/20 Jhd. auskennt.

     

    Eine kommentierte Ausgabe werde ich mir aber auch noch zulegen, wäre doch interessant wenn hierin die Quellen, Inspirationen und Bezüge für des "Führes" Gedankenschwälle offengelegt und erläutert werden.

  • Dann doch lieber :

    Mein Leben in Deutschland vor und nach 1933 & Der Anti-Nazi: Handbuch im Kampf gegen die NSDAP ... von Walter Gyßling.

     

    Das Buch entlarvt die Ideologie wie kaum ein anderes.

  • Passt doch gut zusammen. In Europa nimmt der Antisemitismus zu, in Paris und Kopenhagen mussten schon Juden sterben, weil sie Juden waren, und das antisemitischen Pamphlet "Mein Kampf", die Bibel des Führers, wird neu aufgelegt.

    • @DavidOff:

      Ein Problem im heutigen Rechtsextremismus, zumindest in seiner etwas elaborierteren Form, ist der Rückgriff auf Denkmuster, die der Normalnazi relativ gut schlucken kann, weil sie in seiner Welt sehr logisch sind. Ich kenne kleinere Auszüge aus dem Buch, und die sind keineswegs dadaistisch, wie immer gesagt wird, sondern - im braunen Kontext - schlüssig. Das ist ja das Gruselige. Die Stellen, die ich kenne, zeugen zum Beispiel von der antimodernen Denke und einem unglaublichen Todes- und Wiederauferstehungspathos (die als völlig durchgedrehter Vitalismus daherkommen), die in dieser Zeit aber keineswegs ungewöhnlich waren. Es lassen sich "Argumentationen" bzw. Argumentationsmuster und Inhalte finden, wie sie wiederum bei den Kommunisten und auch bei den politisch eher gemäßigten verwendet wurden, ohne dass sie als völlig wahnsinnig wahrgenommen wurden. Darüber hinaus ist es mit Sicherheit interessant, sich die Stellen anzuschauen, die eben nicht von Mord und Totschlag handeln, und also auf den ersten Blick unverfänglich erscheinen: Wie macht so einer das, was wird bei ahnungslosen Interessierten plausibel gewirkt haben, gibt es vielleicht sogar Behauptungen oder Thesen, die wir heute noch fürchten müssen, weil sie gekauft werden könnten, weil sie für den Normalo zu schwer zu durchschauen sind? Hitler war ja nicht der Erste und die Nazis nicht die Einzigen, die unglaublich drastisch unterwegs waren. Sie waren nur die verbrecherischsten.

      Der Diskurs über diese Denke könnte mit der Neuauflage auch außerhalb des akademischen Spezialbetriebs stattfinden. Vielleicht. Ansonsten kursieren bei den Neonazis sowieso Raubkopien, wenn mich nicht alles täuscht.

  • Mich interessiert ja immer der Gedanken-Unterbau bei so etwas. Welche stereotypen Muster auftauchen um ein "Argument" zu formen, natürlich nicht zuletzt um den "Überblick" zu haben, ein Gefühl für die Zeit zu bekommen und auf die Fehlkonstruktion oder den evtl. verschleierten Wahnsinn hinweisen zu können. Frag mich gerade, ob dieses Machwerk dazu auch wirklich taugt und welche Bedeutung es wirklich gehabt hat, für das Toben der Barbarei von vielen, wenn nicht nahezu allen deutschen Individuen, die den Wahnsinn wohl mitgetragen haben oder für sich und ihre Macht und Pseudo-Gerechtigkeits-Vorstellungen und (aus) ihrer Entmenschlichung heraus gehandelt und die Zerstörung ausgeführt haben. Kurz, wissen was da drin steht kann nicht schaden, und eine wissenschaftliche Kommentierung, kann einen ja davor bewahren falsche Bedeutungs-Gewichtungen in sein "beobachtendes" Denken auf zu nehmen...

  • Das Buch ist vielleicht nicht sonderlich gut geschrieben, die eine oder andere Passage haben sicher viele gelesen. Aber sich an Stil und Aufbau aufzuregen führt zu nichts.

    Eine gute Zusammenfassung von "Hitlers Weltanschauung" ist das so betitelte Bändchen von Eberhard Jäckel, der seine Darstellung hauptsächlich auf die Schriften von Hitler gründet. Eine sehr interessante und anregende Lektüre, die man uneingeschränkt empfehlen kann. Danach versteht man die Bedeutung von "Mein Kampf" viel besser und man schüttelt nur noch mehr den Kopf, wie es so weit kommen konnte.

    Mit der kommentierten Mein-Kampf-Ausgabe kann man diese Studien sicher noch vertiefen. Ich hoffe nur, sie gibt es als Taschenbuch, sonst sicher unerschwinglich. Sinnvoll wäre auch die Einbeziehung des zweiten Buchs Hitlers usw. gewesen. Darauf wird sicher im Kommentar verwiesen werden, aber eine eigenständige Lektüre wäre auch interessant.

  • Ich hoffe es wird zur Pflichtlektüre in der neunten Klasse. Es stellt ja doch ein zentrales "Werk" in der deutschen Geschichte dar.

    • @Spider J.:

      Ich auch.

      Nur das wäre nämlich vernünftig.

  • 7G
    738 (Profil gelöscht)

    Man sollte jeden Alt- und Neonazi zwingen dieses unstruktuierte und wirre Machwerk von Anfang bis Ende zu lesen. Da würden einige vom Glauben abfallen.

    • @738 (Profil gelöscht):

      Ich kann nur hoffen, dass nicht mal ein Nazi auf die Idee kommt, ein richtiges, lesbares Update des Buches herauszubringen. DAS wäre dann nicht ganz ungefährlich.

      • @Frank Mustermann:

        Nur weil es lesbar werden könnte, macht ein Update das Buch nicht richtig :P

  • Das schafft auch nur Deutschland: 40%Original, 60% Kommentar. Naja, der akademische Betrieb will auch finanziert sein.

     

    Aufschlußreich wird das Thema Propaganda in "Mein Kampf" behandelt. Jaja, sogar von Hitler kann man noch Dinge über den Politikbetrieb, auch den heutigen, und seine offenbar allgemeingültigen Methoden der Beeinflussung lernen.

    • @Dudel Karl:

      Vielleicht stehen ja Rezepte für Vegetarier drin.

    • @Dudel Karl:

      Ob etwas Propaganda ist oder nicht, kommt immer auf den eigenen Standpunkt an. Neonazis würden bei der Lektüre einer kommentierten Ausgabe von Mein Kampf wohl den Kommentartext als Propaganda empfinden. Doch so weit wird es ohnehin nicht kommen, denn von den braunen Burschen hat wohl schon jeder seine Originalausgabe aus der Zeit des Tausendjährigen Reiches zu Hause in seinem Heiligen Schrein stehen. Ich wage zu bezweifeln, dass eine Kommentierung dieses Machwerks überhaupt einen Neonazi zum Guten bekehrt.

    • @Dudel Karl:

      Hast du mal die Kommentierungen von Faust I und II gezählt? Da biste aber eher bei einem Verhältnis von 0,02 zu 99,98. :)

      Das IST akademisches Arbeiten, unter anderem. Das Alte durchdenken wir eben immer wieder neu, und das ist auch gut so. Für den Rest gibt's gottlob noch andere Forschungsbereiche und Wissenschaften.

  • Das Buch ist so schlecht, es wäre unkommentiert die beste Widerlegung Hitlers.

    • @ioannis:

      Jupp! Praktisch unlesbar, könnte bestenfalls als Schlafmittel vertreiben werden.

  • Internet - 3 Min googeln - schon hat man den Mist ... keine Ahnung warum jetzt so n Aufriss drum gemacht wird. Wer es haben will hat es.

  • Wozu das alles? Das Buch braucht kein Mensch.

     

    Neo-Nazis sind an der Neuauflage nicht interessiert und Jugendliche, die was "Verbotenes" lesen wollen, holen sich "Mein Krampf" im Netz und langweilen sich schon nach einigen Seiten zu Tode.

    • @Frank Mustermann:

      Also ich sehe zwei Möglichkeiten:

      1.) Sie haben das Buch nicht gelesen und können daher den Wert des Buches als wissenschaftliche Quelle nicht bewerten;

      oder 2.) Sie haben das Buch gelesen und sich damit prinzipiell selbst widerlegt.

       

      Es ist darüberhinaus von der Wissenschaft festzulegen, welche Bücher die Wissenschaft braucht und das in der Regel nun einmal Editionen und nicht irgendwelche .pdfs.

      Da das Copyright ausläuft werden Wissenschaftsverlage so oder so kommentierte Auflagen rausbringen, was Bayern hier macht ist also das wirtschaftlich vernünftige Ausnutzen einer derzeit noch bestehenden Monopolsituation.

      • @Bob Kelzow:

        Es ist darüberhinaus von der Wissenschaft festzulegen, welche Bücher die Wissenschaft braucht und das in der Regel nun einmal Editionen und nicht irgendwelche .pdfs.

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        Dieses Monopol gibt es Dank des Internets nicht mehr, niemand "legt mehr etwas fest".