Morddrohung an Avocado-Aktivisten: „Wir werden dich umbringen“
Aktivisten beschuldigen Chiles Avocadobranche des Wasserraubs – und werden nun bedroht. Discounter wollen Früchte aus der Region meiden.
Sie wirft der Avocadobranche in der Provinz Petorca vor, teils illegal Fluss- und Grundwasser auf ihre Felder umzuleiten, so dass Kleinbauern ihre Felder nicht bewässern und Anwohner nur noch aus Tankwagen Trinkwasser bekommen können. Modatima wird von der deutschen Heinrich-Böll-Stiftung unterstützt.
Die Drohungen gegen ihn und fünf weitere Aktivisten hätten am 20. März begonnen, so Mundaca. Einen Tag, nachdem das dänische Journalistenbüro Danwatch einen auch mit Hilfe von Modatima recherchierten Artikel über den Streit um das Wasser in der Provinz Petorca veröffentlicht hatte. Die Region ist sehr trocken, produziert aber die meisten Avocados des südamerikanischen Landes. Die Frucht benötigt viel mehr Wasser als zum Beispiel Tomaten. Laut Danwatch trockneten die Flüsse aus, seit die Avocadofarmen eröffnet haben. Die lokale Bevölkerung könne oft nur noch durch Tankwagen versorgt werden.
Der grüne Europa-Abgeordnete Martin Häusling, der die Region vor Kurzem besucht hatte, bestätigte der taz solche Vorwürfe. Chile war vergangenes Jahr mit einem Anteil von 21 Prozent laut EU-Statistikbehörde der zweitgrößte Avocadolieferant der Europäischen Union.
Mundaca und seine Organisation protestieren seit Jahren gegen den „Wasserraub“ in Petorca. Sie kämpfen dafür, dass die unter dem Diktator Augusto Pinochet begonnene fast vollständige Privatisierung der Wasservorkommen in Chile rückgängig gemacht wird. Dafür haben die Aktivisten bereits mehreren Medien Interviews gegeben.
„Doch erst nach der Danwatch-Recherche haben die Supermärkte die Bedingungen zur Kenntnis genommen, unter denen die Avocados für den Export produziert werden“, sagt Mundaca. Denn die dänischen Journalisten hatten Lidl zitiert, dass die Kette nicht beabsichtige, Avocados aus Petorca zu kaufen. Aldi sicherte zu, Früchte von Plantagen zu vermeiden, die laut Danwatch gegen die Wassergesetze verstoßen haben.
Der taz schrieb Aldi Nord: „Gegenwärtig arbeiten wir intern an Lösungsansätzen, um diese Einhaltung [der Agrar-, Arbeits- und Sozialstandards] noch stärker gewährleisten zu können.“ Ähnlich äußerte sich Aldi Süd und versprach: „Wir werden die Entwicklungen in Chile weiter aufmerksam verfolgen.“ Real erklärte, sein einziger Avocadolieferant sei nicht betroffen, unter anderem weil seine chilenische Ware aus einer anderen, wasserreicheren Provinz kämen. Rewe und Edeka sowie die Bioketten Alnatura und Denn’s ließen Anfragen der taz unbeantwortet.
Verfassungsbeschwerde eingereicht
Wegen des zeitlichen Zusammenhangs mit dem Danwatch-Artikel und der Reaktion der Supermarktketten habe er keine Zweifel, dass die Morddrohungen von Unterstützern der Avocadobranche kommen, so Mundaca weiter. Er persönlich sei bereits 2015 auf der Straße angegriffen und im Gesicht verletzt worden. 2014 wurde er von einem Gericht verurteilt, weil er in einem Interview einen Politiker des Wasserraubs bezichtigt hatte.
Wegen solcher Erfahrungen sagte Mundaca der taz auch: „Wir sind auch nach den neuesten Drohungen ruhig. Wir sind so etwas gewöhnt. Ich werde weiterkämpfen.“ Am Mittwoch reichte er wegen der Einschüchterungsversuche eine Verfassungsbeschwerde ein.
Der Avocadoanbau ist nicht nur in Chile umstritten. Auch in Peru – dem größten EU-Lieferanten – und Südafrika (Platz 3) gibt es Konflikte um Wasser für die Plantagen. In Mexiko – Platz 4 – würden für die Plantagen Wälder gerodet, kritisieren Umweltschützer. Zudem verdienen dort Drogenkartelle über Schutzgelderpressungen mit.
Dennoch riet EU-Parlamentarier Häusling von einem Avocadoboykott ab, weil davon auch die Kleinbauern betroffen wären. „Stattdessen sollte der Handel stärker darauf achten, dass er nur Ware kauft, die wirklich nachhaltig produziert wird. Und man muss fragen, ob der Hype um Avocados gerechtfertigt ist.“
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