Maritime Konferenz und Rüstung: Deutschland, volle Fahrt voraus

Rüstung auf hoher See: Thyssen-Krupp und die Marine profitieren von zukünftigen Bundeswehreinsätzen. Aber die neuen Schiffsprojekte laufen schleppend an.

Bundeskanzlerin Angela Merkel eröffnet die Achte Nationale Maritime Konferenz in Kiel. Bild: dpa

Von der Friedensbewegung war vor der Sparkassen-Arena Kiel nichts zu sehen. Dabei ging es auf dem zweitägigen Gipfeltreffen der Bundesregierung mit 800 Fachleuten aus der maritimen Wirtschaft und Wissenschaft nicht allein um weiche Themen wie Handelsschifffahrt und Windräder auf hoher See, sondern auch um die Aufrüstung der Deutschen Marine. Erstmals hatte die Regierung auch zu einem – gut besuchten – Workshop „Maritime Sicherheit“ geladen.

Zur Ehren der angereisten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) machte ausgerechnet eine neue Korvette K130 am innenstadtnahen Norwegenkai fest. Dabei hatten gerade diesen innovativen Schiffstyp bisher Pleiten, Pech und Pannen begleitet. Die neuen 90 Meter langen Tarnkappenschiffe, Stückpreis etwa 300 Millionen Euro, sollen lange Zeit weltweit vor fremden Küsten kreuzen und erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wieder Landziele beschießen können.

Ende 2013 werden laut einem Marinesprecher alle fünf Korvetten zur Verfügung stehen. „Rund vier Jahre hinter dem Zeitplan“, beklagt Marine-Chef Axel Schimpf. Lahmende Motoren, Computermängel und eine ungenügende Ruderanlage nagen am Ruf der Hamburger Schiffbauer von Thyssen-Krupp und der Lürssen-Werft in Bremen. Das Typschiff „Braunschweig“ rammte auf einer Probefahrt im Nord-Ostsee-Kanal gar die Böschung. Mittlerweile hat sich die erste Korvette „im Einsatz bewährt“, so ein Korvettenkapitän.

Auch die hochkomplexe Fregatte F125 liegt hinter dem Plan: Die beabsichtigte Taufe im März wurde auf den Herbst verschoben. Mit dem Zulauf der 139 Meter langen Fregatten, Stückpreis über 500 Millionen Euro, „hoffentlich ab 2016“. Die sogenannte Marathon-Fregatte soll zwei Jahre lang nonstop im Einsatz bleiben – herkömmliche Konkurrenten halten häufig nur ein, zwei Monate im Einsatzraum durch.

Krieg um knappe Ressourcen

Auch die vier Marathon-Fregatten werden Landziele beschießen können, mit Kanonen aus italienischer Produktion, mit schwedischen Raketen und wohl auch von Drohnen aus, die EADS dem Vernehmen nach entwickelt. Zudem wird die F125 Spezialkräfte für Landemanöver an Bord nehmen können.Mit den Schiffen ergeben sich für kommende Bundesregierungen ausgedehnte geostrategische Möglichkeiten etwa bei der Krisenbewältigung, argumentierten Politiker und Militärs in Kiel.

Kritik kommt unter anderem von der Ökumenischen Aktion „Ohne Rüstung Leben“. „Das Setzen auf die maritime Militärkarte ist ein Signal in die falsche Richtung“, sagte Aktivist Paul Russmann der taz. „Volle Fahrt voraus in einen Abgrund kriegerischer Auseinandersetzung um knappe Ressourcen.“

Während noch an den Marathon-Fregatten herumgeschweißt wird, planen Marine, Industrie und Bundesverteidigungsministerium das „Mehrzweckkampfschiff 180“ – Schiff und Besatzung sollen von Ernstfall zu Ernstfall aus unterschiedlichen Modulen zusammengesetzt werden. Marine und maritime Industrie, da war man sich in Kiel einig, werden vom Umbau der Bundeswehr zu einer Armee im Einsatz stark profitieren.

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